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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ungeheuren Raum des ganzen Weltalls prangen, so zittert unsere Seele in einer stillen Wonne, die keine Sprache kennt, so fühlen wir uns selbst wie aufgelöst in unserem Gott; wir sind von himmlischen Offenbarungen umgeben; eine Thräne des Entzückens füllt unsere Augen; wir möchten beten und sind allzubewegt und können es nicht, und unsere Thräne wird zum Psalm auf Gott.
    Wohl sehnt sich mancher schwache Sterbliche nach außerordentlichen Dingen und erwartet Zeichen vom Himmel. Kurzsichtiger! Was deine Hand berührt, ist wundbar, du kennst nicht die Kraft und das Gesetz, mit der und nach der es geschaffen ist; dein Fuß wandert durch den Staub, aber er schwebt über Welten, die du nicht ahnest; du siehst die erstaunlichsten Erscheinungen mit deinen Augen, und doch bleiben sie dir dunkel. Hast du eine würdige Vorstellung von der Allmacht, von der Weisheit und Größe deines Schöpfers? Nun wohl, so wirst du wissen daß in dem Hause der Gottheit, in dem unendlichen Palast des Weltalls nichts zu klein, nichts zu gering ist; Alles hat seine hohe Bedeutung. Alles darin steht mit einander in ewiger Verknüpfung. Die Welt hängt ebensowohl an dem Faden einer Spinne, als an der Kraft, welche die Sonnen, die kreisenden Sterne und die Kometen in ihren Bahnen festhält   Unendlich prachtreicher als das glänzendste Wohngebäude eines stolzen Erdenkönigs ist das Weltgebäude, von dem dich Gottes Majestät in seiner Allgegenwart anstrahlt.
    Wir treten einen geringscheinenden Kiesel mit Füßen, der am Ufer eines vorbeifließenden Wassers liegt. Einst war er der Theil eines Felsens am Gebirge. Ströme spülten ihn bis hierher. Er verwittert an der Luft und wird Erde, eine aufwachsende Pflanze zieht Theile von ihm an, und Thiere nähren sich von dieser Pflanze. Jener Stein lag also nicht vergebens da; er hatte seine Bestimmung. Ein Fischer fand am Ufer des Weltmeeres den goldgelben Bernstein; die Eitelkeit machte ihn zum Schmuck; der Weise entdeckte in ihm eine verborgene Kraft, und durch eine Reihe weiterer Entdeckungen ergab es sich, daß die Kraft dieses Steines derjenigen verwandt ist, welche den Blitz und den rollenden Donner erzeugt.
    Vom umwölkten Winterhimmel sinken Tausende von Schneeflocken. Unter dem vergrößerten Glase erscheint jede dieser Schneeflocken wie ein Stern, regelmäßig, mit hundert kleinen glänzenden Fasern und mit einer Zartheit und Schönheit geordnet, daß keine sterbliche Hand den vom Himmel gefallenen silbernen Stern nachbilden könnte. Er fällt auf unsere Hand; von ihrer Wärme zerschmelzen die wunderbaren Krystalle des Eises. Statt des Sternes haben wir einen leichten Thautropfen, dessen Wasser verdunstet; das in Dunst verwandelte Wasser steigt aufwärts, und der gefallene Silberstern des Schnees kehrt in Dampf- oder Gasgestalt zu seinen himmlischen Quellen zurück! Er hat seine Bestimmung nun erfüllt; er hat uns zur Aufmerksamkeit an die Gotteswelt gezogen, inzwischen Millionen anderer Flocken den Erdboden wärmend umhüllen, um die Saaten des Landmanns, um die Pflanzen unseres Gartens gegen den Frost zu schirmen.
    In der langen, unermeßlichen Kette der geschaffenen Dinge sehen wir eine bezaubernde Mannigfaltigkeit und ein allmäliges Fortschreiten vom Unvollkommenen zum Besseren, vom Besseren zum Vollkommeneren, vom Vollkommenern zum Vollkommensten. Diese Kette umschlingt alle Wesen, und die entferntesten Welten hängen als Glieder an ihr. Sie ruht auf der bunten Oberfläche des Erdballes, sie geht durch die Tiefen des Meeres und sinkt bis in die Eingeweide unseres Weltkörpers; sie steigt hinauf durch die Lüfte und Wolken, dringt in die endlosen himmlischen Räume, und verschwindet unserem Blick in den ungeheuren Fernen, von wo nur noch einzelne Glieder als matt schimmernde Sterne hernieder funkeln.
    Das ist die wahre Himmelsleiter der Schöpfung, wo sich von Stufe zu Stufe die Vollkommenheiten mehren, vom Staube, der unsern Fuß umspielt, bis zum Seraph, der durch die verklärte Ewigkeit wandelt.
    Und die Stufen! – So niedrig und arm ist der Mensch, daß seine Sprache ihre Zahl nicht auszudrücken vermag! Noch kennen wir nicht alle Arten von Pflanzen, die auf Erden wachsen, und doch kennen wir schon an die fünfundsiebenzigtausend Arten, also ebenso viele Sprossen in der irdischen Schöpfungsleiter. Und unter diesen Pflanzen ist vielleicht keine, die nicht eine oder mehrere Arten von Thieren ernährt. Die Thiere, oft bis zur Unsichtbarkeit klein, wohnen auf oder in ihnen und

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