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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Scharfsinn ist es aber auch gelungen, einige dieser Weltkörper durch Rechnung zu vermuthen, zu finden, ihnen durch Zahlen die Stelle anzuweisen, wo sie im Weltenraume schweben, und das bewaffnete Auge hat die Rechnung und ihr Ergebniß bewahrheitet.
    Und wenn wir dann aus dem schließen, was wir hinieden sehen auf das, was uns dort dunkel ist; wenn die Stufenleiter zur göttlichen Vollkommenheit in’s Unendliche fortgeht; so sind dort vielleicht Welten, ähnlich verwandt unserer Erde, wie die Pflanze dem Thiere, wie das Thier dem Menschen; so stehen dort Weltkörper, neben deren Größe und Pracht unser Erdball nur ein flüchtiger Sonnenstaub ist; so stehen dort Welten von höheren Wesen bewohnt, die stufenweise emporgehen über uns, wie wir über Pflanzen und Thiere!
    Und die schimmernde Kette der Schöpfung steigt mit derselben höher immer durch das Reich aller Möglichkeit, aller Verbindungen. Dürfen wir glauben, daß wir die vollkommensten Wesen der Allmacht seien? Wir sind es hinieden, sind wir es aber auch in anderen Regionen? Wie lang ist noch die Reihe besserer, vollkommenerer Geister über uns? Sollen wir nicht schließen, daß es ebenso sehr mit Gottes Weisheit und Güte, als es mit seiner Allmacht übereinstimmen würde, wenn er jene großen, in den Himmelsräumen schwimmenden Körper mit Myriaden denkender Wesen bevölkert hat.
    Himmlische Wesen, heilige Engel, Erzengel, oder mit welchen Namen die dürftige Menschenzunge euch schmückt, ihr erhebet euch durch das Ewige zum Urquell des Lichtes und des Heiligsten! Werden wir einst zu eueren erhabenen Stufen gelangen? Werden wir, entbunden von dieser Erde, emporgehoben zu der untersten eurer Reihen? – höher dringen und höher zu eurem und unserm Schöpfer?
    Und ihr himmlischen Wesen, ihr, die ihr auf der letzten Sprosse der Vollendung in namenloser Seligkeit schwebet, der Gottheit nahe, in ihrer Herrlichkeit wohnend, auch ihr verschwindet endlich wie ein Nichts vor der Majestät des Allerhöchsten selbst! Euer Dasein stammt nur von ihm,   aber er selbst ist durch sich selbst. Er ist, der er war und sein wird; ihr seid nur Schatten. Eure höchste Vollendung und Seligkeit sind nur matte Strahlen des Glanzes, Gott aber ist der Unendlich-Vollkommene, ein Ocean des Lichtes, in welches kein Cherub zu schauen wagt.
    Mit Recht kann gesagt werden: Darum ist so wenige innige Gottesliebe und wahre Gottesverehrung in der Welt, weil die meisten Menschen Gott nur so weit erkennen, als sie dazu fähig sind. Denn wer nur eine schwache, doch immer würdige Vorstellung von der Allmacht und Weisheit des höchsten Wesens hat, kann nicht anders, als von einer Ehrfurcht und einer Andacht erfüllt werden, die Alles übertrifft, was wir je Aehnliches gegen Menschen empfunden haben. Solche Ehrfurcht und Andacht ist die heilige Weihe zu der Frömmigkeit, die der Stifter unserer Religion von seinen Jüngern und Jüngerinnen gefordert hat, nicht zu der heuchlerischen Frömmigkeit, die den Namen Gottes beständig im Munde führt, die den Blick aufwärts richtet gen Himmel und ihn niedersinken läßt zur Erde, ohne zu wissen, was für unendliche Schöpfungen Gottes dort oben über uns schweben, ohne es zu erkennen, daß sie beim Wandeln auf der Erde gefühllos eine kleine Welt zertrümmert, indem sie einen Wurm zertritt.
    Kann auch ein Kind seine Eltern wirklich lieben und verehren, wenn es dieselben nicht einmal kennt? Wie sollen wir den Ewigen und Unsichtbaren lieben, und aus Liebe zu ihm ein heiliges Leben führen, wenn wir weniger von ihm wissen, als von unseren irdischen Eltern? Viele Christen sind bekannter mit den Handlungen oder Schicksalen frommer Leute oder den sogenannten Heiligen der Kirche, als mit den Schöpfungen und Thaten Gottes. Und doch deutete Christus nicht auf die Menschen hin, sondern einzig und allein auf Gott, und sprach: Nur er ist heilig! – Vergebens predigt ihr Glauben, Buße, Besserung und Gottesfurcht; nicht bloße Ermahnungen machen den Menschen weiser und besser, sondern die Erkenntniß des Heiligsten und Höchsten. Die Gottesliebe, die Tugend kann in kein Gemüth hineingelegt werden, sie muß von selbst dem Gemüthe erblühen.
    Das ist das große Uebel in vielen Ländern, daß Diejenigen, welche sich berufen fühlen, Gott zu verkündigen, ihn selber oft zu selten in seiner Majestät erkannt haben, und in ihren Vorstellungen von ihm zu dürftig sind; daß sie, statt ihn in seinen Werken zu schauen, sich ein dunkles Bild von ihm und seinen

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