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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Körpers.
    So schrecklich das für unsere Zeiten klingt, so bemerken wir trotzdem in diesen Verhältnissen einen nicht zu verkennenden Fortschritt. Jene seine Galanterie, jene chevalereske Umgangsform, durch welche sich die Zeiten der Minnesänger und Liebeshöfe auszeichnen, zeigt uns die geschlechtliche Liebe in ihrer Durchgeistigung von einer seinen Ritterlichkeit und rücksichtsvollen Höflichkeit, welche ihr einen großen Theil ihrer gewöhnlichen gehässigen Erscheinungen nehmen.
    Und treten wir aus diesen zarten Verhältnissen heraus in das sociale und politische Leben, so sehen wir, daß um diese Zeit auch hier die Finsterniß immer mehr zurückweicht und einer Milderung aller öffentlichen Zustände Platz macht. Wir werden das im Weiteren verfolgen.

Wolkenschatten
     
    In unserer von atmosphärischer Feuchtigkeit mehr oder weniger geschwängerten Hemisphäre giebt es wohl selten einen völlig ungetrübten Himmel, ein völlig wolkenfreies Firmament. Die Dünste der Erde werden von den Strahlen der Sonne, von der Kraft der Wärme aufgelöst und emporgetragen, um sich, oben gesammelt, wieder herabzugießen auf die durstige Erde. Wenn Lenau sagt:
     
    »Trägt Natur auf allen Wegen
    Einen großen, ew’gen Schmerz,
    Den sie mir als Muttersegen
    Heimlich strömet in das Herz?
     
    O, dann ist es keine Lüge,
    Daß im Schooß der Wellennacht
    In verborgener Genüge
    Ein Geschlecht von Menschen wacht.
     
    Dort auch darf der Freund nicht fehlen,
    Wie am hellen Sonnentag,
    Dem Natur ihr Leid erzählen,
    Der mit ihr sich freuen mag.
     
    Doch, geheim ist seine Stelle
    Und Geheimniß, was er fühlt,
    Dem die Thränen an der Quelle
    Schon das Meer von dannen spült,«
     
    so ist dieses Leid doch nicht blos an die Tropfen des Meeres gebunden, sondern die vom Firmamente fallende, vom Himmel geweinte Feuchtigkeit ist noch mehr als diese das Symbol des Schmerzes, welcher »unter der Sonne wohnt«. Und wenn Wolken über das Leben der Völker gehen, so giebt es Leid und Klage, Haß und Unfrieden und die Liebe verhüllt ihr weinendes Angesicht.
    Solche Wolken hat es gegeben, so lange die Erde steht, zu allen Zeiten und allüberall, und sogar über das eigentliche Reicht der Liebe haben sie ihre Schatten geworfen um ihre Wetter entladen. Es sei hier nur an die Mission erinnert.
    Kein Mensch, welcher durch treue und sorgfältige Uebung seines Denkvermögens zu einer festen und sichern Weltanschauung gelangt ist, wird dem Dogma von einem alleinseligmachenden Erlauben seine Zustimmung geben. Es führen der Wege viele nach Rom, und wie keine Blume die alleinduftende, kein Stern der alleinleuchtende ist, so giebt es auch keine alleinrichtige Anbetungsform.
    Wenn ein Mann es unternähme, mir zu behaupten, der Beruf, welchem ich seit meiner Jugendzeit obliege, welcher mich ernährt und meinen Bedürfnissen volle Genüge giebt, sei ein verfehlter und nur durch den seinigen könne ich meine Kräfte verwerthen, so würde ich diese Behauptung sehr bezweifeln, wenn er es aber gar wagte zu sagen, es gäbe gar keinen ernährenden Beruf weiter als den seinigen, so würde ich ihn auslachen.
    Was nun antworte ich einem Manne, welcher mit den Ansprüchen der Untrüglichkeit vor mich hintritt und mir die Behauptung in das Gesicht schleudert, seine Ansicht über Gott und Göttliches sei die allein richtige, und wenn ich nicht zu ihr übergehe, werde ich einer zeitlichen und ewigen Verdammniß anheimfallen? Erklärt er mich mit dieser Behauptung nicht für einen Menschen, welcher sich irrigen Ansichten hingiebt, weil es ihm an dem nöthigen Denkvermögen mangelt? Liegt in seinen Worten nicht eine Beleidigung, die einen jeden gebildeten Menschen auf das Tiefste verletzen muß?
    Wahr ist es, daß die Bibel von Christo erzählt, er habe gesagt: »Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker.« Aber, wenn er diese Worte wirklich gesprochen hat, hat man sie auch richtig verstanden? Hat man auch wirklich nichts weiter, nichts Anderes als einzig und allein nur seine Lehre hinausgetragen in die Welt? Und wenn man dies gethan hätte, wäre da wohl von einer Propaganda, von einer Mission, von einer Bekehrung die Rede gewesen oder hätte dann überhaupt von einer solchen die Rede sein können?
    Es giebt wohl selten eine Macht von der Größe und Unbezwinglichkeit derjenigen, welche die Idee ausübte. Aber diese Idee, obgleich sie an einen Träger gebunden zu sein pflegt, muß sich frei entwickeln, darf nicht an menschliche Satzungen gekettet sein, soll

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