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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Schwere des Falles entsprechenden Strafen zu gewärtigen. –«
    Diese Bestimmungen werden von der Pariser Polizei auf das Strengste und in musterhafter Weise durchgeführt und jeder Uebertretungsfall wird auf’s Unnachsichtigste bestraft. – – –
    Bei der schnellen Vergrößerung Berlins während der letzten Jahrzehnte hat die Prostitution daselbst eine ungemeine Ausdehnung erreicht.
    Die Sittenpolizei in Berlin, in richtiger Würdigung der Verhältnisse, fügt sich der Nothwendigkeit und duldet ein unvertilgbares Uebel, das seine Existenz der menschlichen Natur verdankt. Jedoch sorgt diese Behörde dafür, daß die gestattete Freiheit nicht gemißbraucht und der Befriedigung der fleischlichen Lüste Vorschub geleistet wird, indem sie mit der Duldung eine strenge Beaufsichtigung verknüpft, wodurch die öffentliche Gesundheit möglichst geschützt, die gesellige Ordnung und die Sicherheit aufrecht erhalten, Anstand und Sitte wenig verletzt und Verführung, Kuppelei und heimliche Unzucht auf das Strengste und Unerbittlichste verfolgt werden.
    Die zahlreichste, verworfenste und gefährlichste Klasse der Prostituirten ist die der Straßendirnen, welche den allermeisten Anlaß zu öffentlichem Aergerniß und Scandal giebt. Ihre Hauptthätigkeit besteht darin, sich des Abends und des Nachts in meist auffallender Kleidung auf den Straßen   umherzutreiben, die hier vorübergehenden Herren durch unzüchtige Worte oder Geberden an sich zu locken und sich mit diesen entweder in ihre eigene Wohnung oder nach einem Absteigequartier oder nach dem Logis des betreffenden Herrn zu verfügen, um dort ihr schimpfliches Gewerbe auszuüben und die Wünsche ihres Begleiters zu erfüllen.
    Diese Art Prostitution zu treiben, ist freilich für die Dirne die beschwerlichste, da solche ihre Opfer allen möglichen Einflüssen der Witterung und allen erdenkbaren Angriffen und Unbilden, rohen Scherzen, Verspottungen u.s.w. auf der Straße aussetzt; aber dennoch ist sie die gesuchteste und häufigste, weil sie die wenigsten Auslagen erfordert und in die freieste und ungebundenste Lage versetzt.
    Die Straßendirnen finden sich in einer Anzahl von mehreren Tausenden zwar über alle Reviere der Stadt verbreitet vor, aber doch giebt es mehrere Straßen, in denen sie wegen der Belebtheit und eigenthümlichen Lage derselben vorzugsweise gern ihr Wesen treiben.
    Der Preis, der solchen Dirnen gezahlt wird, beträgt meist nur zwischen 10 und 20 Silbergroschen und nur selten einen Thaler oder mehr. Hat sie solchen glücklich errungen, so eilt sie nach der nächsten, ihr günstigen Gegend zurück und beginnt ihr Werk von Neuem. Eine derartige Dirne macht an einem Abende selten mehr als drei oder vier Eroberungen, und ihr täglicher Verdienst übersteigt sehr selten den Betrag von einem Thaler, obwohl auch Fälle vorkommen, daß sie, vom Glück begünstigt, oft das Doppelte und Dreifache dieses Betrages einnehmen, während sie auch oft in mehreren Tagen kaum einen Thaler verdienen, namentlich wenn sie keine körperlichen Reize besitzen.
    Eine merkwürdige, fast bei allen Freudenmädchen wiederkehrende Eigenthümlichkeit müssen wir hier besonders erwähnen. Jede derselben hat nämlich in der Regel ihren Geliebten und an diesem hängt sie mit einer Gluth der Leidenschaft und mit einer Aufopferung, die man einem so tief stehenden Geschöpfe gerade am wenigsten zutrauen sollte. Es ist, als ob die Liebe sich in dieser Weise für die Schmach, welche ihr durch die Prostitution zugefügt wird, hätte rächen wollen.
    Oft stellt sich das Verhältniß bei den Straßendirnen schon dadurch anders, daß diese eines Beschützers nothwendig bedürfen, um gegen die Verfolgungen und Angriffe Schutz zu haben, denen sie in ihrem Gewerbe, namentlich insofern sie solches auf der Straße betreiben, vielfach ausgesetzt sind.
    Diese Personen werden gewöhnlich »Louis« genannt, und ein solcher Mensch ist jedenfalls das verworfenste aller Geschöpfe, er steht noch weit unter der Straßendirne und unter der Kupplerin, denn er ist ja der gemiethete Knecht derselben, der ihre Schande und ihre Verbrechen decken soll.
    Eine weitere Eigenthümlichkeit der Prostituirten besteht auch darin, daß sie bei Ergreifung ihres Gewerbes sofort einen romantisch klingenden Vornamen annehmen, und daß sie sich, gewöhnlich mit völliger Verleugnung ihres Vaternamens, ausschließlich bei diesem Vornamen rufen lassen. So verwandelt sich denn die Caroline, Lise, Bertha, Emilie, Jette etc. sehr

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