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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bald in eine Sidonie, Camilla, Agnes, Thusnelda, Hulda, Amanda, Aurora, Flora, Veronika u.s.w.
    Ueberhaupt wird fast jedes prostituirte Frauenzimmer von ihren Genossinnen und dem ganzen Kreise, in dem sie sich bewegt, mit einem Spitznamen belegt, in dessen Wahl sich nicht selten eine gewisse Erfindungsgabe und der Berliner Mutterwitz ausspricht. Meistens klammern sich diese Spitznamen an kleine Fehler oder Gebrechen oder andere dergleichen Eigenthümlichkeiten der zu bezeichnenden Personen an, und die Kenntniß derselben ist namentlich für den Polizeibeamten von großer Wichtigkeit.
    Aber nicht nur in ihren Namen, sondern auch in vielen anderen ihrer Ausdrücke besitzen die Berliner Dirnen ein eigenthümliches Sprechidiom. Dieses ist zwar sehr nahe verwandt mit dem allgemeinen Sprechidiom der Berliner Diebe, aber dennoch kommen darin manche eigenthümliche Ausdrücke vor, wie zum Beispiel:
    Kober, ein von einer Dirne angelockter Mann, der auf ihr Gewerbe eingeht; Fetter Kober ist ein solcher, der reichliche Bezahlung spendet; Nasser Kober, auch Nassauer, ein solcher, der die Dirne um ihren Sündenlohn ganz prellt oder nur wenig giebt; das Gegentheil hiervon ist der Potsdamer, der reichlich bezahlt und oft von den Dirnen zum Besten gehalten wird; Lappen, Hammel, ein paar Schimpfwörter für zudringliche Männer; das graue Elend oder der Apfel, das Arbeitshaus; Greiferei, die Polizei; Nischen, ärztlich visitiren; Tyroler, der Stuhl auf dem diese Visitation abgehalten wird; Leineziehen und auf den Strich gehen, sich behufs der Anlockung von Männern auf der Straße umhertreiben; Lehnepump, geliehene Kleidungsstücke; Lehnefrau, Leihefrau, diejenigen Weiber, die ein Gewerbe daraus machen, Kleidungsstücke an lüderliche Dirnen zu verborgen; Dallis, soviel als Geldverlegenheit; der   Gyps ist herunter, die Mauersteine gucken vor, sagt man von einer Dirne, die schon abgelebt ist; Maschka, ein Pfandstück, auch als Zeitwort vermaschken, verpfänden; Kukelweib oder Seelenverkäuferin, Bezeichnung für die Weiber, die ein Gewerbe daraus machen, unschuldige Mädchen zu verführen; Madame, Mutter, Tante heißt die Kupplerin; rother Fritze, bedeutet Schminke; ihr ist der rothe Fritze über die Backen gelaufen, das heißt, sie hat sich geschminkt; Kluft, für Kleidung; alle werden, für verhaftet werden; Putzmeister, Bezeichnung derjenigen Leute, welche ein Gewerbe daraus machen, bei der Behörde ein falsches Zeugniß dahin abzulegen, daß eine Dirne bei ihnen in Arbeit stehe; Putz, wird gebraucht als Lüge; goldener Strauß, die Stadtvogtei; arbeiten, Geschäfte machen, Prostitution treiben; sich verbrennen, syphilitisch angesteckt werden.
    Den meisten prostituirten Frauenzimmern muß es nachgerühmt werden, daß sie eine besondere Reinlichkeitsliebe an den Tag legen, indem sie recht wohl wissen, wie sehr Reinlichkeitsliebe zur Erhöhung ihrer oft schon gesunkenen Reize beiträgt und wie solche beinahe das einzige Mittel bildet, sich gegen venerische Ansteckung wenigstens einigermaßen zu schützen. Daher tragen sie meist saubere weiße Unterkleider und Strümpfe, und auf diese Gegenstände halten sie fast noch mehr als auf ihre Oberkleider. Ihren Körper reinigen sie ebenfalls so oft als möglich.
    Die meisten Dirnen fühlen ihre unglückliche Lage recht wohl und suchen ihre Verzweiflung oft durch wilden Jubel zu übertönen. Die Mehrzahl haben daher auch den innigsten Wunsch, recht bald aus ihrer Lage erlöst zu werden; aber theils fehlen ihnen hierzu die pecuniären Mittel, theils sind sie schon zu tief in die Schande hineingerathen, theils auch zu schlaff und zu faul, um einen energischen Entschluß fassen zu können.
    Ueber ein Drittel dieser Dirnen und ihrer Zuhalter ist fortwährend mehr oder weniger syphilitisch, und die Gefahr, welche aus diesen Personen in sanitätspolizeilicher Beziehung erwächst, ist daher größer, als man vermuthen sollte.
    Mit Recht sind daher auch namentlich die Crimi nal-Polizeibeamten geschworene Feinde dieser Straßendirnen, da sie sehr wohl wissen, wie solche nicht nur der Sitten, sondern auch der Sicherheitspolizei den größten Nachtheil stiften, denn ein Dieb, der keine Zuhalterin hat, ist nicht halb so gefährlich, als ein solcher mit seiner Zuhalterin. Deshalb werden diese   Dirnen verfolgt, wo sich nur irgend die Gelegenheit hierzu bietet, und mitunter ordentliche Treibjagden auf sie veranstaltet. Bei diesen werden nicht selten mehr als zwanzig Dirnen eingefangen, unter denen

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