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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bei Anlegung einer Bücherei allgemeine, edle, lautere, auf das Wohl des Einzelnen und Ganzen gerichtete Zwecke; der Geschäftsmann aber folgt meist nur der Rücksicht auf das eigene Wohl, und da dasselbe, wenigstens in äußerer Beziehung, von dem Stande seiner Kasse abhängig ist, so greift er nach solchen Büchern, welche ihm die größte Einnahme versprechen und unterläßt es, darüber nachzudenken, welchen Gewinn oder Verlust, welchen Nutzen oder Schaden er mit diesem selbstsüchtigen Verfahren seinen Lesern bereite. Leider ist trotz des gegenwärtigen Dranges nach Fortbildung und Aufklärung das Verständniß für eine gute, nützliche Lectüre noch lange nicht in alle Schichten der Bevölkerung eingedrungen; vielmehr hängt eine nicht geringe Anzahl grade Derjenigen, denen die Oeffnung ihres geistigen Auges am meisten Noth thut, mit bedauerlicher Beharrlichkeit an dem von den Andern längst verurtheilten Genre der Ritter-, Räuber-, Kloster-, Geister- und Schauderromane, und   es ist deshalb nicht zu verwundern, daß dieses literarische Ungeziefer immer noch nicht vollständig auszurotten gewesen ist, zumal gewisse Verlagshandlungen sich nicht scheuen, den alten Schmutz immer wieder aufzuklauben und in neuer Gewandung an den Mann zu bringen. Aus diesem Grunde sind in den meisten Privatleihbibliotheken, ganz besonders aber in den sogenannten »Winkelbibliotheken,« diese Scharteken zu Hunderten zu haben, und ich glaube nicht zu viel zu wagen, wenn ich die Behauptung ausspreche, daß auch mancher unserer besser oder gar bestrenommirten Bibliothekare sich im Besitze eines kleinen Winkelchens befinde, in welchem er dergleichen »Geisterfraß« für einen etwaigen Gebrauch in Bereitschaft hält. –
    »Was lesen Sie da?« wurde ich kürzlich von einem mir bekannten Mann gefragt.
    »Eine Abhandlung über die Darwin’sche Descendenzthorie.«
    »Darwin? Das kann nicht viel Gescheites sein; ich kenne den Mann nicht. Lesen Sie doch von meinem Nachbar! Hab’ seine Bibliothek schon sechs Mal durch; lauter Interessantes, Geistreiches, Spannendes; habe grad’ jetzt sein schönstes, bestes Buch zu Hause.«
    »Welches?«
    »Der Felsendrache oder das blutende Herz.«
    Ich hatte genug. Der Mann war Besitzer einer sogenannten »problematischen« Existenz, spielte bei den Dilettantenvorstellungen im goldenen Löwen den dritten Liebhaber und trug als Folgen seiner durchwachten und durchlesenen Nächte jene scharfbegrenzten rothen Flecke, welche man Kirchhofsrosen nennt, auf den eingesunkenen Wangen. –
    »Ich ziehe ab,« hörte ich ein junges Mädchen sagen, »und vermiethe mich niemals wieder. Bei meinen Eltern kann ich wenigstens vier Bände wöchentlich lesen, und jetzt bringe ich kaum einen durch. Und noch dazu zankt die Herrschaft über ungeheure Oelverschwendung!«
    Sie kam aus der Bibliothek und hatte sich geholt: »Mönch und Nonne, oder das gemordete Kind.« –
    »Mein Junge ist ein Tausendsapperlot,« sagte mir in stolzer Vaterfreude ein würdiger Fleischermeister. »Wie der lesen kann, das glaubt kein Mensch! Sein Pathe hat eine Leihbibliothek und giebt ihm so viel Bücher, wie er haben will. Alle Wochen liest er seine fünfe, sechse durch und erzählt die Geschichten von Anfang bis zu Ende wieder her. Und ist noch nicht ganz dreizehn Jahre alt! Der muß mir ‘mal studiren!«
    Ich ergriff zwei der daliegenden Bücher. Das Eine war »Sallo Sallini, der große Räuberhauptmann,« das Andere führte den Titel »Schatzkammer ehelicher Geheimnisse. Gedruckt zu Frankfurt 1719« und war mit Zeichnungen versehen, die einen Erwachsenen erröthen gemacht hätten. –
    »Mir fällt es gar nicht ein,« erklärte ein Vater, »meine Tochter mit Wirthschaftsangelegenheiten zu belästigen; dazu sind die Dienstboten da. Das liebe Kind ist meine einzige Erbin und besitzt eine Bildung, welche das Mädchen zu einer bevorzugten Stellung berechtigt.«
    Bei meinem nächsten Besuche traf ich die einzige Erbin wie gewöhnlich lesend. Ich bat sie um den Titel des Buches; es war »Gabello, der schöne Bandit.« –
    – Es wird wohl wenige unter meinen freundlichen Lesern geben, welche nicht einmal ein ähnliches Buch in der Hand gehabt haben, und der Einsichtsvolle wird mir Recht geben, wenn ich den Inhalt solchen Dütenpapieres mit dem Worte Gift bezeichne: Gift für den Körper, Gift für den Geist und Gift für das Herz.
    Jedes Buch, welches nicht irgend einen positiven Nutzen bringt, ist schädlich; denn sowohl das dafür bezahlte

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