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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Geld, als auch die daran gewandte Zeit und Aufmerksamkeit muß als eine Verschwendung betrachtet werden. Diese Verschwendung ist von Seiten dessen, der ein solches Buch nur zufälliger Weise einmal durchblättert, eine kleine zu nennen; bedeutender schon ist sie bei Demjenigen, welcher sich solcher Lectüre dermaßen ergeben hat, daß er jede freie Stunde auf sie verwendet, und die Zahl solcher Leser ist keine unansehnliche; könnte man aber all’ die vorhandenen Schwarten einmal an das Tageslicht ziehen, um nachzuschlagen, wie oft sie gelesen, wie viel Stunden, Tage, Wochen, Monate und Jahre darauf verwendet und wie viel meist sauer verdiente Pfennige, Groschen und Thaler nach und nach an ihre Besitzer bezahlt worden sind, so würde man erstaunen und erschrecken. Und diese Verschwendung ist um so beklagenswerther, als diese kostbare Zeit, des Geldes einmal gar nicht zu gedenken, zur Aneignung nützlicher und Gewinn bringender Kenntnisse und Fertigkeiten verwendet werden konnte. Ich habe nicht wenige Burschen und Männer gekannt, welche sich selbst und ihre Familie lieber wirtschaftlich und geistig versumpfen ließen, als die Lesewuth zu zügeln, die sie beherrschte, und ich habe ebenso viele Mädchen und Frauen gesehen, die Löcher in ihren Strümpfen, die Lüderlichkeit in ihrer Haushaltung und die Falten in den Stirnen ihrer Männer nicht bemerkten, weil ihre Augen beschäftigt waren, den Inhalt irgend eines obscönen Buches zu verschlingen.
    Welchen Hochgenuß versprechen uns denn nun eigentlich diese Bücher? Schlagen wir sie auf!
    Zunächst sind sie alle darauf berechnet, die Phantasie des Lesers zu ergötzen. Ob dies auf Kosten der Wahrheit geschehe, das geht dem Verfasser Nichts an. Er schickt zuerst seine eigne erfindungsreiche Phantasie   auf Entdeckungsreisen, schüttelt dann den Staub, der ihr von dieser Reise anklebt, über die Schaar seiner Gläubigen aus und steckt endlich das Honorar für diese Menschen beglückende Anstrengung in den an die Theorie vom absoluten Nichts gewöhnten Geldbeutel. So prosaisch endet der poetische Flug.
    Und der Leser? Dieser sieht sich aus seinen realen, vielleicht ärmlichen Verhältnissen in eine phantastische, reiche, buntbelebte Welt versetzt. Stolze Recken in goldschimmernden Rüstungen sprengen mit wehendem Helmbusche über den Plan; schön geschmückte Frauen vertheilen Preis und Minnesold; Sporen klirren; kostbare Gewänder rauschen; dort blinken die Schwerter; hier flüstert und kost es in der Laube; kühne, verwegene Gestalten dringen aus den Büschen; Dolche blitzen in ihren Fäusten; draußen auf hoher See schwimmt der Pirat, vom Sonnenscheine des Glückes und der Feder des Autors verklärt; zechende Mönche, liebeglühende Nonnen, feuerspeiende Drachen, stehlende Zigeuner, klappernde Gerippe, betende Eremiten, fluchende Sbirren, wandernde Troubadours, nächtliche Gespenster, bärtige Sarazenen, alles nur erdenkliche Schöne und Häßliche, Anmuthende und Fürchterliche, Wonnevolle und Schauderhafte drängt der Verfasser in das blätterreiche Kaleidoscop, welches mit der vielverheißenden Bemerkung »Roman in zwölf Bänden« vor dem Auge des entzückten Lesehungrigen liegt, eng und bunt, plan-und zusammenhanglos zusammen. Er führt den Leser zurück in eine längst vergangene Zeit, für welche dieser kein Verständniß hat; er läßt ihm Erscheinungen und Verhältnisse erblicken, die es weder damals noch zu einer andern Periode gegeben hat oder geben konnte, und diejenigen Gestalten und Typen, denen eine frühere Wirklichkeit nicht abzusprechen ist, erscheinen in unwahren Beziehungen und werden von falschem Lichte beleuchtet. Die Helden des Romanes sind entweder so unmenschlich gut und fromm, daß ihre Tugend uns arme Sterbliche gradezu blendet, oder ebenso unmenschlich bös und gottlos, daß wir uns unmöglich überwinden können, an die Existenz dieser Satane zu glauben. Ihre sittliche Freiheit und Selbstbestimmung ist ihnen bei der erzwungenen Passage durch den Gänsekiel abhanden gekommen; ein dunkles Verhängniß hat ihr Schicksal vorherbestimmt; finstere Gewalten spielen mit ihnen Würfel; ob von der höchsten Vortrefflichkeit, ob von der tiefsten Versunkenheit, sie haben keinen Theil an ihrem moralischen Werthe oder Unwerthe und müssen die vorgeschriebenen Thaten ableiern wie eine aufgezogene Spieldose ihre Schnadahüpfl. So werden sie wie leb- und widerstandslose Marionetten an dem Faden der Erzählung über die Scene gezerrt, dürfen höchstens

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