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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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steht bei Gott; aber Mut und Treue stehen bei uns.«
    Im Gartensaale wurd es still und bald auch im Hause. Der König schlief inmitten seiner Treuen wie jener »reichste Fürst«, den der Dichter besungen, und wenn Segenswünsche Macht haben über die Träume, so war sein Traum wie der Sommer, der zieht, oder wie Gesang, der abends vom See her ans Ufer klingt.
     
    Ein klarer Oktoberhimmel lacht, in die Platanenblätter mischt sich das erste Gelb, und die Birnbäume, die hoch über das Weinspalier wegragen, stehen in voller Frucht. Im Gartensaal aber ist es, als wäre schon Dezember, jene schönste Zeit im Jahr, wo’s auf Flur und Treppe nach Tannenbaum und Wachsstock duftet und wo die Geschenke kommen von nah und fern. Und wirklich, an der ganzen Länge des Tisches hin stehen die großbeuthenschen Hausinsassen und blicken auf allerlei wohlverpackte Kisten , als wären es Zauberkommoden, aus deren Fächern in jedem Augenblick ein Wundervogel auffliegen könne. Mit einer Feierlichkeit, die niemand merkt, weil jeder sie teilt, werden endlich die Deckel geöffnet, und der sonst so wenig anmutige, knarrende Ton, mit dem die Nägel sich langsam aus dem Holze ziehn – er hat seinen Reiz heut in dieser erwartungsvollen Stunde. Die Seegrashülle fällt, und nun blinkt es und blitzt es hell herauf! Es sind Geschenke von Sanssouci : Gold und Porzellan und Bilder und Gemmen, alles wertvolle Dinge, wie sie die Hand eines Königs , und sinnige Dinge, wie sie nur die Hand eines solchen Königs schenkt. Ein jeder blickt auf die Zeichen übergroßer Huld, und während das Haupt der Familie mit bewegter Stimme die königlichen Worte liest, die diese reichen Gaben begleiten, fallen die Tränen allertreuster Menschen zwischen die Gemmen und Edelsteine nieder, als gehörten sie dorthin.
    Schloß Beuthen ist längst keine Veste mehr, die Goswin von Brederlow gegen die Hohenzollern hält. Tür und Tor stehen ihnen weit offen und die Herzen der Görtzkes dazu.
    Saalow
     
    Ein Kapitel vom alten Schadow
    Ihr wolltet lebend nicht einander weichen,
    Im Tode hat nun jeder seine Krone;
    Verbrüdert mögt ihr euch die Hände reichen.
    Platen
    Auf dem Plateau des Teltow, ziemlich halben Weges zwischen Trebbin und Zossen, liegt das Dörfchen Saalow. Elsbruch, Kiefernwald und sandige Höhen fassen es ein, und die letzteren, die den grotesken Namen der »Höllenberge« führen, bilden neben einem benachbarten See, der »Sprotter Lache«, so ziemlich die ganze Poesie des Orts.
    Wir kommen von Großbeeren her, haben eben das Dorf Schünow passiert, und zwischen Wald und Bruchland unsern Weg verfolgend, erreichen wir zuletzt eine kurze Maulbeerbaumallee, die bis an den Eingang des Dörfchens führt, dem unsre heutige Wanderung gilt. Eben Saalow. Eine Kirche fehlt, ein Herrenhaus auch, und ein paar Dutzend Häuser und Gehöfte, sauber gehalten und meist mit Ziegeln gedeckt, bilden die Dorfstraße, die sich alsbald platzartig erweitert. In der Mitte dieses Platzes dehnt sich der übliche Wassertümpel, ohne den geringsten Anspruch auf die sinnige Bezeichnung »Auge der Landschaft«. Die Schwalben unterm Sims und das Storchnest auf dem Dache sorgen für die nötige Dorfgemütlichkeit, die Hähne krähen, der Balken am Ziehbrunnen steigt auf und ab, und über den Pfuhl hin schnattert und segelt das Entenvolk in komischer Gravität.
     
    So ist Dorf Saalow jetzt , schlicht und einfach genug; aber doch ein Platz voll einladender Heiterkeit, verglichen mit dem , was es um die Mitte des vorigen Jahrhunderts war, wo der, der es zufällig passierte, nur Strohdächer sah, alte Strohdächer, die längst zu Moosdächern geworden waren. Unter einem derselben wohnte der Dorfschneider, Hans Schadow mit Namen, der, trotzdem er schon in die Jahre ging und viel Anhang und Vetterschaft im Dorfe hatte, doch noch immer ledigen Standes war. Als ihm aber endlich das Alleinsein nicht länger mehr gefallen wollte, gefiel ihm auch Saalow selbst nicht mehr, und er gab es auf, um zunächst nach dem benachbarten Zossen und dann von Zossen aus nach Berlin zu ziehn. Da fand er, was er suchte, verheiratete sich gerad in demselben Winter 63, wo der Krieg auf die Neige ging, und nahm eine kleine Wohnung in der Lindenstraße, nicht weit vom Halleschen Tore.
     
    Sieben Jahre sind seitdem vergangen, und wir treten heut in die Werkstatt des ehemalig saalowschen und nunmehro berlinischen Schneidermeisters ein. An dem Zuschneidetische, dessen weit vorspringende Holzplatte bis in die Mitte

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