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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Preußen«, so schrieb er gerade damals, »sind im allgemeinen arm, eitel, unwissend und ohne Grundsätze. Wären sie reich , so würde der Adel sich nie dazu verstanden haben, in Subalternstellen mit Eifer und Tapferkeit zu dienen. Ihre Eitelkeit zeigt sich darin, daß sie ihre eigene Größe in der ihres Monarchen erblicken, ihre Unwissenheit aber erstickt in ihnen jeden Begriff von Freiheit und Widerstand. Und was endlich ihren Mangel an Grundsätzen angeht, so macht sie dieser Mangel zu bereitwilligen Werkzeugen aller ihnen erteilten Befehle; sie überlegen gar nicht ob sie sich auf Gerechtigkeit gründen oder nicht!«
    So Mr. Harris, der zum Überfluß auch noch eine speziell ungünstige Meinung in betreff der Madame de Verelst unterhielt. Er ridikülisierte sie, was natürlich alle Pläne von seiten der Dame rasch hinschwinden ließ und an die Stelle des Entgegenkommens jene hautaine Miene setzte, auf die sie sich so gut verstand.
    Aber in ihren Grundanschauungen von dem, was wünschenswert sei, war durch diesen Mißerfolg nichts geändert worden, und als einige Monate später James Harris abberufen und Hugh Elliot an seine Stelle gekommen war, nahm sie dasselbe Spiel wieder auf.
    Und diesmal mit besserem Erfolg. Zu Beginn des Jahres 78 war die nunmehr sechzehnjährige Charlotte bereits Gemahlin Hugh Elliots, über den, zu besserem Verständnis dessen, was sich später ereignete, hier schon das Folgende stehen mag.
    Hugh Elliot, als er nach Berlin kam, war noch sehr jung und von noch jugendlicherem Ansehen. Er hatte nichts von dem Ruhigen, Gesetzten, Distinguierten, das eine Gesandtschaftsstellung erheischt, wirkte vielmehr in seiner Bartlosigkeit und halb knabenhaften Figur absolut unfertig und nicht viel besser als ein von einer steten Unruhe geplagter Springinsfeld. Ungeachtet dessen war er in den Hof- und Gesandtschaftskreisen beliebt, galt für amüsant (war es auch) und erfreute sich ganz besonders einer gewissen Vorliebe von seiten des Prinzen Heinrich. Am Hofe dieses war es denn auch, wo Thiébault ihn kennenlernte. »Geistreich und von delikater Struktur (delié), sehr lebhaft und liebenswürdig«, das sind die Worte, die die »Souvenirs« für ihn haben. »Und dabei durch und durch Original, denn man ist nicht Engländer ohne das «, setzt ihr Verfasser in guter Laune hinzu. Zu gleicher Zeit erzählt er ein paar Anekdoten, die mir sehr geeignet scheinen, ihn in seinen Vorzügen wie seinen Schwächen zu charakterisieren, weshalb ich dieselben hier wiedergebe.
    Eines Tages beim russischen Gesandten entstand ein erregter Streit, ob England oder Frankreich den größeren dramatischen Dichter hervorgebracht habe. Thiébault schwärmte für Racine, Elliot für Shakespeare. Thiébault operierte dabei viel mit »plus sublime«, worauf ihm Elliot erwiderte: »gerade das ›plus sublime‹ sei das, was er für Shakespeare beanspruche. Denn den Eindruck des Sublimen habe man immer nur da, wo sich der Gegensatz von hoch und niedrig, von Erhabenheit und Alltäglichkeit fühlbar mache, während überall da, wo sich ein gleichmäßiges Plateau zeige (wenn auch Hoch plateau), von einem Eindruck des Erhabenen nie die Rede sein könne. Und so käm es denn, daß die ›Niedrigkeiten‹ , die seinem englischen Dichter mit Recht vorgeworfen würden, eigentlich nur dazu dienten, die Größe desselben um so deutlicher erkennen zu lassen.«
    Um ebendiese Zeit war es auch, daß Elliot einer Steinoperation halber nach Paris mußte. Man sah diese Reise, weil sich die französische Regierung kurz vorher zugunsten der amerikanischen Kolonien, will also sagen gegen England, entschieden hatte, ziemlich allgemein als ein Wagnis an, und auch die Königin äußerte sich in diesem Sinne. »Oh, Madame«, replizierte Elliot, »England und Frankreich sind seit lange zivilisierte Nationen.«
    Es ging dies von Mund zu Mund, und die fremdländischen Gesandten, die, wie gewöhnlich, wenig Zärtlichkeit für Preußen übrig hatten, freuten sich der nonchalanten, echt englischen Dreistigkeit, in der Elliot überhaupt exzellierte. Freilich bedingte dieselbe Dreistigkeit und Nonchalance zuletzt auch seinen Sturz, und zwar war es dieselbe Frage der »amerikanischen Kolonien«, was bald danach zu seiner Abberufung vom preußischen Hofe führte.
    »Seitens dieser Kolonien«, so berichtet Thiébault, »waren zwei Vertrauensmänner in Berlin eingetroffen, die mit Fug und Recht als amerikanische Geheimgesandte angesehen werden konnten. Es wurde

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