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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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selbstverständlich aus Courtoisie gegen England vermieden, sie als Gesandte zu begrüßen, aber im stillen wußte jeder, was sie nach Berlin und Sanssouci geführt hatte. Wenigstens Elliot wußt es. Er wollte jedoch positive Gewißheit haben und leitete deshalb ein ziemlich gefährliches Spiel ein, das er sich nur im Hinblick auf die hinter ihm stehende Macht Englands erlauben durfte. Voll Bonhomie zog er die beiden Amerikaner, als »Landsleute von älterem Datum«, in seinen intimeren Umgangskreis und überschüttete sie mit kleinen gesellschaftlichen Auszeichnungen. Eines Abends, nach vorher eingenommenem gemeinschaftlichen Diner, fuhr er mit ihnen in die Oper. Als sie jedoch zu später Stunde in ihre Wohnung zurückkehrten, fanden sie die Tür erbrochen und eine Kassette geraubt. Es zweifelte niemand, auf wessen Geheiß dies geschehen; aber Elliot ging weiter und ließ ihnen am anderen Tage, wenn auch ohne direkte Namensnennung, die Kassette wieder zustellen, aus der nichts herausgenommen war als die die beiden Abgesandten einigermaßen kompromittierenden Papiere. Jeder war neugierig, wie der Affront geahndet werden würde, doch blieb anscheinend alles ruhig, bis plötzlich, als man eben die Sache zu vergessen anfing, Elliots Abberufung erfolgte. Der König hatte bei der englischen Regierung, unter Darlegung des Sachverhalts, auf seine Zurückberufung gedrungen.
    In diesen Zügen spricht sich Elliots Charakter aus, und ohne seinem Rivalen Knyphausen, der ihn abwechselnd als »ruhmredig, leichtfertig und unkonsequent« und zum Schluß einfach als »fou und furieux« bezeichnet, in all und jedem zustimmen zu wollen, erscheint doch so viel richtig, daß er mit jener gefährlichen Lebhaftigkeit des Geistes ausgestattet war, die beständig geneigt ist, in Willkür und Rücksichtslosigkeit überzugehen. In der Tat, er war nervös, launenhaft, exzentrisch und entbehrte ganz und gar der Möglichkeit, einer jungen, in Oberflächlichkeit und Eitelkeit erzogenen Frau das zu geben, was ihr fehlte. Nur eins wird ihm zuzugestehen sein: er liebte sie wirklich, soweit er einer wirklichen Liebe fähig war, und hatte seine Wahl aus Sinn und Herz und nicht aus allerhand Rücksichten getroffen, am allerwenigsten aber aus Rücksichten auf ein Erbe, das nach englischen Vorstellungen überhaupt nicht bedeutend und jedenfalls erst in Zukunft zu gewärtigen war.
    Nach diesen Bemerkungen über Elliots Charakter, die nötig waren, um unsere Heldin in dem, was später geschah, nicht ungünstiger und zweifelhafter als nötig erscheinen zu lassen, nehme ich den Faden der Erzählung wieder auf und kehre zu der Ehe des jungen Paares zurück, die, das mindeste zu sagen, keine glückliche war.
    5. Kapitel
     
    Die Krautentochter (nunmehr Frau von Elliot) führt eine unglückliche Ehe
     
    Nicht gleich anfangs zeigte sich der Bruch, ein Jahr nach der Vermählung wurd eine Tochter geboren, Elliot war glücklich, und vielleicht war es auch die junge Frau.
    Aber es währte nicht lange. Sosehr Elliot seine Frau liebte, so war es doch eine tyrannisch-launenhafte Liebe, die Zuneigung eines Kindes, das heute mit der Puppe spielt, morgen sie schlägt und piekt und übermorgen sie aufschneidet, um zu sehen, wie’s drin aussieht und ob sie ein Herz hat. Es scheint indessen, daß die junge Frau diese Launen ertrug, bis das ridikül eifersüchtige, vor aller Welt sie bloßstellende Benehmen ihres Gatten ihr ein Zusammenleben mit ihm unerträglich machte.
    Es war 1781 oder 82, als Elliot, der sich schon vorher in ähnlichen Phantastereien ergangen hatte, plötzlich auf den Einfall kam, seine Frau unterhalte ein Liebesverhältnis mit dem holländischen Gesandten. Der Name desselben wird nicht genannt. Gleichviel. Dieser Gesandte war nicht mehr jung und dachte nicht an Liebesabenteuer. Elliot indessen hatte sich’s in den Kopf gesetzt und wollte nur noch Gewißheit haben. Um diese sich zu verschaffen, begann er eines Tages nach dem Schlafengehen (er liebte mitternächtliche Konversationen), seiner Frau Mangel an Zärtlichkeit vorzuwerfen und ihr bei der Gelegenheit die Namen einer ganzen Anzahl von Personen zu nennen, für die sie sich unerklärlicherweise mehr interessiere als für ihn. Und zuletzt nannt er ihr auch den Namen des alten holländischen Gesandten. Sie nahm alles zunächst als einen Scherz, als er aber fortfuhr, sie mit den unziemlichsten und beleidigendsten Fragen zu quälen, riß ihr endlich der Faden der Geduld. »Ob ich ihn liebe? Jedenfalls

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