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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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das schadet nichts; dann leben wir doch noch einmal vergnügt zusammen und gedenken vergangener Mißgeschicke.
    Zittre nicht, zage nicht
    Sei nicht ungeduldig,
    Was du nicht bezahlen kannst,
    Bleib den Leuten schuldig.
    Dein Vetter Emil von A.
     
    Mit diesem, dem Commersbuch statt dem Gesangbuch entnommenen Trostesverse ging er aus der Welt: »Was Du nicht bezahlen kannst, bleib den Leuten schuldig.«
    Am liebsten (und dies soll ihm unverdacht sein) wär er den Leuten seinen Tod schuldig geblieben. Aber es war anders beschlossen, und er mußte mit seinem Leben zahlen. Der König, wie schon eingangs hervorgehoben, bestätigte am 14. April das schon am 7. Januar vom Kriegsgericht gefällte Urteil, und elf Tage später erfolgte die Hinrichtung . Dem Bericht eines Augenzeugen entnehm ich darüber das Folgende.
    »Fähnrich von Arnstedt wurde den 25. April 1837, fünf Uhr morgens, auf einen mit zwei Pferden bespannten bäuerlichen Korbwagen gesetzt und, begleitet von einer kleinen Abteilung seines Regiments (Leibregiment), in einem raschen Schrittempo nach dem für die Hinrichtung bestimmten Platze hinausgefahren. Ihm gegenüber rückwärts saßen zwei Unteroffiziere. Der Weg war nicht allzu weit und lag auf den Frankfurter Wiesen, dicht am sogenannten Meisterwerk. Am Ende der hier die Dammvorstadt durchschneidenden Sonnenburger Straße war ein Sandhügel aufgeworfen, und vor dem in Nähe davon aufgestellten Richtblock stand der Scharfrichter. Als Arnstedt all dieser Vorbereitungen von seinem Sitz her ansichtig wurde, gab er sich einen Ruck und sagte zu den Unteroffizieren: ›er werd ihnen zeigen, wie ein preußischer Soldat sterben müsse‹. Gleich danach angekommen, sprang er rasch vom Wagen, trat an den Scharfrichter heran und fragte diesen, ›was er zu tun habe, um ihm sein Amt zu erleichtern‹. Worauf dieser antwortete, ›daß er den Atem anhalten solle‹. Nach Verlesung der Ordre wurde dann das Urteil rasch vollstreckt und der Körper eingesargt und an Ort und Stelle begraben.«
    In einem zweiten Briefe, der von seinem noch lebenden Vetter an mich gerichtet wurde, heißt es: »Als der Zug vorüberkam, lag ich im Fenster meines elterlichen Hauses und empfing ein letztes, freundliches Kopfnicken. Ein mir unvergeßlicher Moment. Worte des Abscheus über von Arnstedts Tat hab ich nie vernommen, aber viel Tränen sind dem bildhübschen Menschen nachgeweint worden, ja, eine mir bekannte ältre Dame, die jenen Hinrichtungstag mit erlebt hat, gerät noch jetzt in ein nervöses Zittern, wenn sie desselben gedenkt.«
     
    Ich meinerseits füge hinzu: das Ganze (neben manch andrem, was sich daraus lernen läßt) kann als ein merkwürdiger und beängstigender Beweis von der berückenden Macht einer dämonisch sinnlichen Persönlichkeit gelten. An dem siegreichen Einflusse dieser Persönlichkeit scheiterten alle moralischen Bedenken. Einem ungewöhnlich hübschen Menschen zuliebe verwischen sich die Begriffe von Recht und Unrecht, und ein Verbrecher wurd ein Held. Die Frauen, alt und jung, gingen natürlich mit gutem Beispiel voran. Andererseits können wir einzelnen Briefen der vorstehend mitgeteilten Korrespondenz wenigstens das als Trost entnehmen, daß es neben diesem innerhalb der Frankfurter Frauenwelt epidemisch auftretenden Fähnrich-Enthusiasmus auch Männer gab, die das Ding als das ansahen, was es war, als die schnöde, schändliche Tat eines reichbegabten, aber durchaus bösen und von Anfang an den finstren Mächten verfallenen Menschen.
    Er hatte nur einen Mitschuldigen: die Halbheit, Zerfahrenheit und Verwirrung der Zeit in der er lebte. Nichts war innerlich in Ordnung, ein Bovist, alles hohl und faul, und ein bitteres Lächeln überkommt den , der jene Tage noch mit durchkostet hat wenn er von ihnen wie von einer hingeschwundenen »guten, alten Zeit« oder gar wie von einem »verlorengegangenen Paradiese« berichten hört.

Liebenberg
     
    1. Kapitel
     
    Liebenberg
     
    bis zum Besitzantritt der Hertefelds 1652
    An der Grenze der Grafschaft Ruppin, aber mit ihrem Hauptbesitzstande schon der Uckermark angehörig, liegt die große, mehr als 20 000 Morgen umfassende Herrschaft Liebenberg .
    Über die Vorgeschichte von Dorf und Schloß Liebenberg, die der Herrschaft den Namen gaben, ist wenig bekannt. Aller Wahrscheinlichkeit nach war es, in der wendischen Zeit, ein von den Ukranern ausersehener Verteidigungspunkt, der dann, als die deutsche Sache gesiegt hatte, ebendieser wieder als Stützpunkt diente.

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