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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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seine wunderbaren Abenteuer bei Tische zum besten geben zu dürfen. Ob er zu dem alten Freiherrn auch in geschäftlichen Beziehungen stand (vielleicht als eine Art Kommissionär), ist aus den Briefen nicht bestimmt erkennbar. Er lebte meist in Liebenberg, in einem in der »Bibliothek« ihm eingerichteten Zimmer, und ging alljährlich auf kurze Zeit nach Berlin, um daselbst ein Zuckerbrot zu backen, auf dessen Herstellung er sich vorzüglich verstand.
    An Tackmann schloß sich der junge Reichmann , ein Student, der aus Mangel an Mitteln seine Studien unterbrochen hatte. Derselbe bekleidete das Amt eines Privatsekretärs und war tüchtig und gescheit, aber leider auch melancholischen Temperaments. An allem verzweifelnd, an Vaterland, Leben und sich selbst, erschoß er sich später aus romantisch-mystischen Grübeleien.
    Eine völlig entgegengesetzte Natur war endlich Herr Hauslehrer Greif . Er nahm nichts schwer und wußte sich in alles zu schicken, am leichtesten in Prinzipien, die den seinigen widersprachen, vorausgesetzt, daß er überhaupt Prinzipien hatte. Jedenfalls indessen war es ebendiese seine Nachgiebigkeit gewesen, was ihn dem alten Herrn von Anfang an empfohlen hatte. »Zu meiner Freude«, so schreibt der letztere, »glaub ich jetzt den rechten Mann gefunden zu haben. Und zwar ist dies der Herr Candidatus Greif, der, weil er noch jung und in keinem andern Hause gewesen ist, mir passend und geneigt erscheint, sich nach meiner Meinung zu richten. Er ist mir in diesem Stücke lieber als solche, die schon in andern Häusern allerlei Grillen aufgefaßt haben.« Und an anderer Stelle: »Mit Greif geht es, und ich bin nach wie vor mit ihm zufrieden. Er ist nicht so prätentiös wie sein Vorgänger Wisselink und hat mehr Gutmütigkeit. Auch läuft er nicht so dem Witze nach.«
    Das war der neu geschaffene Kreis, und mit Behagen und Freude konnt er um Weihnachten 1803 an seinen Schwiegersohn schreiben: »Ich habe nun mein Personal in Ordnung.«
    In der Tat es ging alles am Schnürchen, und es hätte sich von ungetrübt glücklichen Tagen sprechen lassen, wenn nicht der »Vetter in Häsen« gewesen wäre.
    Wer aber war dieser Vetter?
    Häsen selbst ist Nachbargut und gehörte damals einem nahen, aber stark verschuldeten Anverwandten. Es scheint daß dieser einen Teil seines Lebens in der Vorstellung zugebracht hatte, früher oder später der Erbe des gesamten Hertefeldschen Besitzes werden zu müssen, aus welcher Vorstellung er sich plötzlich gerissen sah, als dem schon alternden Friedrich Leopold von H. unerwartet ein Sohn geboren wurde. Den Unmut darüber zu bezwingen war ihm (dem Vetter) nicht gegeben, und als er gleichzeitig seine pekuniären Bedrängnisse wachsen sah, ersann er sich das Märchen, daß der spätgeborne Sohn des alten Liebenberger Freiherrn in Wahrheit ein Enkel desselben, und zwar der älteste Sohn Alexandrinens von Danckelmann, sei. Mit andern Worten also ein untergeschobenes Kind, untergeschoben einzig und allein in der Absicht, ihm, dem Vetter, ein ihm zustehendes Erbe zu entreißen. Ein solches Märchen erzählt und weiterverbreitet zu sehn war an und für sich schon schlimm genug; aber der »Häsener« ging weiter und wußte seinem Übelwollen auch praktische Folgen zu geben, indem er Gelder aufnahm, und zwar unter beständigem Hinweis darauf, »daß ihm, aller Machinationen und Intrigen unerachtet, über kurz oder lang das Liebenberger Erbe doch zufallen müsse«. Dies schuf Ärgernis über Ärgernis, auch wohl Sorgen, und bedrohte den alten Herrn genau in den zwei Stücken, in denen er am empfindlichsten war: in seinem Vermögen und seiner Ehre. »Der tolle Mensch von Häsen«, so schreibt er, »ist wieder in voller Bewegung. Unter der Hand wendet er sich nach Münster und Cleve und versichert, daß er alleiniger Herr meiner Güter sei. Die , an die er schreibt, erkundigen sich bei mir, ob es in des Briefschreibers Kopfe richtig stehe? Sie wollen aber nicht genannt sein. Sonst hätt ich den Narren schon längst beim Kammergericht provoziert.« Und an anderer Stelle: »Der tolle Mensch in Häsen, der seit sieben Monaten in Berlin auf Kredit lebt, fängt wieder an zu rasen. Vor acht Tagen hat er mir einige Bogen voll Unsinn geschrieben, um etwas aus mir herauszulocken, was seine Prozeßlust reizen könnte. Ich hab ihm aber kurz, kalt und überhaupt so geantwortet, daß er den Brief keinem Gerichtshofe vorlegen wird.«
    Äußerungen ähnlicher Art kehren an vielen Stellen wieder, und wenn

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