Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
keine Vorwürfe zu machen, und das hält und trägt mich und wird mir über lang oder kurz auch meine Gesundheit wiedergeben, die, für den Augenblick, beinahe mehr noch durch das lange Kommensehen des Ereignisses als durch das Ereignis selbst erschüttert worden ist.« Und an anderer Stelle: »Wisse, Kind, es sind Pflichten, die mich halten. Am liebsten aber ruht ich mit in der Liebenberger Gruft.«
    Alle philosophische Betrachtung, in der er vorher so fest zu stehen vermeint hatte, reichte nicht aus, ihm jene Freudigkeit der Seele wiederzugeben, die bis dahin, wie der hervortretendste Zug seiner Natur, so sein eigenstes Glück gewesen war.
    Und doch vielleicht, daß er diese Freudigkeit sich wiedergewonnen hätte, wenn unser gesamtes öffentliches Leben ein anderes gewesen wäre. Aber der ganze Zuschnitt mißfiel ihm. Es war die Zeit der Üppigkeiten und der Geistererscheinungen, der Rietz und des Rosenkreuzertums, und viele seiner Briefe geben uns wenigstens Andeutungen über den Gegensatz, in dem er innerlich zu Hof und Hauptstadt stand.
    »Es hat nun wirklich«, so schreibt er am 18. März 1797, »das kirchliche Aufgebot des Grafen Stolberg-Stolberg und der Gräfin von der Mark (Tochter der Rietz-Lichtenau) stattgefunden. An demselben Abende wurd in der Stadtwohnung der Lichtenau Komödie gespielt, und eine Oper kam zur Aufführung. Über das Brautpaar wird inzwischen allerlei gesprochen. Der Graf, dessen Vater vor dem Bankrutte steht, erfreut sich keines guten Rufes. Er glaubt aber wohl in der Braut das Huhn mit den goldenen Eiern zu haben und rechnet natürlich auf die Börse des Königs. Als ein Zeichen für die Stimmung, die gegen die Lichtenau herrscht, mag Dir das dienen, daß in derselben Stunde, wo die Theateraufführung stattfand, in ihrem Charlottenburger Palais ein Einbruch ausgeführt wurde. Diebe, die keine Diebe waren, sperrten den Kastellan ein und begannen nun ein Werk völliger Zerstörung: Spiegel und Porzellane wurden zerschlagen, Tapisserien und Vorhänge zerrissen, Betten und Überzüge beschmutzt – all das, ohne daß auch nur eine Nadel entwendet worden wäre. Dagegen ließ man Karten zurück, auf denen die heftigsten Beschimpfungen und Schmähworte gegen die Lichtenau standen. Alles offenbar ein Akt der Rache. Die Polizei forscht den Exzedenten nach, ohne sie bis jetzt finden zu können. Aber weh ihnen, wenn sie gefunden werden . Denn der König ist begreiflicherweise voll Entrüstung über einen Hergang, der sich unmittelbar gegen ihn selber richtet.«
    Einem ablehnenden Tone der Art begegnen wir überall, und so kann es nicht überraschen, daß der Schreiber dieser und ähnlicher Briefe noch einmal an den Rhein zurückging, um gegen alle »Hofluft« gesichert zu sein. In Liebenberg aber ließ er nicht bloß einen Pächter zurück, »der Artigkeit und Devotion mit Wahrnehmung eigner Vorteile geschickt zu verbinden wußte«, sondern räumte die leerstehenden Zimmer auch dem Obersten von Cocceji (Neffen des Großkanzlers) ein, einem alten Sonderlinge, der überall, wo die Briefe seiner Erwähnung tun, um seiner enormen Grandezza willen als »Sa Majesté, le Colonel de Cocceji« vorgestellt zu werden pflegt.
     
    Friedrich Leopold war nun wieder in seiner cleveschen Heimat, die, wenn nichts Besseres, so nahm er an, ihm wenigstens Zurückgezogenheit und Stille bieten sollte. Doch es gestaltete sich anders, und wenn er sich aus der Hofluft heraus und in die Ruhe hinein gesehnt hatte, so mußte er bald wahrnehmen, daß diese Ruhe jenseits des Rheins noch weniger anzutreffen war als diesseits. In dem französisch gewordenen Lande mehrten sich die Tracasserien, und als er eines Tages ein ihm angetragenes Ehrenamt, aus dem sich später ein »Sénateur de l’Empire« entwickelt haben würde, zurückgewiesen hatte, war ihm klar erkennbar, daß seines Bleibens unter den neu-französischen Gewalthabern nicht länger sein könne.
    Dieses Erkennen war es denn auch, was ihn 1802 nach Liebenberg zurückkehren ließ , und zwar nicht mehr »versuchsweise«, sondern umgekehrt mit dem von nun an festen Entschluß, ein für allemal auf märkischer Erde bleiben zu wollen. Er richtete sich demgemäß auch ein und intendierte sofort allerhand Reformen, hielt es aber doch für klug, ehe er zu wirklicher Änderung der vorgefundenen Zustände schritt, diese Zustände vorher sorglich zu beobachten. Ein Jahr erschien ihm dazu Zeit genug, nach dessen Ablauf er denn auch wußte, was zu tun sei. Die Wirtschaft

Weitere Kostenlose Bücher