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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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zum täglichen Gebrauch im Buffet stehende Silberzeug. Als ich ihnen zum Schlusse sagte: ›Gebt mir wenigstens eine Bescheinigung, daß die Pferde wiedergekauft sind, sonst nehmen eure Nachfolger sie doch‹, lachten sie herzlich, und der eine, ein verschmitzter Elsässer, sagte mir: ›Ich will dir einen Sauve Garde schreiben; gib nur Papier.‹ Ich holte denn auch Papier, und er schrieb: Sauve Garde par le Général de la Selle. ›Da‹, sagte er, ›mache das an; das wird vielleicht helfen.‹ Kaum aber war er fort, so kam ein Schwarm Husaren, Dragoner und Knechte, die meinem Pferdestall zueilten und die darin befindlichen zwanzig Pferde mitnahmen.
    Ich sah dem allem zu und wollte wenigstens um die Rückgabe eines Pferdes bitten, als ein Offizier den Hof heraufkam und mir sagte: ›Êtes-vous le propriataire d’ici?‹ Auf meine Bejahung antwortete er: ›Le Prince Murat vous fait dire, de me suivre incessamment; il veut vous parler.‹ Ich folgte bis zum Jägerhause und fand in dem Prinzen einen gut gebildeten, gewandten und verschmitzten Franzosen. Ich mußt ihm sagen, wie stark die gestern in Liebenberg gelegenen Preußen gewesen und wohin sie gegangen wären, immer unter der Mahnung: ›Dites la vérité!‹ Einer seiner Adjutanten sprach unterdessen mit Dorfleuten, verstand sie nicht und sie ihn nicht. Er meinte jedoch etwas von meinen Angaben Abweichendes verstanden zu haben und sagte zum Prinzen: ›Cet homme l’a dit autrement .‹ Ich wandte mich sofort zu meinem Gartenburschen, auf den er wies, und sagte: ›Was weißt du? weißt du mehr, so sag es.‹ Der wußt aber nicht mehr als ich, worauf der Adjutant in einem harten Tone mich anließ: ›Il ne faut pas nous mentir; sans cela, on vous arrêtera.‹ Dieses Kerls Rede brachte mich ganz außer mir, und die Tränen kamen mir ins Auge. Dann wandt ich mich an den Prinzen, riß meinen Hut ab, wies ihm meinen grauen Kopf und sagte: ›Sehen Sie meine mit Ehren grau gewordenen Haare, und urteilen Sie, wie hart mir solche Rede fallen muß; ich lüge nicht , ich sage, was ich weiß, und mehr kann ich nicht sagen.‹ Murat besänftigte mich und versprach mir eine Sauve Garde. Hernach sagte er mir, ›er wolle das Hauptquartier zu Liebenberg nehmen, das wäre meine beste Sauve Garde‹, auf welche Zusicherung hin ich, bei meiner Rückkehr ins Dorf, anschlagen ließ: Quartier général du Prince.
    Der Vorteil, den ich von diesem Zwischenfall hatte, war aber gering, wenn es überhaupt ein Vorteil war. Erst kamen viele seiner Knechte mit Pferden in den Stall und danach Offiziere, Dragoner und Wachmannschaften. Alle wollten Hafer, Wein und Lebensmittel, zwölf Portionen Essen für den Colonel, siebzehn Portionen für den andern Colonel, hier acht Bouteillen Wein, dort zwölf, dort sechs, so ging das Gerufe durcheinander. Wenigstens 3000 Dragoner und Chasseurs waren im Dorf oder in unmittelbarer Nähe desselben. Und während die Offiziere sich bei mir beköstigen ließen, wirtschafteten die Gemeinen nach ihrer Art. Alle Zäunungen wurden verbrannt (obgleich Holz genug da war), auf die Schweine wurde Jagd gemacht, viele erstochen, andere zunichte gehauen, die Federviehställe erbrochen, und weder Huhn, Gans, Pute noch Ente blieb am Leben. Zehn Tonnen Bier wurden aus der erbrochenen Brauerei genommen und die Feuer in solcher Nähe der Häuser angezündet, daß nur Gottes Gnade das Abbrennen verhinderte. Mehr als neun Wispel Hafer waren schon vom Boden abgemessen worden. Als nichts mehr davon zu finden war, ging es über die Haferscheuer her, und Hafergarben und Heu wurden so verschwendet, daß die Pferde mehr zertraten als fraßen. Küchengeräte wurden überall genommen und nicht wiedergebracht.
    Der Prinz Murat kam nicht ; er war bereits bis Zehdenick vorgedrungen.
    Der an seine Stelle gekommene Divisionsgeneral Beaumont mußte nach dem Abendessen noch nach Falkenthal vorrücken, und nur ein Brigadegeneral, ein Deutscher, der seinen Namen nicht nannte (es war der General Becker ) blieb mit dem Generalstabe zurück. Um die Wirtschaft der Gemeinen kümmerte sich niemand.
    Und so kam der 27. Als um vier Uhr morgens der General aufbrach, bat ich um eine Sauve Garde, weil die Dragoner mich auf die Gewalttätigkeit und Plünderung ihrer eigenen Infanterie aufmerksam gemacht hatten. Der General bewilligte mir denn auch einen Brigadier (Gendarmeriewachtmeister), der Befehl hatte, das Eintreffen des Infanteriegenerals abzuwarten und denselben um eine Sauve Garde für

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