Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
nich wiedersehn.« – » Aber Exzellenz sind ja noch so rüstig «, antwortete dieser. Und Wrangel, der Geistesgegenwart liebte, drohte nur lächelnd mit dem Finger und ließ es für diesmal bei dem bloßen Avis bewenden.
Auf derselben Inspektionsreise, wenn ich nicht irre, sah der Alte, daß ein junger Offizier unvorschriftsmäßige Sporen trug, und gab ihm ohne weiteres vierundzwanzig Stunden Arrest. »Aber Exzellenz tragen ja ebensolche.« – »Jut, mein Sohn. Da kannst du jleich noch vierundzwanzig Stunden vor mir mit absitzen.«
Es waren interessante Jahre, diese Wrangeljahre, wichtiger aber im Leben des Grafen wurde doch die Zeit (1867), als er die Bewirtschaftung von Liebenberg antrat. Er erwies sich sofort als ein ebenso tüchtiger wie passionierter Landwirt und hob den ihm zugefallenen großen Besitz weit über das hinaus, was er vorher gewesen war. Auch der »alte Hertefeld« hatte seinerzeit für einen ausgezeichneten Landwirt gegolten und nicht ohne Grund, aber ausgerüstet mit einer wahren Probier- und Experimentalmanie, war ihm der praktische Gewinn immer nur ein Wünschenswertes, nie die Hauptsache gewesen. Die Hauptsache war ihm das beständige Suchen und Versuchen, und wenn ihm dabei hohe Summen verlorengingen, so hielt ihn das Interesse schadlos, das der Versuch als solcher ihm eingeflößt hatte.
So der alte Hertefeld.
Aber mit dieser Form einer mehr oder weniger genialen Agrikultur war es von dem Augenblick an vorbei, wo Graf Philipp Eulenburg die Zügel übernahm und dem »bloßen Experimentieren um des Experimentierens willen« ein für allemal ein Ende machte. Jeder Neuerung ein gleiches Interesse schenkend wie sein Vorgänger, unterließ er es doch nie, den Wert oder Unwert dieser Neuerungen erst im kleinen festzustellen, und wußte dadurch eine bis dahin mehr theoretisierend -wissenschaftliche Wirtschaftsführung in eine praktisch -wissenschaftliche zu verwandeln. In eine praktisch-wissenschaftliche, der denn auch, an Stelle von ehedem meist unsicheren Resultaten, alsbald die gesichertsten zur Seite standen.
Insonderheit erfuhr der Viehstand eine sich beständig steigernde Pflege, Mastvieh wurde Liebenberger Spezialität und die Prämiierung dafür eine Selbstverständlichkeit. Wie denn auch wirklich ein mit mehr als zwanzig Preismedaillen angefülltes Schubfach von ebenso vielen Ausstellungssiegen erzählt.
6. Kapitel
Liebenberg (das gegenwärtige); sein Schloß und seine Bilder, seine Kunst- und Erinnerungsschätze
Unter dem vielen, was seit
1867 in
Liebenberg umgewandelt wurde, war auch das Schloß .
Schloß Liebenberg wurde von den Bredows erbaut, die beinahe zwei Jahrhunderte lang, von 1460 bis 1652, an dieser Stelle saßen. Von diesem ursprünglichen Bredowschlosse sind nur noch die Souterrains übrig, prächtige Kellergewölbe, darin sich bis diesen Tag die Küchen-, Wasch- und Wirtschaftsräume befinden.
Was ums Jahr 1652, als das verwüstete Liebenberg in den Besitz Jobst Gerhards von Hertefeld kam, an bewohnbaren Ober räumen aus der unmittelbar voraufgegangenen Epoche noch existierte, hat sich im einzelnen nicht feststellen lassen. Aus Aufzeichnungen des von stattgehabten herrschaftlichen Trauungen und Taufen erzählenden Kirchenbuches geht aber zur Genüge hervor, daß solche Räume wenigstens überhaupt vorhanden gewesen sein müssen und daß man sich mit diesen Resten aus der Bredowzeit bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts begnügte. 1711 erst wurde das Unausreichende der überkommenen Wohnstätte lebhafter empfunden, und der Oberjägermeister Samuel von Hertefeld entschied sich, wie schon hervorgehoben, unter Beibehaltung der alten Fundamente für Errichtung eines Neubaues. Aber auch dieser Neubau, Hochparterre mit Mansarde, besaß immer mehr noch den Charakter eines Herrenhauses als eines Schlosses, und nur das Treppenhaus und die Korridore zeigten einigermaßen große Verhältnisse.
Dieser Bau des Oberjägermeisters blieb über 120 Jahre lang unverändert, und erst unter dem »letzten Hertefeld«, dessen Gastlichkeit mehr Fremdenzimmer erforderte, wurde, zwischen Erdgeschoß und Mansardendach, ein erstes Stock eingeschoben. Es war das Anfang der dreißiger Jahre, wonach wieder Ruhe folgte, bis Anfang der siebziger Jahre Graf Eulenburg immer deutlicher und immer unbequemer die Wahrnehmung machte, daß es dem Schloß, all seiner Räumlichkeiten unerachtet, oder vielleicht auch um dieser willen, an einem großen Raume gebrach. Und daraufhin entstand
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