Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
Arrestationen zusammen, die in Halle und andern westfälischen Örtern stattgefunden. Gestern sagte man mir jedoch, »es geschähe dies alles nur pro forma«. Scharnhorst, als Primas der Union, wisse um alles, trage also auch die Verantwortlichkeit, und dem sage man nichts. Ich kann es nicht glauben, denn alle möglichen Tollheiten geschehen so öffentlich, daß sie durchaus eine Ahndung verdienen. Da bei uns leider immer Unschicklichkeiten und Unbesonnenheiten mit drunterlaufen, so hat es auch diesmal wieder an einer solchen nicht gefehlt. In derselben Nacht, in der man Werder und einen Herrn von Schulenburg verhaftete, läßt das Gouvernement auch den Justizkommissarius Bartels aus dem Bette holen und nach der Hausvogtei bringen. Am andern Morgen findet es sich aber, daß es nicht ihm, sondern einem seiner Kopisten, einem gewesenen Soldaten, der für Geld bei ihm abschrieb, gegolten hat. Bartels, wie sich denken läßt, will für den öffentlichen Affront eine öffentliche Unschuldserklärung haben, und nun wollen weder der Kommandant noch der Gouverneur etwas von dem Verhaftsbefehle wissen, obgleich der Kommandant den Polizeibeamten selbst zur Arrestation instruiert hat.
1810, 11 und 12
Die »Finance« und die Finanzprojekte. – Steuerpläne. –
Einkommensteuer. – Blasenzins (Branntweinsteuer). –
Stempeledikt. – Direkte oder indirekte Steuern? –
Immer neue Abgaben, immer neue Theorien, immer neue
Probiererei. – Vermögenssteuer
Liebenberg, 1810
Die gute Aufnahme, die Danckelmann bei dem Könige gehabt hat, ist mir um so angenehmer, als die »Finance« (worunter von H. immer alles Finanzministerielle versteht) fast durchgängig einen insolenten Eigendünkel zutage legt. Alles wollen sie wissen, wobei denn doch manche Unwissenheit und mancher dumme Streich mit drunterläuft. Ob Minister von Hardenberg, als er in Schlesien war, über alles genaue Nachricht hat einziehen können, stehe dahin; wenn er seine Nachrichten bloß von der Finanz- und Polizeibehörde bekommen hat, so ist er gewiß nur halb unterrichtet. Du wirst in Breslau wohl erfahren haben, ob er dort mit Landeseinwohnern, Banquiers, Zuckerfabrikbesitzern etc. Unterredungen gehabt hat, und da läßt sich denn aus den Leuten, die er befragt hat, urteilen, was zu erwarten steht. – Von den Finanz projekten hört man weiter nichts, als daß eine Landakzise dem Schuldenfonds gewidmet werden soll, wobei nicht bloß viel Ungerechtigkeiten vorkommen werden, sondern auch zu befürchten steht, daß es eine bleibende Last sein wird. Warum man nicht die ganze Bevölkerung in fünfundzwanzig Klassen nach einer in jeder Stadt und in jedem Dorfe durch den Landrat und zwei Volkskommissarien anzufertigenden Skala einteilt und für die unterste Klasse S Taler, für die oberste aber 500 Taler als Steuer festsetzt, weiß ich nicht. Diese Operation ist die leichteste und in der Erhebung die wohlfeilste. Die Zeit verläuft mit Projektieren, die Zinsenrückstände vermehren sich, und ich fürchte ein Chaos. Wie es im Winter werden soll, wer von den Prinzessinnen bei Hofe repräsentieren und Damencour annehmen wird, weiß noch niemand. Das wäre indes das Geringste. Wenn nur die Neuerungsherren nicht so despotisieren dürften. Sie fahren oft an und werden von Privaten zurechtgewiesen, was aber in ihren Plänen nichts ändert.
L., 5. Mai 1810
Ich habe manches Unangenehme zu tun. Zunächst geht es hier über die Einrichtung der Einkommen steuer her, nachdem man achtzehn Monate lang darüber gebrütet hat. Wir werden recht methodisch ausgeschält, denn ich glaube fest, daß man mit der Vermögens steuer nur deshalb zurückhält, um erst durch Anleihen Geld zu bekommen.
L., 19. Mai 1810
Ich bin immer noch mit der lieben Einkommen steuer beschäftigt, dessen Reglement in vielen Punkten so unbestimmt ist, daß wenige es verstehn. Das Ganze läuft auf eine Prellerei hinaus und wird durch die Oberaufsicht des Königlichen Commissarii, des von der Regierung zu ernennenden Commissarii und des Domainendeputierten einfach in die Hände der Finanziers gespielt, was schon daraus erhellt, daß diese Steuer auch die Verpflegung der drei besetzten Festungen betrifft, während sie doch lediglich zu Tilgung der Landesschulden verwendet werden sollte. Sodann ist es absurde, daß wir auf dem Landtage ganz vor kurzem erst ein neues Comité zu Regulierung der Schulden und der Einkommensteuer wählen mußten und daß es nun wieder eingehen und ein anderes
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