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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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für den nächsten Winter für 100 000 Mann Lebensmittel besorgen«. Und als Schön die Unmöglichkeit vorstellte, wurd er abgerumpelt. Ein Attaché, mit dem Schön hinterher mehrmals über dasselbe Thema sprach, sagte beruhigend, »er möchte nur das Beste tun, es würden wohl etwas weniger als 100 000 Mann kommen«.
    Nachschrift . Soeben sehe ich den Duc de Bassano bei mir einpassieren, in einem sehr stattlichen Aufzuge. Er muß also wohl vor der Katastrophe abgereist sein.
    1813
     
    Der Rückzug aus Rußland
    Liebenberg, 5. Januar 13
    Daß das französische Hauptquartier in Gumbinnen war, haben die Zeitungen gesagt, und aus der Truppenverlegung ergibt sich, daß die Weichsel behauptet, also Ostpreußen im Falle der Not verlassen werden soll. Ich glaube nicht, daß die Russen etwas vornehmen können; sie haben viel gelitten und mußten eine Gegend durchziehen, die gänzlich verheert ist. Pariser Nachrichten besagen, daß der Kaiser auf die Aushebung von 200 000 Menschen und 60 000 Pferde dringt; außerdem sollen alle Truppen aus Spanien nach dem Norden gezogen werden. Das sieht nicht sonderlich aus. Ich zweifle nicht, daß alles versucht werden wird, um in einer zweiten Campagne den diesmal vereitelten Zweck zu erreichen. Was die nächsten Wochen angeht, so haben weder Schlesien noch die Mark etwas zu befürchten, solange die Weichsel gehalten wird; sollte diese jedoch verlorengehen, so wird es Zeit sein, sich vom Lande in die großen Städte zu begeben, obgleich seit Moskaus Brand auch in großen Städten nicht viel Sicherheit zu gewärtigen ist. Der vernünftigste Mensch kann in der Zukunft nichts Tröstliches erblicken; andererseits haben wir neuerdings Proben von dem , was die Vorsehung tun kann. Laß uns also nicht verzweifeln. Lange kann diese Periode des Elends nicht mehr dauern, denn wenn niemand mehr etwas haben wird, tritt alles ins Naturrecht zurück, und wehe dann denen , die sich nicht schnell davonmachen.
     
    L., 9. Januar 13
    Tackmann schreibt mir auch, daß das Macdonaldsche Corps durch Kapitulation in russischer Gewalt sei. Wenn Du etwas Gewisses hörst, so schreib es mir; ich will dann doch auf alle Fälle einige précautions gebrauchen, damit wir von der fliehenden Horde nicht noch vor der Ankunft der Kosaken ausgeplündert werden. Hier kommen viel bettelnde Franzosen und Deutsche durch. Ein Westfälinger, mit einer Hand, bat um ein Stück Brot in Gransee. Der hat dann erzählt, wie’s im Norden zugegangen ist. Die Verwundeten gehen aus den Hospitälern, sobald sie nur irgend kriechen können, weil es, der ungeheuren Masse halber, an jeder Wartung und Verpflegung fehlt. – Der Herr von Köpernitz ist endlich aus Paris wiedergekommen; er hat den davongereisten Helden im Theater gesehn mit der wie gewöhnlich kalten und dreisten Physiognomie, als ob nichts geschehen wäre. Bewachen aber läßt er sich sorglicher denn je; die Kavallerievedetten, ebenso wie die Infanterieposten, haben alle scharf geladen, so daß seine Wohnung sozusagen im Belagerungszustand ist. Übrigens war die Stimmung in Paris sehr satirisch, und es fehlte nicht an Calembours über die »Reise im Schlitten«.
     
    L., 18. Januar 13
    Allen Vermutungen nach wird die Errichtung einer neuen Armee jenseits der Elbe stattfinden. Das uns zu Kantonierungen angesagte, teils aus französischen, teils aus neapolitanischen Regimentern zusammengesetzte Greniersche Corps ist wieder abbestellt worden und muß jenseits der Elbe bleiben. Nur eine Brigade, die schon zu nahe heran war, ist in Berlin eingerückt. Auch die transportablen Blessierten und Kranken werden über die Elbe gebracht. Von Generalen und höheren Offizieren zieht noch immer eine gute Zahl ihrer Heimat zu. Was die Polen vorhaben und, vor allem, was der österreichische Hof tun wird, davon wissen wir hier nichts. – Ein Schweizer sagte mir letzthin, daß die schöne Schweizer Division auf höchstens 600 Mann zusammengeschmolzen sei; er hatte fünf Verwandte, die als Offiziers dabei standen, verloren. Und so steht es mit allen Auxiliartruppen. Unsere beiden Husarenregimenter und das Ulanenregiment, welche mit zur Großen Armee herangezogen waren, bestanden zuletzt nur noch aus 400 Mann. Und in diesem Augenblicke weiß niemand, wo sie sind. Von Österreichs Haltung hängt jetzt alles ab. Kaiser Franz könnte nicht nur den Ausschlag in der Sache geben, es war auch noch keine Periode so günstig, ihm das Verlorene wieder einzubringen. Man ist aber schon gewöhnt, daß

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