Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
Bereitschaft sein müssen, um die »Freunde«, ihre Bagage, Lebensmittel und Munition zu fahren. Das geht dann so weiter von Etappe zu Etappe, so daß täglich einige tausend Pferde in Bewegung sind. Ein solcher Vorspannwagen muß fünf Tage lang auf seine Kosten in Berlin sein, und da viele dieser Fuhrwerke von sechs bis acht Meilen entfernten Dörfern heranbeordert werden, so gehen dem Bauer und Gutsbesitzer oft acht bis zehn Tage an der Heu- und Feldarbeit verloren. Gestern ist mein einer Knecht nach siebentägiger Abwesenheit zurückgekommen, und ich werde froh sein, wenn ich nicht in der folgenden Woche wieder ein Gespann abschicken muß. Da die Menschen- und Pferdeschinder auf die Wagen laden, was diese nur irgendwie halten können, so werden die Pferde schändlich abgetrieben. Wegen der Vermögensteuer ist auf dem Lande noch nichts in Ordnung; in Berlin aber wird gewaltsam zugefahren, was unter den kleinen Bürgern eine heftige Bewegung veranlaßt. Und mit Recht. Ein gutes Ende nimmt das nicht, denn jeder sagt sich, wenn schon der Hinzug der Truppen uns an den Bettelstab bringt, was wird erst sein, wenn sie wiederkommen? Ich erschrecke bei dem Gedanken, daß sie zurückgetrieben werden könnten; denn da bliebe uns nichts. Ich beklage Glogau, daß es, wie Du mir schreibst, eine mediterranische Einquartierung bekommt; das wird wohl ein zusammengestoppeltes Corps von Italienern, Spaniern etc. sein, ebenso schlecht wie die Illyrier. Vorgefallen muß übrigens schon etwas jenseits des Niemen sein, denn die beiden Massen waren schon zu nah, um sich nicht zu berühren. Und wie muß es nun erst in den Gegenden aussehen, wo eine halbe Million Menschen leben will! Von der Geschichte des Gr. von G. habe ich weiter nichts erfahren können. Wenn er der Mann ist, der er zu sein scheint, so wird er gewiß gesucht haben nach Holstein durchzukommen.
L., 21. Juli 12
Die französischen Offiziere, die zurückkommen, sind nicht sehr von dem Fortschreiten auf russischem Gebiet erbaut. Alle stimmen darin überein: »Viel Elend, schlecht Land, viel krank.« Einer hat auch geäußert: »Ruß retiriert, aber viel brav.« Aus seiner kauderwelschen Erzählung ließ sich schließen, daß die zu rasch nachjagenden leichten Truppen der Franzosen verschiedene Schlappen erlitten haben. – Am 6. August wird der König, wie es heißt, in Breslau sein und nach einem zweitägigen Aufenthalt Neiße besuchen. Von dort aus nach Prag und von Prag nach Töplitz, woselbst er baden und um eine österreichische Prinzessin werben wird. So wenigstens sagt man im Publikum. Vielleicht ohne Grund.
1. August 12
Daß die Hospitäler voll von Kranken sind und daß in einigen Gefechten auf dem rechten Flügel unter Nachteil gekämpft worden ist, das sagt man sich ins Ohr. Letzteres scheint sich dadurch zu bestätigen, daß König Hieronymus das Kommando dieses Flügels an Davoust hat abgeben müssen. Wir werden mit Phrasen in Unwissenheit erhalten. So hat beispielsweise kein Bulletin etwas von der Einnahme von Badajoz erwähnt und doch stand der Bericht Wellingtons darüber in der Petersburger Zeitung, die noch vor Ausbruch des Krieges nach Berlin kam. – Letzten Sonntag zog ein Regiment Chasseurs hier vorbei nach Stralsund, ein Zeichen, daß man nach wie vor eine Landung seitens der Schweden befürchtet. Es mag wohl etwas der Art im Werke sein, denn in ganz Pommern heißt es, daß ein Truppencorps in Karlskrona zusammengezogen werde. Die können aber nur zu Hause bleiben. Wenn sie kämen, so hätten wir sie bloß auf dem Halse und im ganzen würd es nichts fruchten.
L., 7. Oktober 12
Täglich gehen jetzt Züge von Remontepferden für die Sachsen durch Gransee. Ihrer sind in allem 800, die in Mecklenburg und Holstein aufgekauft wurden, aber elende Dinger sein sollen. – Die republikanischen Pariser Aufrührer sind, wie ich’s dachte, schon totgeschossen. So wird denn »la terreur« die andern vom Komplottieren wohl abhalten. Daß man aber dem Moreau bei dieser Gelegenheit noch einen Schandflecken anhängen will, hat mich verdrossen. Moreau hatte ja hiermit nicht das geringste zu tun.
L., 30. Oktober 12
Der eingefallene bedeutende Frost wird wohl nach Nordosten hin augenblickliche Ruhe schaffen, wir aber werden alles nachkommende Volk mittlerweile füttern müssen. Es geht nun gerade wieder wie nach der Eylauer Schlacht; man läßt dem großen Würger Zeit, sich wieder in Positur zu setzen.
L., 3. November 1812
Was die
Weitere Kostenlose Bücher