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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Flecken, als eine Stadt. Auch Benàtek hat seine Geschichte. Hier befand sich das Observatorium, auf welchem Tycho de Brahe Meridiane zog und nebenbei dem Kaiser Rudolph II. (der Benàtek zur Stadt erhob) das Horoskop stellte. Nun lagen hier Zietensche Husaren; mit Abtheilungen vom Colberger Regiment saßen sie an dieser Stelle bunt durch einander, bei ausgehobenen Fenstern, in einem von Geisblatt umrankten Gartenhause, und spielten, unbekümmert um alle Sterndeuterei (sie waren die Sieger und bedurften keines Horoskops mehr) ihr Solo oder Dreikart unddampften ihre mit kaiserlichem Tabak gestopften Pfeifen. Sie mochten an Vieles denken, nur nicht an Kaiser Rudolf und Tycho de Brahe. Mir war es interessant, dem Namen und den Spuren dieses letzteren hier wieder zu begegnen. 1864, als mich der dänische Krieg ebenso nach Kopenhagen, den Inseln und Jütland führte, wie jetzt der österreichische Krieg nach Prag und Böhmen, hatte ich, im alten Dome zu Aarhuus, von dem Marmormonument von Manderup Parsberg gestanden, der (wie mir der Küster erzählte) dem Tycho de Brahe im Duell die Nase abhieb und hatte dann eine Woche später, im Vorüberfahren an der kleinen Sund-Insel Hven, die Trümmer jener Uranienburg aufragen sehen, die König Frederick II., allen Forderungen seines Günstlings und Hofastronomen nachgebend, damals inmitten des prächtigen Sundpanoramas (zwischen Kopenhagen und Helsingör) errichtet hatte. Aber diese Tage des Glanzes am dänischen Hofe hatten nicht Dauer gehabt; im Unmuth war Tycho aus seiner Heimath geschieden, um endlich am Hofe Kaiser Rudolfs II. seine Laufbahn zu schließen, seine letzte Ruhe zu finden. Gestern erst hatte ich, in der Prager Teynkirche, am Grabstein des berühmten Astronomen gestanden, heute, in Benàtek, stand ich, wie vor zwei Jahren, an einer ehemaligen Stätte seines Wirkens, freilich an einer bescheideneren als jene Uranienburg im Sunde.
    Von Benàtek führt der Weg nach Jung-Bunzlau , prächtig gelegen auf einem länglichen Hügel, mit einer castellartigen Kaserne, die in das Iserthal hinunterblickt. Man hat hier Fernblicke auf das ganze Amphitheater des Riesengebirges, mit dem »böhmischen Sattel«, zwei merkwürdigen Felsennadeln, die mit alten Burgruinen gekrönt sind. Auch in der Nähe der Stadt ragt eine solche, arg zerrissene, aber massenhaft empor,die Burg Michalowitz , der Sage nach die Heimath jenes Ritters Dalibor, der im Prager Gefängnis die Geige so schön spielen gelernt, daß er einer der beliebtesten Sagenhelden des musikliebenden Böhmer-Landes geworden.
    Nach Jung-Bunzlau folgte Münchengrätz , das wir erst bei völliger Dunkelheit erreichten, übrigens ohne Sorge für uns, da der nächste Tag uns dahin zurückführen sollte. Zwei Stunden später waren wir in Turnau . Hier nahmen wir Nachtquartier und rüsteten uns für den anderen Morgen.
    Dieser Morgen kam und mit ihm, in korrekter Reihenfolge, unser Besuch der Gefechtsfelder von Podoll und (Tags darauf) von Münchengrätz; ehe ich indessen zu einer Schilderung dieser Oertlichkeiten übergehe, versuche ich es, die Eindrücke wieder zu geben, welche diese zehnstündige Fahrt durchs Böhmer-Land auf mich gemacht hatte. Ich werde bei Wiedergabe dieser Eindrücke allerdings die Erfahrungen der nächsten Tage gleich mit zu Hülfe nehmen, so daß alles Nachstehende ein breiteres Fundament haben und, irrig oder nicht, nach der Seite des Urtheils hin einer Art Gesammt-Resultat meiner Reise entsprechen wird.

VI Land und Leute
     
    Ich beginne dies Kapitel, das sich ausschließlich (wie bereits angedeutet), damit beschäftigen wird, Gesammt-Eindrücke wiederzugeben, mit dem Bekenntniß, daß ich in die vielfach laut werdenden Klagen, ja, es muß ausgesprochen werden, in den Ton der Verachtung und Empörung nirgends habe einstimmen können; – weder die Dinge noch die Personen sind mir an irgend einer Stelle von einer besonders häßlichen Seite entgegentreten. Ich leugne damit nicht die Richtigkeit dessen, was andere beobachtet oder an sich selbst erfahren haben; ich gebe nur einfach wieder, was von mir persönlich wahrgenommen worden ist.
    Zunächst ein Wort über das Land. Daß es schön ist, hob ich schon hervor; es ist aber auch eigenthümlich. Diese Eigenthümlichkeit liegt zum Theil in den Kulturverhältnissen, in der Art und Weise, wie das Land bebaut und bewohnt ist. Es fehlen – ganz im Gegensatz zu andern slawischen Ländern – die weiten Flächen ; auf verhältnismäßig kurze Distanzen hin

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