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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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der Phantasie nirgends Nahrung gab, und wenn es gar Winter war, so konnten einem die armen halberfrorenen Lehrlinge mit ihren braunen Pulswärmern und den Handschuhen ohne Finger vollends die Freude verderben. Von all diesem Unschönen war hier in Swinemünde keine Rede. Der Schönebergsche Laden – der sehr im Pluralis auftrat, denn es war eine ganze Reihe von Läden – barg eine Welt der verschiedensten Dinge, was wohl in dem regen Seeverkehr der Stadt seinen Grund hatte. Wenn ein Schiffskapitän hier eintrat, der seine Brigg zu einer Fahrt um Kap Hoorn herum ausrüsten wollte, so fand er hier alles, was er brauchte: Kompaß und Barometer für sein Schiff, Frieshemden und wollene Mützen für seine Matrosen, vor allem aber auch allerhand feine Dinge für sich selbst; dazu Geschirr für Küche und Kajüte. Das Geschirr buntester und mannigfachster Art bildete, so jung ich war, doch schon damals einen Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit für mich, teils um seiner geschmackvollen Formen und Ornamente, teils um seines Materials willen. In unserem Binnenlande, trotz vereinzelter Bemühungen, es zu bessern, lagen alle diese Dinge noch sehr im argen, und braunes   »Bunzlau« beherrschte vorwiegend den Markt, was sich hier in dem Schönebergschen Laden aber meinem Auge bot, war ausschließlich englisches Geschirr, vieles in Fayence (sog. Wedgwood), andres in Britannia-Metall. Ich war immer helles Staunen und Bewunderung, und nicht bloß dem zu Kauf Stehenden, sondern auch den die Honneurs des Hauses machenden Verkäufern gegenüber, Vater und Sohn. Der Vater, noch ein schöner Mann, exzellierte gleichmäßig in Umgangsformen und weißester Wäsche, während sein Sohn, auf den sich von der Mutter her eine das Kränkliche streifende Zartheit vererbt hatte, diese Zartheit durch etwas sehr Bestimmtes in seinem Wesen wieder wettzumachen wußte. Dezidiert und verbindlich zugleich, diese Charaktermischung war es denn auch, die ihn, mehr noch als sein Reichtum, das schönste Mädchen der Stadt heimführen ließ, eine leuchtende, echt germanische Blondine, einzige Tochter des im übrigen mit Söhnen beinah allzureich gesegneten Scherenbergschen Hauses.
    Die Scherenbergs, denen ich mich nun zuwende, stammten ursprünglich aus Westfalen, wo sie, mehrere Jahrhunderte zurück, den noch jetzt bei einem Zweige der Familie verbliebenen Sieger-Hof besaßen. Andere Zweige verließen ihre heimatliche Provinz und übersiedelten teils westlich ins Jülich-Clevesche, teils östlich bis an die Oder hin, wo sie sich in Stettin und später in Swinemünde niederließen.
    Das Haupt dieses Stettin-Swinemünder Familienzweiges war zu der Zeit, von der ich hier berichte, Johann Theodor Scherenberg, ein Sechziger, dessen ältester Sohn, Christian Friedrich, damals schon über dreißig Jahre zählte, während der noch unter uns lebende Maler Hermann Scherenberg eben erst das Licht der Welt erblickt hatte. Diese starken Jahresunterschiede waren darin begründet, daß der alte Scherenberg zweimal verheiratet war, in erster Ehe mit einem Fräulein Courian, in zweiter Ehe mit einem Fräulein Villaret, beide der Stettiner französischen Kolonie entstammend. Aus diesen Eheschließungen mit Damen von durchaus französischer Eigenart erklärt es sich auch wohl, daß durch jetzt drei Generationen hin alle oder doch fast alle diesem Swinemünder Zweige der Scherenberg-Familie Zugehörigen eine ausgesprochene, zum Teil von sehr   bemerkenswerten Erfolgen begleitete Vorliebe für die schönen Künste gehabt haben. Denn wenn es auch – ich habe darüber mit dem verstorbenen Konsistorialrat Fournier, dem besten Kenner auf diesem Gebiete, mehr als einmal eingehende Gespräche führen dürfen – als sicher gelten darf, daß auf allgemeine geistige Veranlagung hin angesehn, von einer im vorigen Jahrhundert von seiten der Kolonieleute noch als eine Art Dogma betrachteten Überlegenheit längst keine Rede mehr sein kann, so möchte ich doch beinah annehmen, daß in bezug auf künstlerische Beanlagung (Handgeschicklichkeiten mit eingeschlossen) auch in diesem Augenblicke noch die Nachkommen der »Kolonie« den berlinischen Autochthonen – ganz speziell diesen, im Gegensatz zu dem Zuzug aus andern deutschen Landesteilen – um einen guten Pas voraus sind. Ich glaube dies mannigfach beobachtet zu haben, aber freilich in keinem Falle gleich auffällig wie in dem Fall Scherenberg. Überblicke ich mit Umgehung der Damen, in deren Reihen sich vielfach dieselbe

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