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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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darüber mischt, daß ich über diese, meiner Gedichtsammlung angefügten herrlichen Sachen niemals auch nur ein sie bloß kurz erwähnendes Wort gehöre habe, was sie doch am Ende verdienen. Über das, was man bloß übersetzt hat, kann man allenfalls so sprechen.
    Ich gehörte dem Tunnel unausgesetzt ein Jahrzehnt lang an und war während dieser Zeit, neben Scherenberg, Hesekiel und Heinrich Smidt, das wohl am meisten beisteuernde Mitglied des Vereins. Die große Mehrzahl meiner aus der preußischen, aber mehr noch aus der englisch-schottischen Geschichte genommenen Balladen entstammt jener Zeit, und manche glückliche Stunde knüpft sich daran. Die glücklichste war, als ich – ich glaube bei Gelegenheit des Stiftungsfestes von 1853 oder 54 – meinen »Archibald Douglas« vortragen durfte. Der Jubel war groß. Nur einer ärgerte sich und sagte: »Ja, wer so vorlesen kann, der muß siegen.« Der betreffende Neidhammel versah es aber damit total, und statt mich zu deprimieren, hob er mich umgekehrt in meinem Glücke nur noch auf eine höhere Stufe. Für gewöhnlich nämlich hieß es, ich läse meine Sachen so furchtbar schlecht, so pathetisch und so monoton vor, daß ich mir alles immer selbst verdürbe. Und nun war ich mit einemmal auch als Vorleser proklamiert! Das tat mir ganz besonders wohl. Über das »andre« war ich immer weniger in Sorge.
    Im Sommer 1855 verließ ich Berlin und war jahrelang fort:. Als ich dann später wieder eintrat, war ich dem Tunnel entfremdet und nahm nur sehr selten noch an seinen Sitzungen teil. Zuletzt schlief es ganz ein. Ob ich mich oder ob sich der Tunnel verändert hatte – ich weiß es nicht; aber das letztere will mir das Wahrscheinlichere bedünken.
    Ich wende mich nun in diesem und einer ganzen Reihe folgender Kapitel den einzelnen Mitgliedern des Tunnels zu, die nach Namen und Beruf schon eingangs von mir aufgezählt wurden. Über einige, Scherenberg, Friedberg, Widmann, Orelli, Schramm, habe ich schon vor Jahren in meinem Buche: »Christian Friedrich Scherenberg« gesprochen, weshalb alle diese hier übergangen werden sollen. In betreff anderer, was ich hier auch vorauszuschicken habe, könnte es freilich auffallen, daß ich Berühmtheiten – fast mit alleiniger Ausnahme von Storm – verhältnismäßig kurz, Unberühmtere dagegen oder selbst völlig ungekannt Gebliebene mit einer gewissen Ausführlichkeit behandelt habe . Manchem wird dies als eine Willkürlichkeit erscheinen. Ich bin aber durchaus wohlüberlegt dabei verfahren, davon ausgehend, daß die Berühmtheiten, sei’s in eignen Memoiren, sei’s in Kunst- und Literaturgeschichten, unter allen Umständen auf ihre Rechnung kommen, während die mit geringeren Chancen Ausgerüsteten um ebendeshalb hier einen Voranspruch erheben dürfen.
    Ich beginne mit einer Berühmtheit, mit
    Graf Strachwitz
    Graf Moritz Strachwitz . Strachwitz – Götz von Berlichingen – war, als ich in den Sonntagsverein eintrat, schon in seine Heimatprovinz Schlesien zurückgekehrt, aber er lebte noch unter den Tunnel-Leuten, und wo drei zusammen waren, da war er Gegenstand der Unterhaltung. Wie sich in den letzten dreißig Jahren innerhalb des Tunnels alles um Scherenberg drehte, so während der kurzen Epoche von etwa 1840 bis 1843 alles um Strachwitz. Er war zu genannter Zeit nicht bloß Mittelpunkt des Vereins, sondern zugleich auch aller Stolz und Liebling. Nach allem, was ich über ihn, namentlich aus Bernhard von Lepels Munde, gehört habe, lag zu dieser ihm eingeräumten Stellung auch die vollste Berechtigung vor, denn er zählte zu den immer nur dünn Gesäten, die nicht bloß Dichter sind , sondern auch so wirken . Er war wie seine Lieder: jung, frisch, gesund, ein wenig übermütig, aber der Übermut wieder gesänftigt durch Humor und Herzensgüte. So kam es, daß nicht bloß ein engerer, sich aus Mühler, Friedberg, Merckel, Lepel, von Loos, Baron Budberg und Graf Henckel zusammensetzender Kreis dem in der Ferne Weilenden eine große Liebe bewahrte, sondern daß auch das Tunnel-Gros d’armée: Studenten und junge Kaufleute, von gleicher Anhänglichkeit erfüllt waren. Und von solcher Anhänglichkeit erfüllt erwies sich auch Strachwitz selbst, der seine Beziehungen nicht ohne weiteres abbrach, sondern brieflich im Verkehr mit dem Tunnel blieb. Er schickte Neues mit einer gewissen Regelmäßigkeit ein, und die Vorlesung davon nahm mehr als eine Sitzung in Anspruch. Dies setzte sich durch geraume Zeit hin fort, und wenn ich

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