Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
Dank auszusprechen. Aber das war durchaus nicht in der Ordnung, und als er gleich danach die Straße hinunter schritt, hörte er hinter sich her die von Lachsalven begleiteten Worte: »Geheimrat, haha… Geheimrat aus Berlin , hahaha.« Lucae hatte wieder einmal fehlgeschossen.
Im allgemeinen liegt es ja – bei Gelegenheiten wie die hier geschilderten – Gott sei Dank so, daß das »Ja« gerade so richtig ist wie das »Nein«; aber Lucae gehörte nun einmal zu den Unglücklichen, deren Entscheidung immer in die falsche Schale fällt.
Er war ein ausgezeichneter Lehrer, besonders förderlich durch die allgemeinen Anregungen, die er gab; seine Schüler an der Bauakademie sind seine Freunde geblieben und sprechen mit ähnlicher Liebe von ihm wie die Polytechnikumschüler von Friedrich Eggers.
Wollheim da Fonseca
Chevalier Wollheim da Fonseca . – Wollheim, ich schicke einige trockene biographische Notizen vorauf, war
1810 in
Hamburg als Sohn eines aus Breslau eingewanderten Lotteriekollekteurs geboren. Er studierte in Berlin Philosophie und Staatswissenschaften, ging 1831 nach Paris und kehrte – nach Abenteuern und Weltfahrten, die ihn zunächst nach Portugal und Brasilien geführt, und im weiteren Verlauf unter Übertritt zum Katholizismus zum »Chevalier da Fonseca« gemacht hatten – Ende der dreißiger Jahre nach Hamburg zurück, um sich daselbst ausschließlich literarischen Arbeiten zu widmen. Er gründete die Zeitschrift »Kronos«, übertrug dänische Gedichte – das von ihm übersetzte »Moens Klint« gehörte zu den Lieblingsstücken meiner jungen Jahre –, war Kritiker und Dramatiker und schrieb verschiedene Schauspiele, darunter »Dom Sebastian«, in dessen Titelrolle sich der damals in erster Jugend stehende Hermann Hendrichs auszeichnete. In den vierziger Jahren übersiedelte Wollheim nach Berlin und lebte hier bis 1852 als Dozent der orientalischen und der neueren Sprachen.
Während dieser seiner Berliner Tage ward er auch Tunnel-Mitglied und war zeitweilig ein ziemlich regelmäßiger Besucher. Man ließ ihn gelten, verhielt sich jedoch mehr oder weniger ablehnend gegen ihn, was alles in allem auch nur in der Ordnung war. Er gehörte trotzdem aber, wie sich das schon aus den vorstehenden Notizen ergibt – nur Assessor Streber kam ihm im »Exotischen« gleich –, zu den interessanteren Figuren des Vereins. Bereits sein Doppelname »Wollheim da Fonseca« sorgte dafür. Sah man ihn, so war er ganz Wollheim, hörte man ihn, so war er ganz da Fonseca. Er spielte sich nämlich in allem, was er sagte, ganz besonders aber wenn sogenannte »große Fragen« berührt wurden, auf den scharfen Katholiken hin aus, was ausgangs der vierziger Jahre fast zu einem Tunnel-Duell geführt hätte.
Dies kam so. Wollheim bewohnte, während seines Berliner Aufenthaltes, ein bescheidenes kleines Zimmer in der Luisenstraße und hatte über dem Waschtisch, der dicht neben der Eingangstür in einer durch Wand und Kleiderschrank gebildeten Ecke stand, eine »Ewige Lampe« angebracht. Diese »Ewige Lampe« schockierte mehrere Vereinsmitglieder, besonders den Charité-Rendanten Müller, der im Tunnel natürlich »Ernst Schulze« hieß und sich – vielleicht um sich als solcher zu legitimieren – dann und wann in ursentimentalen Gedichten erging. Diese Sentimentalität hielt ihn aber nicht ab, mit vieler Malice darüber nachzusinnen, wie er dem da Fonsecaschen Erzkatholizismus, an den er natürlich nicht glaubte, einen Schabernack spielen könne. Die Gelegenheit dazu fand sich bald. Müller erschien eines Sonntags bei Wollheim, um diesen zum Tunnel abzuholen, und im selben Augenblicke, wo man das Zimmer gemeinschaftlich verlassen wollte, trat Müller an das kleine Binsennachtlicht heran, steckte sich die Zigarre an und pustete dann die »Ewige Lampe« aus. Daraus entstand eine sehr heftige Szene, und am nächsten Sonntag sollte die Sache im Grunewald, ganz in der Nähe von Pichelsberg, mit Pistolen ausgefochten werden. Zum Glück hatte Louis Schneider die Sache in die Hand genommen und hielt, als man sich in zwei großen Kremsern dem Pichelsberger Gasthause näherte, eine seiner berühmten Ansprachen, worin er ausführte, daß, laut Tunnel-Statut, konfessionelle Gegnerschaft als für beide Teile straffällig angesehen werde, daß das Duell außerdem ein Unsinn und unter allen Umständen ein mehrfacher Flaschenwechsel einem einfachen Kugelwechsel vorzuziehen sei. Damit waren schließlich beide Parteien einverstanden,
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