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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Vorbereitung für den Abend. Selbst der Mann in der Würfelbude nickte, denn niemand in der heißen Nachmittagsstunde war da, der sein Glück hätte versuchen mögen. So war das Budentreiben, das in diesem Augenblick kein Treiben war.
    Aber der von Phemi beliebte Weg lief auch nur eine kurze Strecke lang in Front dieser Buden hin und bog vielmehr nach fünfzig Schritten schon an einem mehrstöckigen Karussell vorbei, dessen Fahnen jetzt schlaff in der Luft herabhingen, in einen hinter der Budenreihe hinlaufenden Seitenweg ein.
    »Ah, hier fängt es an«, sagte Phemi, während sie sich voll augenscheinlicher Befriedigung umblickte. »Hier sind wir hinter den Kulissen.«
    Und wirklich, es war, wie sie sagte. Der den langen Degen verschluckende Spanier, der magere Feuerkönig, der Herkules, der sich den Amboß auf die Brust packte, und der Pyramidenmann, der sich seine drei Kinder auf die Schultern stellen läßt – alle traten einem hier in schöner Menschlichkeit entgegen, am menschlichsten aber, wie selbstverständlich, die Frauen, die sich, während sie wuschen und plätteten oder ein Kleidungsstück mit einem neuen Flitter besetzten, zu gleicher Zeit ihren zum Teil weitgehendsten Mutterpflichten unterzogen. Es war nichts Schlimmes, was dabei zutage trat; da man indes nicht wissen konnte, was vielleicht noch komme, so waren beide Damen und sogar Phemi doch schließlich froh, als sie die »Wohnungswagen« hinter sich und statt ihrer die nun beginnende Reihe der Gepäckwagen zur Seite hatten. Es fehlte hier an all und jedem Beängstigenden, und an Stelle davon traten Genrebilder von durchaus harmlosem Charakter. In einer an vier Ketten hängenden Schoßkelle schlief eine Hundefamilie, während auf dem Rand einer großen Trommel ein ältlicher und etwas fadenscheiniger Rabe saß, in betreff dessen es zweifelhaft blieb, ob er sich bloß zufällig hier eingefunden oder aber den Rang eines wirklichen Mitglieds der Truppe habe. Phemi war natürlich der letzten Ansicht und beteuerte wiederholt, daß ein Schützenplatz ohne Wahrsagerei gar nicht möglich und die vorhin gesehene schwarze Frau mit dem Kind an der Brust aller Wahrscheinlichkeit nach die Lenormand dieses Kreises gewesen sei. Sie habe durchaus auch die Requisiten dazu gehabt: einen stechenden Blick und einen falschen Scheitel. Und das dritte sei eben dieser Rabe. Übrigens käme die Wahrsagerei wieder in Mode, was auch gut und erklärlich sei, denn je freier der Mensch werde, desto nötiger werd’ ihm der Hokuspokus.
    Graf Pejevics, der gerade vornehm genug war, um ungestraft liberalisieren zu können, wollte demgemäß widersprechen, aber Phemi ging mit Hilfe von Spiritismus und Amerikanismus, zwischen denen sie gleichzeitig auch allerlei natürliche Zusammenhänge finden wollte, sofort zu Beweisen über und zeigte sich dabei so beredt und zeitungsbelesen, daß man den ansteigenden Talweg bereits halb hinauf war, als der Anblick des jetzt in gleicher Höhe mit ihnen fahrenden Hotelwagens ihren Vortrag momentan unterbrach.
    »Ah, die Gräfin!« Und sie grüßte mit ihrem Tuch über die tiefe, mit Tannen besetzte Schlucht hinweg.
    »Phemi!« sagte Franziska.
    Phemi nahm aber den Tadel, der sich darin ausdrückte, nicht an und sagte nur lachend: »Ich weiß schon, was ich tu’. Frage nur Graf Pejevics. Man muß die vornehmen Leute nicht immer daran erinnern, daß sie vornehm sind.« Und dabei winkte sie ruhig weiter. »Übrigens laß dir sagen, Schatz, daß das alles nur uraltes Sommerfrischen- und Badevorrecht ist. In der Stadt rückt sich’s leichter wieder zurecht.«
    Eine Viertelstunde später waren unsere drei Fußgänger glücklich oben, und als gleich darnach auch der Wagen erschien, hatte Phemi bereits einen Platz gefunden, der jeden erdenkbaren Vorzug in sich vereinigte: temperierte Sonne, Schutz vor Wind und Zug und einen wundervollen Blick in die Landschaft.
    »Wie schön!« sagte die Gräfin, und Franziska gab ihr ein Mäntelchen um, während Egon ein Kissen aus dem Wagen und Graf Pejevics eine Fußbank herbeiholte. »Hier bleiben wir, nicht wahr, und schonen unsere Kräfte? Wenn man das Gute hat, muß man das Bessere nicht auf allerlei Gefahr hin haben wollen. Und nun, Egon, mache den Wirt; oder besser noch, Fräulein Phemi. Zu der hab’ ich ein Vertrauen und bin ganz sicher, daß sie nicht bloß den artigsten und raschesten Kellner, sondern auch den besten und frischesten Kuchen für uns entdecken wird.«
    Und nun kamen die heiteren Stunden oben

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