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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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höchstens Kopfschmerzen haben sollen. Meiner Meinung nach brauchte er nicht mehr als ein paar ordentliche Schlucke Wasser und einige Stunden Ruhe.
    »Ich bin erstaunt, Helena, dass sich Milon, obwohl er sich in der fachkundigen Pflege einer Matrone aus Elis befand, nicht wieder erholt hat.«
    »Gerate niemals mit einer Bürgerinnengilde aneinander«, warnte Helena düster. »Vergiss ihr Herumwerkeln mit den Bienenstöcken, Marcus. Wir sind im Land der Medea, der kindermordenden Mutter, der Klytämnestra, die ihren Ehemann ermordete, großer kräftiger Mädchen wie den kämpfenden Amazonen, die sich die eigenen Brüste abschnitten, um nicht mit den Bogensehnen daran hängenzubleiben … Hör zu. Nachdem du gegangen bist und Megiste ihren Schleier abnahm, sah ich, dass sie ein blaues Auge hatte. Ich fragte, ob ihr Mann sie geschlagen habe. Sie behauptete, es sei im Heratempel passiert.«
    »Ich nehme an, sie ist gegen eine Cella-Tür gestoßen?«
    »Ja, und wie passend. ›Gegen eine Tür stoßen‹ ist eine sehr traditionelle Ausrede.«
    »Ich bekomme allmählich den Eindruck, Helena, dass der Rat der Sechzehn zum Aufräumen gerufen wird, wenn es in diesem Heiligtum einen Skandal gibt. Ich bin mir nicht so sicher, dass Milon von Dodona Valeria getötet hat. Valeria war mit gelbem Athletenstaub bedeckt, und mir fiel auf, dass Milon grauen benutzte. Vielleicht nicht unbedingt ein Beweis, aber doch ein Anzeichen.«
    »Also wurde Valeria nicht von Milon umgebracht?«
    »Und Milon wurde nicht vom jungen Glaucus getötet. Doch es könnte für einige Leute vorteilhaft sein, wenn es so aussieht.«
    Leise sagte Helena Justina: »Stell dir Milon von Dodona vor, halb weggetreten von dem Schlaftrunk. Es könnte knifflig sein, die genaue Dosis für einen Mann von seiner enormen Größe zu berechnen. Dann wäre es schwierig, mit ihm fertig zu werden, wenn er um sich schlägt – was er bestimmt tun würde, falls die Dosis zu gering war und er so weit zu sich kommt, um zu merken, dass er mit einem Kissen erstickt wird, zum Beispiel. Jeder, der das Kissen runterdrückt, könnte ein blaues Auge davontragen.«
    »Das ist doch rein hypothetisch.«
    »Es stimmt aber, Marcus!« Helena war selten so voreingenommen. Sie musste Megiste wirklich verabscheuen.
    »Doch warum musste Milon zum Schweigen gebracht werden?«, sinnierte ich. »Tja, wenn er tatsächlich was mit Valeria hatte, muss er nach ihrem Tod die Hosen gestrichen voll gehabt haben. Für jeden, der herausfand, dass er sie gekannt hatte, musste er schuldig wirken. Er hatte zwar einen eindrucksvollen Körper, aber wenig Grips im Hirn, einem Hirn, das in seiner Sportlerlaufbahn schon einiges an Schlägen abbekommen hatte …«
    Helena nahm den Faden auf. »Der Rat der Sechzehn könnte ihm ursprünglich Schutz geboten haben. Er war Grieche, war möglicherweise unschuldig, und selbst wenn sich Valeria ihm gegenüber unzüchtig verhalten hatte, könnten ehrbare Frauen mit traditionellen Wertvorstellungen das Gefühl gehabt haben, dass ein Mann immer im Recht ist. Für den Rat hatte Valeria ihr Schicksal verdient.«
    »Schwachsinn. ›Ehrbare Frauen mit traditionellen Wertvorstellungen‹ sind tödlich!« Ich hatte Helena ein Lächeln entlockt. »Dann kommt Didius Falco daher. Selbst dem Rat der Sechzehn war es nicht gelungen, den Skandal zu vertuschen. Die Frauen waren gezwungen, mit oder ohne die Hilfe der Priester des Zeus, sich eine neue Taktik auszudenken. Jemand überredete Milon, mich anzugreifen.«
    »Als das dank Glaucus misslang, befürchteten sie vielleicht, es würde auf sie zurückfallen. Ich vermute, die Priester haben ihn auf dich angesetzt«, meinte Helena, »während die Frauen es für eine dämliche Idee hielten, weil du dadurch von Milons Existenz erfuhrst. Du warst kurz davor, seine Verbindung zu Valeria zu entdecken. Nach dem Diskusvorfall hättest du möglicherweise mit ihm reden wollen …«
    »Ja, wenn ein gigantischer Drecksack mich angreift, wechsle ich danach immer ein paar nette Worte mit ihm!«
    Helena empfand ihre eigene düstere Verärgerung. »Gut möglich, dass die Priester oder der Rat der Sechzehn oder beide beschlossen, Milon müsse jetzt bestraft werden, entweder für seine dämliche Tändelei mit dem Mädchen oder dafür, sie getötet zu haben, falls er es denn war. Wie auch immer, Marcus, vielleicht war Milons Zuneigung zu Valeria tatsächlich echt. Wenn du nachgebohrt hättest, dann hätte er dir eventuell verraten können, was er über ihren

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