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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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vorbeikommen. Bitten Sie sie, da zu sein. Ich bin eine sehr beschäftigte Frau.«
    In dem Bemühen, mich einzuschmeicheln, erwähnte ich, dass wir den Tempel besucht hätten. Um es zu beweisen, machte ich eine Bemerkung über das schön bemalte Terrakotta-Akroterion, einen der größten und prächtigsten Giebelfirste, die ich je gesehen hatte.
    »Ich hoffe, Ihnen ist auch aufgefallen, dass die dorischen Säulen alle unterschiedlich sind. Sie wurden vor vielen Jahren von verschiedenen Städten gestiftet. Der Heratempel ist der älteste hier«, sagte Megiste. »Darum lassen wir uns von den Priestern des Zeus auch nichts bieten.« Sie hielt inne. »Es gibt Dinge, die ich Ihrer Frau über Valeria Ventidia erzählen muss.«
    »Valeria? Das ist gut – aber nicht genug, Megiste. Wenn ich aus Olympia rausgeworfen werde, brauche ich ebenfalls rasche Antworten zu Marcella Caesia.«
    »Ah, das kleine Mädchen, das tot auf dem Kronoshügel gefunden wurde … Es tut mir leid. Niemand weiß, warum sie auf den Hügel gestiegen oder was passiert ist, als sie dort war. Jetzt muss ich meine Gedanken sammeln und mit Ihrer Frau sprechen. Dabei brauchen wir Sie nicht, Falco.«
    Mir platzte schier der Kragen. »Meine Frau hat leichte Magenbeschwerden …«
    »Oh, dafür kann ich ihr etwas mitbringen. In etwa einer Stunde.« Megiste spürte meine Rebellion. »Da Sie morgen abreisen, junger Mann, sollten Sie lieber eine forsche Wanderung auf den Kronoshügel unternehmen, falls Sie das noch nicht getan haben.«
    Herrische Frauen sind mir ein Greuel. Und wenn hier Kommandos ausgeteilt wurden wie kostenlose Geschenke im Amphitheater, besaß ich selber ein Mädchen, das damit umgehen konnte. Helena würde sich weigern, Befehle von dieser arroganten Trulla anzunehmen. Ich beschloss, mich beim Leonidaion herumzutreiben, um Megiste und Helena dabei zu beobachten, wie sie sich als Herausforderer in einer weiblichen Entsprechung des Pankration gegenüberstanden. Nachdem diese tyrannische Bürgerin mir dazu geraten hatte, dachte ich im Traum nicht daran, eine Wanderung zu unternehmen.
     
    XIX
    Nur wegen des Versprechens weiterer Informationen erklärte sich Helena bereit, dem Treffen zuzustimmen. Sie war wütend, dass sich der Rat der Sechzehn eingemischt und unseren Besuch vorzeitig beendet hatte. Die Tatsache, dass es sich um Frauen handelte, schien ihre Wut noch zu steigern.
    Sie nahm in einem Säulengang Platz und gab sich, umgeben von Schriftrollen, einen intellektuellen Anstrich. Ich stellte mir einen Hocker in die nächste Lücke und setzte mich untätig hin, die Sandalen beiseitegeworfen und die nackten Füße auf dem Piedestal einer Säule. Ich stocherte mit einem Zweig in den Zähnen. Auf dem Aventin wird so was als Beleidigung verstanden.
    Etwas später als angekündigt marschierte Megiste heran, ihre Begleiterin im Schlepptau, und stellte sich Helena vor, die – da sie jemanden von so renommierter Ehrbarkeit empfing – Albia als Anstandsdame bei sich hatte. Mir wurde von den Neuankömmlingen ein missbilligender Blick zugeworfen, doch danach beachtete mich niemand mehr. Die Begleiterin in dem farbenfrohen Chiton wandte mir den Rücken zu, so dass ich nicht mal mit ihr liebäugeln konnte.
    Helena gedachte, das Kommando zu übernehmen. »Wie nett, Sie kennenzulernen, Megiste. Mir wurde berichtet, wie sehr Sie sich in der Gemeinschaft einsetzen. Elis kann von Glück sagen. Wenige Städte bringen
sechzehn
ehrbare Frauen zusammen.«
    »Wir sind eine eng verbundene kleine Gruppe«, bestätigte Megiste.
    »Besteht der Rat jedes Jahr aus denselben?«
    »Wir versuchen neues Blut anzulocken. Freiwillige zu finden ist nie leicht, und Erfahrung zählt. Für gewöhnlich kommt dann wieder dieselbe alte Gruppe dabei heraus.«
    »Ich war von der Vorstellung ausgegangen, dass alle griechischen Frauen nach wie vor auf ihre häusliche Umgebung beschränkt sind, während ihre Männer ausgehen und ihren Spaß haben.« Das war beleidigend gemeint. Helena Justina verabscheute das griechische System, das Frauen in getrennten Teilen des Hauses einsperrte, außer Sichtweite von Besuchern.
    »Meine Mitglieder sind sehr traditionell«, sagte Megiste. »Wir glauben an die alten Sitten.«
    Noch nie hatte ich Helena so viel feixen sehen. »Weben und sich um die Kinder kümmern – oder die anmutige Kurtisane für das nächste Symposion des Ehemannes buchen?«
    Megiste ließ sich nicht so leicht beleidigen. »Ja, ich stelle die Hetäre gerne selber

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