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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Verdacht.
     
    XXVIII
    Helena sah aus, als könnte sie endlos weiterfragen, aber ich war erledigt. Da wir alle erwischt hatten, die zum Mittagessen in den Innenhof gekommen waren, packten wir zusammen und kehrten in unsere eigene Unterkunft zurück.
    Mit einer Empfehlung des Quästors sollte man doch annehmen, dass dieses Gästehaus zu den besten in Korinth gehörte. Jeder bedeutende Besucher begibt sich nach Ankunft in einer Provinzhauptstadt direkt zur Residenz des Statthalters, in der Hoffnung, dort in luxuriösen Räumen einquartiert zu werden. Unbedeutenderen Sterblichen wird eher mitgeteilt, dass gerade unerwartet eine Gruppe von Ex-Konsuln eingetroffen ist – doch dann sollte man sie in Hotels schicken, in denen man wenigstens den Bettwanzen Benimm beigebracht hat und der Gastwirt Latein spricht.
    Tja, das wäre der Idealfall. Unterkünfte auszusuchen gehört zum Tätigkeitsbereich eines jungen Quästors. Er selbst ist in der Residenz untergebracht und hat daher nie in einem der heruntergekommenen Gästehäuser übernachtet, in die er die Leute schickt. Er kennt sie nur, weil deren kriecherische Besitzer ihm Geschenke gemacht haben, vermutlich etwas, das in einer Amphore geliefert wird, und er ist so unerfahren, dass er nicht mal beurteilen kann, ob der kostenlose Wein gut oder schlecht ist. Der Quästor ist erst fünfundzwanzig, auf seinem ersten Posten, und ist zuvor nur mit seinem Vater gereist, einem herrischen Senator, der alles organisiert hat. Er hat keine Ahnung, wie man Zimmer bucht.
    Unser Gästehaus hieß Elefant. Es hätte schlimmer sein können. Es hätte auch viel besser sein können. Es besaß mehr Zimmer als das Kamel ein Stück die Straße hinauf und, laut dem Geschäftsführer, weniger Mücken als die Stute. Keines vermietete Kammern auf Stundenbasis an die Flittchen, was aber hauptsächlich daran lag, dass die Zimmer von planlosen Bauarbeitern renoviert wurden. Die Betten waren im Innenhof aufgestapelt, und daher war der Brunnen abgestellt, und das Frühstück musste in der Stute eingenommen werden, wo die Eindringlinge aus dem Elefant als Letzte bedient wurden, nachdem der Honig aus war. In unserer heruntergekommenen Herberge war alles voller Staub. Gaius war bereits über einen Stapel Dachziegel gestolpert und hatte sich das Bein angeschlagen. Zum Glück lief er gerne narbig und blutverschmiert herum. Hinten wurde ein großer Anbau mit erstklassigen Zimmern angefügt, war aber noch nicht fertig. Zimmer ohne Türen hätte ich hinnehmen können, doch ich fand, dass wir ein Dach brauchten.
     
    Die Nachmittagssonne wärmte noch angenehm. Die Bauarbeiter waren heimgegangen, wie Bauarbeiter das eben so tun. Wir wussten aus Erfahrung, dass sie um Mitternacht zurückkehren und schweres Material anliefern würden, wenn es auf den Straßen ruhig war.
    Helena und ich wischten Staub von einer Steinbank und nahmen vorsichtig Platz. Nux schlief in einem Sonnenfleck, ein entspanntes, vielfarbiges Fellknäuel, so fest zusammengerollt, dass ich nicht erkennen konnte, wo ihr Kopf war. Albia hockte auf dem Klapptisch eines Stuckateurs und schaute Glaucus beim Gewichtheben zu. Abgesehen von dem kleinsten Lendentuch, das ich je gesehen hatte, war er nackt.
    Albia deutete auf ihn und rief: »Der wunderschöne Junge!«
    Diesen Spruch hatte sie von den Päderasten in Olympia aufgeschnappt, die sich auf Vasen malen ließen, welche sie ihren jungen Liebhabern schenkten. Es ist doch immer wieder erfreulich, zu sehen, wie Reisen bilden. Und wie nervenaufreibend die Art war, in der Albia ihn betrachtete …
    Glaucus beachtete das Kompliment nicht. Bald beendete er sein Training und lehnte sich trübsinnig gegen einen Stapel abgenommener Fensterläden. Wenn ein großer, starker Mann unglücklich wird, ist das beunruhigend.
    »Was ist los, Sportsfreund?« Ich befürchtete, dass Albias Aufmerksamkeit zu viel für ihn war. Junge Mädchen bedrängen ständig scheue junge Männer (nun ja, die Mädchen vom Aventin hatten mich bedrängt), und Albia hatte nicht vergessen, dass sie in Britannien aufgewachsen war, wo entschlossene rothaarige Kriegerköniginnen gutaussehende Speerträger verführen, wenn ihre Gatten auch nur für einen Moment wegschauen. Doch das war es nicht. (Zumindest noch nicht.)
    »Ich mache mir Sorgen darüber, was ich Milon angetan habe, Falco«, gestand Glaucus mit gerunzelter Stirn.
    »Kampfsport ist immer mit Risiken verbunden, das muss dein Vater dir doch auch gesagt haben. Zuschauer hoffen auf

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