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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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nichtssagenden Blick an. Ein zufälliger Beobachter würde vermutet haben, er tue es bloß, um seine weißen Zähne zu zeigen. Aber Tom Smart sah darin ein triumphierendes Gefühl, das an der Stelle saß, wo das Herz des großen Mannes gewesen wäre, wenn er eins gehabt hätte. Tom lachte ihm ins Gesicht und verlangte die Wirtin zu sprechen.
    ›Guten Morgen, Madame‹, sagte Tom Smart, die Tür des Schenkstübchens schließend, als die Wirtin eintrat.
    ›Guten Morgen, mein Herr‹, antwortete die Witwe. ›Was befehlen Sie zum Frühstück?‹
    Tom dachte darüber nach, wie er die Sache einfädeln sollte, und gab keine Antwort.
    ›Es gibt vortrefflichen Schinken‹, fuhr die Witwe fort, ›und ein schönes gespicktes Hühnchen. Soll ich Ihnen eins bringen, mein Herr?‹
    Diese Worte weckten Tom aus seinem Nachdenken. Seine Bewunderung für die Witwe nahm zu, als sie sprach. ›Die gute Seele! wie man da versorgt wäre!‹
    ›Wer ist der Herr im Nebenzimmer, Madame?‹ fragte Tom.
    ›Er nennt sich Jinkins, mein Herr‹, antwortete die Wirtin, leicht errötend.
    ›Ein großer Mann‹, sagte Tom.
    ›Ein sehr schöner Mann‹, erwiderte die Witwe, ›und ein sehr gebildeter Herr.‹
    ›Ach was!‹ sagte Tom.
    ›Haben Sie noch etwas zu befehlen, mein Herr?‹ fragte die Witwe etwas verblüfft über Toms Benehmen.
    ›Nun ja‹, antwortete Tom. ›Liebe Frau, wollen Sie die Güte haben, einen Augenblick Platz zu nehmen.‹
    Die Witwe sah ganz verdutzt aus, setzte sich aber doch, und Tom setzte sich auch, und zwar hart an ihre Seite. Ich weiß nicht, wie es kam, meine Herren – wirklich, mein Oheim pflegte zu erzählen, daß Tom gesagt habe, er wisse es nicht, wie es gekommen sei, daß – doch dem sei, wie ihm wolle, Toms Hand senkte sich auf den Handrücken der Witwe, und blieb dort liegen, während er mit ihr sprach.
    ›Liebe Frau‹, sagte Tom Smart – er hielt immer viel darauf, den Liebenswürdigen zu spielen – ›Liebe Frau, Sie verdienen es, einen vortrefflichen Mann zu bekommen – ja, das verdienen Sie.‹
    ›Bitte, mein Herr‹, sagte die Witwe so höflich sie konnte, denn Toms Art und Weise, die Unterhaltung zu beginnen, war etwas ungewöhnlich, um nicht zu sagen abschreckend, besonders wenn man in Betracht zog, daß er sie vor dem vorhergehenden Abend noch mit keinem Auge gesehen hatte. ›Bitte, mein Herr.‹
    ›Ich bin ein Feind der Schmeichelei, liebe Frau‹, fuhr Tom Smart fort. ›Sie verdienen einen ausgezeichneten Mann, und wer immer es auch werden mag, er wird ein sehr glücklicher Mann sein.‹
    Als Tom das sagte, wanderten seine Augen unwillkürlich von dem Gesichte der Witwe auf die wohlausgestattete Umgebung.
    Die Witwe sah verblüffter aus als je und versuchte aufzustehen. Tom drückte ihr sanft die Hand, als wäre es nur, um sie zurückzuhalten, und sie blieb sitzen. Witwen, meine Herren, sind gewöhnlich nicht so scheu, wie mein Oheim zu sagen pflegte.
    ›Ich bin Ihnen sehr verbunden für Ihre gute Meinung‹, sagte die muntere Wirtin halb lachend, ›und wenn ich je wieder heirate –‹
    ›Wenn‹, wiederholte Tom Smart mit einem schelmischen Blick aus dem rechten Winkel seines linken Auges. ›Wenn –‹
    ›Nun‹, sagte die Wirtin, diesmal laut lachend. › Wenn ich es tue, so hoffe ich, einen so guten Mann zu bekommen, wie Sie ihn schildern.‹
    ›Jinkins zum Beispiel?‹ meinte Tom.
    ›Was fällt Ihnen ein, Sir?‹ rief die Witwe aus.
    ›O, sagen Sie mir nichts‹, versetzte Tom; ›ich kenne ihn.‹
    ›Ich bin überzeugt, niemand, der ihn kennt, kann ihm etwas Schlechtes nachsagen‹, versetzte die Witwe, aufgebracht durch die geheimnisvolle Miene, mit der Tom gesprochen hatte.
    ›Hm‹, murmelte Tom Smart.
    Jetzt glaubte die Witwe, gehöre es sich, zu weinen. Sie nahm ihr Taschentuch und fragte, ob Tom sie beleidigen wolle; ob er es für die Sache eines Mannes von Ehre halte, einem andern Ehrenmanne hinter seinem Rücken die Ehre abzuschneiden: warum er, wenn er etwas zu sagen hätte, es dem Manne nicht als Mann in« Gesicht sage, anstatt ein armes, schwaches Weib so zu ängstigen und dergleichen.
    ›Ich will es ihm deutlich genug sagen‹, erwiderte Tom, ›nur will ich, daß Sie es vorher hören.‹
    ›Was ist es denn?‹ fragte die Witwe, Tom aufmerksam betrachtend.
    ›Sie werden staunen‹, sagte Tom, seine Hand in die Tasche steckend.
    ›Wenn Sie damit sagen wollen, daß er geldbedürftig ist‹, äußerte die Witwe, ›so weiß ich das bereits, und Sie

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