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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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unwillkürlich.
    »Ja, kurzweilig; oder sind sie’s etwa nicht?« versetzte der kleine Alte, mit einem satanischen Seitenblick; und ohne eine Antwort zu erwarten, fuhr er fort:
    »Ich weiß noch einen andern Mann – wartet mal, ja, es mögen jetzt vierzig Jahre sein, – der eine alte, dumpfe, modrige Reihe von Zimmern in einem der ältesten Wirtshäuser mietete, die seit Jahren verschlossen waren und leerstanden. Man erzählte sich eine Menge Altweibermärchen über die Wohnung, und auf jeden Fall gehörte sie keineswegs zu den heitersten.
    Aber er war arm, und die Zimmer kosteten keine große Miete – ein hinreichender Grund für ihn, wenn sie auch noch zehnmal schlimmer gewesen wären, als es wirklich der Fall war. Er mußte einige niet- und nagelfeste, wurmstichige Hausgeräte mit annehmen – einen großen wurmstichigen Papierschrank mit großen Glastüren und einem grünen Vorhang dahinter. Es war ein ziemlich unnützes Ding für ihn, denn er hatte keine Papiere hineinzutun, und was seine Garderobe anbelangte, so trug er sie so ziemlich vollständig bei sich, ohne sich sonderlich dadurch beschwert zu fühlen. Er hatte jedoch seine ganze Habe herbeischaffen lassen – es war nicht ganz ein Karren voll – und es im Zimmer auf eine Art verteilt, daß seine vier Stühle womöglich ein Dutzend vorstellen sollten.
    Abends saß er vor dem Fenster und trank das erste Glas von zwei Maß Whisky, die er einstweilen auf Pump genommen hatte, wobei er Betrachtungen anstellte, ob er sie jemals bezahlen könnte, und wenn dieser Fall einträte, nach wieviel Jahren dies wohl möglich wäre; als seine Augen auf die Glastüren des Papierschranks fielen.
    ›Ach‹, seufzte er, ›wenn ich nicht genötigt gewesen wäre, dieses häßliche Ding da nach der Schätzung des alten Maklers mit in den Kauf zu nehmen, so hätte ich mir für das Geld was Ordentliches anschaffen können. Ich will dir was sagen, alter Kamerad‹, sprach er laut zu dem Schrank, bloß weil er sonst niemanden hatte, mit dem er sprechen konnte, ›wenn es nicht mehr kosten würde, dein altes Gerippe zu zerschlagen, als es je wert gewesen ist, so hätte ich in einem Nu Feuer aus dir gemacht.‹
    Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als aus dem Innern des Kastens ein Laut hervorkam, der einem schwachen Ächzen glich. Es erschreckte ihn anfangs. Aber nachdem er einen Augenblick nachgedacht hatte, bildete er sich ein, es müßte von irgendeinem jungen Manne im anstoßenden Zimmer herrühren, der vielleicht beim Mittagessen seinen Magen überladen hatte, weshalb er seinen Fuß auf die Feuerplatte setzte und das Schüreisen zur Hand nahm, um das Feuer anzuschüren. In diesem Augenblick wurde der Laut wiederholt. Eine der Glastüren öffnete sich ganz langsam, und eine blasse, abgemagerte Gestalt in einem schmutzigen, abgetragenen Anzuge ward sichtbar, die aufrecht im Schranke stand.
    Die Gestalt war groß und hager, und das Gesicht drückte Gram und Angst aus; aber es lag etwas in ihrer Farbe und in dem fleischlosen geisterhaften Aussehen der ganzen Erscheinung, was keinem Bewohner dieser Welt angehören konnte. ›Wer sind Sie?‹ fragte der neue Mietsmann erbleichend, das Schüreisen mit der Hand aufhebend und auf das Gesicht der Gestalt zielend – ›wer sind Sie?‹
    ›Wirf dieses Eisen nicht nach mir‹, erwiderte die Gestalt – wenn du auch noch so richtig zieltest, so würde es doch ohne Widerstand durch mich hindurch in die Wand hinter mir fahren. Ich bin ein Geist.‹
    ›Was wollen Sie denn hier?‹ stammelte der Mieter. – ›In diesem Zimmer‹, antwortete die Erscheinung, ›wurde mein irdisches Glück vernichtet und ich und meine Kinder zu Bettlern gemacht. In diesem Schranke wurden die Papiere, die mit den Jahren immer mehr anwuchsen, zu hohen Stößen aufeinandergetürmt. In diesem Zimmer teilten, als ich vor Gram über fehlgeschlagene Hoffnungen gestorben war, zwei listige Hyänen das Vermögen unter sich, um das ich während eines ganzen elenden Lebens gestritten hatte, und von dem zuletzt nicht ein Pfennig für meine unglücklichen Nachkommen übrigblieb. Ich schreckte sie von diesem Platze weg und besuchte nun seit jenem Tage jede Nacht – denn dies ist die einzige Zeit, in der es mir gestattet ist, auf die Erde zurückzukehren – den Schauplatz meines langen Elends. Dieses Zimmer gehört mir: überlaß es mir.‹
    ›Wenn Sie sich’s durchaus in den Kopf gesetzt haben, hier zu spuken‹, erwiderte der Mieter, der während dieser

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