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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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einzuschlagen und geradeaus zu gehen, bis Sie meiner ansichtig werden. Ich will Sie dann nach einem verborgenen Plätzchen führen, wo die Angelegenheit abgemacht werden kann, ohne daß wir eine Unterbrechung zu befürchten haben.«
    »Unterbrechung zu befürchten!« dachte Herr Winkle.
    »Weiter wäre nichts mehr zu verabreden, denke ich«, sagte der Offizier.
    »Ich wüßte gleichfalls nicht, was noch zu sagen wäre«, versetzte Herr Winkle.
    »Guten Morgen.«
    »Guten Morgen.«
    Der Offizier pfiff eine lustige Arie und entfernte sich.
    Beim Frühstück herrschte eine ziemlich trübselige Stimmung. Herr Tupman war nach der ungewohnten Nachtschwärmerei nicht in der Lage, aufstehen zu können; Herr Snodgraß schien mit einem Gedicht schwanger zu gehen, und selbst Herr Pickwick zeigte eine ungewöhnliche Vorliebe für Schweigen und Sodawasser. Herr Winkle paßte ängstlich auf eine günstige Gelegenheit, das, was sein Herz bedrückte, anzubringen. Sie blieb nicht lange aus. Herr Snodgraß machte den Vorschlag, das Schloß zu besuchen, und da Herr Winkle der einzige von der Gesellschaft war, der Lust zu einem Spaziergang bezeugte, so gingen sie.
    »Snodgraß«, sagte Herr Winkle, als sie die besuchteren Straßen hinter sich hatten; »mein lieber Snodgraß, kann ich mich auf Ihre Verschwiegenheit verlassen?« Als er so sprach, dachte er im innersten seiner Seele: »Ach, wäre es doch nicht der Fall«.
    »Sie können es«, versetzte Herr Snodgraß. »Ich will es Ihnen bei allem –«
    »Nein, nein«, unterbrach ihn Winkle, erschreckt durch den Gedanken, Herr Snodgraß könnte sich unwillkürlich durch einen Eid die Zunge binden. »Schwören Sie nicht – schwören Sie nicht; es ist ganz und gar unnötig.«
    Herr Snodgraß ließ auf diese Aufforderung die Hand, die er in poetischem Schwunge zu den Wolken erhoben hatte, wieder sinken und nahm die Haltung gespannter Aufmerksamkeit an.
    »Ich bedarf Ihres Beistandes in einer Ehrensache, lieber Freund«, sagte Herr Winkle.
    »Den sollen Sie haben«, versetzte Herr Snodgraß, die Hand seines Freundes drückend.
    »Mit einem Doktor – Doktor Slammer beim siebenundneunzigsten Regiment«, sagte Herr Winkle, der die Sache so feierlich wie möglich machen wollte; »eine Ehrensache mit einem Offizier, dem ein anderer Offizier sekundiert – heute abend um Sonnenuntergang, auf einem abgelegenen Felde in der Nähe des Forts Pitt.«
    »Ich werde Sie begleiten«, sagte Herr Snodgraß.
    Er war zwar erstaunt, aber keineswegs erschrocken. Es ist außerordentlich, wie kaltblütig alle – die Beteiligten ausgenommen – eine solche Sache nehmen. Herr Winkle hatte das außer acht gelassen und die Gefühle seines Freundes nach den eigenen bemessen.
    »Die Folgen können schrecklich sein«, sagte Herr Winkle.
    »Ich hoffe nicht«, versetzte Herr Snodgraß.
    »Der Doktor, glaube ich, ist ein sehr guter Schütze«, sagte Herr Winkle.
    »Das sind die meisten beim Militär«, bemerkte Herr Snodgraß ruhig; »aber Sie sind es auch – nicht wahr?«
    Herr Winkle bejahte, und da er seinen Gefährten nicht hinreichend bestürzt sah, so änderte er seinen Feldzugsplan.
    »Snodgraß,« sagte er mit vor Erregung bebender Stimme, »wenn ich falle, so werden Sie in einem Paket, das ich in Ihre Hände zu geben gedenke, einen Brief finden – an meinen Vater.«
    Auch dieser Angriff schlug fehl. Herr Snodgraß war zwar gerührt, aber er übernahm die Besorgung des Schreibens so bereitwillig wie ein Briefträger.
    »Wenn ich falle«, fuhr Herr Winkle fort, »oder wenn der Doktor fällt, so werden wir, als bei der Sache beteiligt, vor Gericht gestellt. Soll ich meinen Freund der Gefahr der Strafverbannung – vielleicht gar der seines Lebens aussetzen!«
    Herr Snodgraß kratzte sich jetzt zwar ein wenig am Kopfe, aber sein Heldenmut war unüberwindlich.
    »In Sachen der Freundschaft«, rief er begeistert, »biete ich allen Gefahren Trotz.«
    Wie verwünschte Herr Winkle in seinem Innern die aufopfernde Freundschaft seines Gefährten, als sie einige Minuten schweigend nebeneinandergingen und jeder sich in seinen eigenen Betrachtungen vertiefte. Der Morgen entschwand – und Herr Winkle geriet in Verzweiflung.
    »Snodgraß,« sagte er plötzlich haltmachend, »damit aber ja keine Störung dazwischen kommt! Sie dürfen durchaus nicht den Lokalbehörden eine Anzeige machen – keine Polizeibeamte aufrufen, um durch meine oder durch die Verhaftung des Doktors Slammer vom siebenundneunzigsten Regiment, einquartiert

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