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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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nach einigem Zögern; »höre jetzt, was ich dir zu sagen habe, Sam.«
    »Ich höre, Sir«, erwiderte Herr Weller; »legen Sie los, Sir.«
    »Ich habe vom ersten Augenblick an gefühlt, Sam«, begann Herr Pickwick mit vieler Feierlichkeit, »daß dies kein Platz für einen jungen Menschen ist.«
    »Auch nicht für einen alten, Sir«, entgegnete Herr Weller.
    »Du hast ganz recht, Sam«, sagte Herr Pickwick. »Aber alte Leute können durch ihre eigene Unbedachtsamkeit und ein allzu großes Zutrauen gegen andere hierher gebracht werden, und junge durch die Selbstsucht derer, denen Sie dienen. Jedenfalls ist es übrigens für einen jungen Menschen viel besser, nicht hier zu bleiben. Verstehst du mich, Sam?«
    »Ich? Nein, Sir«, versetzte Sam, sich etwas dumm stellend.
    »So überlege dir’s«, entgegnete Herr Pickwick.
    »Wohl Sir«, erwiderte Sam nach einer kurzen Pause. »Ich glaube, zu merken, wo Sie hinaus wollen; und wenn ich hierbei wirklich auf dem rechten Wege bin, so muß ich meine Meinung dahin aussprechen, daß Sie mir zu dicke kommen, wie der Kutscher zu dem Schneegestöber sagte, das ihn auf seiner Fahrt beunruhigte.«
    »Ich sehe, du begreifst mich, Sam«, sagte Herr Pickwick. »Abgesehen von meinem Wunsche, dich in den nächsten Jähren nicht an einem Orte wie diesem müßig herumlungern zu sehen, fühle ich auch, daß es eine ungeheure Abgeschmacktheit wäre, wenn ein Schuldner im Fleetgefängnis einen eigenen Diener halten wollte. – Sam«, fügte Herr Pickwick bei, »wir müssen uns für eine Zeitlang trennen.«
    »Ah, für eine Zeitlang meinen Sie, Sir?« versetzte Herr Weller etwas bitter.
    »Ja, für die Dauer meines hiesigen Aufenthalts«, entgegnete Herr Pickwick. »Deinen Lohn zahle ich dir fort. Einer von meinen drei Freunden wird sich glücklich schätzen, dich aufzunehmen, wäre es auch nur aus Achtung gegen mich. Und wenn ich je diesen Ort wieder verlasse«, fuhr Herr Pickwick mit erkünstelter Heiterkeit fort – »wenn es je der Fall ist, so hast du mein Wort, daß du augenblicklich wieder in meine Dienste treten kannst.«
    »Ich will Ihnen meine Ansicht von der Sache sagen, Sir«, erwiderte Herr Weller mit ernster und feierlicher Stimme. »Es geht nicht, und deshalb lassen Sie mich nichts mehr davon hören.«
    »Es ist mein fester, unabänderlicher Wille, Sam«, erklärte Herr Pickwick.
    »So? Ist das wirklich bei Ihnen der Fall?« fragte Sam mit Festigkeit. »Ganz gut, Sir; dann geht es mir gerade ebenso.«
    Mit diesen Worten drückte Herr Weller mit großer Bestimmtheit seinen Hut auf den Kopf und verließ das Zimmer.
    »Sam!« rief ihm Herr Pickwick nach. »Sam! Komm noch einmal her.«
    Aber die sich entfernenden Fußtritte verhallten in dem langen Gange. Sam Weller war fort.

Vierundvierzigstes Kapitel
    Zeigt, wie Herr Samuel Weller in Ungelegenheiten gerät.
     
    In einem hohen, schlecht erleuchteten und noch schlechter gelüfteten Gemach in der Portugalstraße, Lincolns Inn Fields, sitzen beinahe jahraus und jahrein, wie es der Zufall mit sich bringt, einer, zwei, drei oder vier Perücken tragende Herren hinter kleinen Schreibpulten, wie sie gewöhnlich die Richter auf dem Lande haben, die dem französischen Geschmacke unzugänglich sind. Zu ihrer Rechten steht man eine Advokatenkapsel, zu ihrer Linken eine Insolventenschachtel und vor ihnen eine geneigte Ebene von Schmutzgesichtern. Diese Herren sind die Komissare des »Zahlungsunfähigkeits- Gerichtshofes«, und der Ort, an dem sie ihre Sitzungen halten, ist eben der »Zahlungsunfähigkeits-Gerichtshof« selbst.
    Dieser Gerichtshof hat und hatte schon seit undenklichen Zeiten das Schicksal, von der ganzen Sippschaft der bankrotten Steifbettler von London allgemein als gemeinschaftliches Asyl und tägliche Zufluchtsstätte angesehen und behandelt zu werden. Er ist immer voll. Der Bier- und Branntweindunst steigt unaufhörlich zur Decke empor und träufelt, von der Wärme verdichtet, gleich einem Regen an den Wänden herab. Hier sieht man an einem Tage mehr alte Trachten, als im ganzen Houndsditch in einem Jahre feilgeboten weiden, und mehr ungewaschene Gesichter und schmutzige Barte, als alle Brunnen und Barbierstuben zwischen Tyburn und Whitechapel vom Aufgang bis zum Untergang der Sonne zu säubern imstande sind.
    Man darf keineswegs glauben, es habe irgendeiner von diesen Herren nur den geringsten Schatten von Geschäft hier oder stehe nur in der entferntesten Verbindung mit dem Platze, den sie so unermüdet besuchen. Wäre

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