Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
zwei, aber es war alles so glänzend, als ob man zwanzig Personen erwartet hätte. Das große Siegel lag rechts auf einem Drehtisch, und ein Mann mit einer Zopfperücke und einem Harnisch bewachte das Zepter mit gezücktem Schwert und seidenen Strümpfen, was immer der Fall ist, meine Herren, Tag und Nacht; – als er sagte, ›Pell‹, sagte er: ›keine falsche Bescheidenheit, Pell. Sie sind ein Mann von Talent Sie vermögen alles im Zahlungunfähigkeits-Gerichtshofe, Pell, und Ihr Land darf auf Sie stolz sein.‹ Das waren seine eigenen Worte. – ›Mylord‹, erwiderte ich, ›Sie schmeicheln.‹ – ›Pell‹, sagte er, ›wenn ich schmeichle, so soll mich der Teufel holen.‹
»Sagte er das?« fragte Herr Weller.
»Ja, das sagte er«, erwiderte Pell.
»Gut denn«, bemerkte Herr Weller; »so hätte das Parlament wegen Fluchens einschreiten sollen, und wenn es ein armer Mann gewesen wäre, so wäre es sicherlich auch geschehen.«
»Aber, mein lieber Freund«, erwiderte Herr Pell, »es war im Vertrauen gesprochen.«
»In was?« fragte Herr Weller.
»Im Vertrauen.«
»Ah! ganz gut!« versetzte Herr Weller nach einigem Nachdenken, »wenn er sich im Vertrauen vom Teufel hat holen lassen, so ist das natürlich etwas anderes.«
»Natürlich war es etwas anderes«, sagte Herr Pell. »Der Unterschied springt in die Augen, wie Sie gleich sehen werden.«
»Ändert die Sache ganz«, bemerkte Herr Weller. »Fahren Sie fort, Sir.«
»Nein; ich will nicht fortfahren, Sir«, versetzte Herr Pell mit gedämpftem, ernsthaften Tone. »Sie haben mich daran erinnert, Sir, daß diese Unterredung eine geheime war – eine geheime und vertrauliche, meine Herren. Meine Herren, ich bin ein Mann vom Fach. Es mag sein, daß ich in den Augen meiner Kollegen dadurch gehoben wurde – möglich aber auch, daß dies nicht der Fall war. Die meisten Leute wissen das. Ich sage nichts. Bemerkungen sind schon in diesem Zimmer gemacht worden, die den Ruf meines edlen Freudes antasteten. Sie werden mich entschuldigen, meine Herren, ich war unvorsichtig. Ich fühle, daß ich nicht recht daran tat, diesen Gegenstand ohne seine Beistimmung zu berühren. Danke Ihnen, Sir, danke Ihnen.«
Sich also rechtfertigend, steckte Herr Pell seine Hände in die Taschen und ließ mit einem grimmigen Stirnrunzeln und furchtbarer Entschlossenheit drei Halbpencestücke klingen.
Dieser tugendhafte Entschluß war kaum gefaßt, als der Junge und der blaue Sack, die unzertrennliche Gefährten waren, ins Zimmer hereinstürmten und sagten (wenigstens der Junge sagte; denn der blaue Sack nahm keinen Teil an der Meldung), die Sache komme im Augenblick daran. Die Nachricht war kaum vernommen worden, als die ganze Gesellschaft auf die Straße eilte und sich zu dem Gerichtshof Bahn brach – eine Vorbereitung, die in gewöhnlichen Fällen auf eine Zeit von fünfundzwanzig bis dreißig Minuten berechnet wird.
Herr Weller, ein starker Mann, warf sich ohne weiteres ins Gedränge, mit der verzweifelten Hoffnung, um jeden Preis einen Platz zu erobern, der für ihn angemessen wäre. Der Erfolg entsprach aber seinen Erwartungen nicht ganz. Es wurde ihm nämlich sein Hut, den er abzunehmen vergessen hatte, von einer unsichtbaren Person, der er ziemlich stark auf die Zehen getreten hatte, über die Augen heruntergeschlagen. Offenbar bereute dieses Individuum seine Heftigkeit im Augenblick; denn einen unbestimmten Ausruf der Überraschung murmelnd, zog es den alten Mann in die Halle und befreite ihn durch eine heftige Anstrengung von dieser Zwangsmaske.
»Samuel?« rief Herr Weller, als er auf diese Art in den Stand gesetzt wurde, seinen Befreier zu sehen.
Sam nickte.
»Du bist ein zärtlicher Knabe, der seiner Pflicht eingedenk ist – nicht wahr?« sagte Herr Weiler, »da du deinem Vater in seinen alten Tagen den Deckel über den Kopf schlägst.«
»Wie konnte ich wissen, wer Ihr wäret?« erwiderte der Sohn. »Glaubt Ihr, ich könnte Euch an der Schwere Eurer Füße erkennen?«
»Ja, da« ist sehr wahr, Sammy«, versetzte Herr Weller, alsbald besänftigt. »Aber was tust du hier? Dein Herr kann sich hier nicht sehen lassen. Sie wollen das Verdikt nicht passieren lassen, sie wollen es nicht passieren lassen, Sammy.«
Und Herr Weller schüttelte den Kopf mit juristischer Feierlichkeit.
»Was ist das für ein verkehrtes Altweibergeschwätz!« rief Sam.
»Immer nur von Verdikten und Alibis und dergleichen Zeug. Wer sagte etwas von Verdikt?«
Herr Weller gab keine
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