Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
Freund, Mr. Smuggins, will die Güte haben.« – Die Versammlung ruft »Bravo!« und Smuggins singt, nach beträchtlich langem Husten statt einer Ouvertüre und einem äußerst lächerlichen, zur allgemeinen Belustigung dienenden – Schnauben, ein komisches Lied mit einem Trallatrallalarera-Refrain am Schlüsse jeder Strophe, der weit länger ist als die Strophe selbst. Es wird mit unbegrenztem Beifall aufgenommen, und nachdem ein aufstrebendes musikalisches Genie freiwillig ein Probestück zum besten gegeben hat und kläglich steckengeblieben ist, gebraucht der kleine Wichtige abermals seinen Hammer und sagt: »Meine Herren, wenn es Ihnen gefällig ist, wollen wir ein mehrstimmiges Lied versuchen.« Die Ankündigung ruft lärmenden Beifall hervor, und die energischeren Geister drücken ihre vollkommene Billigung dadurch aus, daß sie die Füße von ein oder zwei- Biergläsern zerbrechen – eine humoristische Kunst, die jedoch häufig eine kleine Zankerei veranlaßt, wenn der Kellner den Vorschlag macht, die Förmlichkeit des Schadenersatzes zu beachten.
Ähnliche Auftritte wiederholen sich bis drei oder vier Uhr morgens, und wenn sie vorüber sind, bieten sich dem neugierigen Neuling immer wieder andere dar. Doch eine, wenn auch nur leicht hingeworfene Beschreibung von ihnen allen würde einen Band erfordern, dessen Inhalt, wenn auch belehrend, doch keineswegs unterhaltend sein würde – wir machen daher unsere Verbeugung und lassen den Vorhang fallen.
Läden und deren Inhaber
Welch unerschöpflichen Stoff für Betrachtungen bieten die Straßen der Hauptstadt! Mit Recht bemitleidete Sterne den Mann, der von Dan nach Berseba reisen und sprechen konnte, es sei alles wüst; noch zehnmal bemitleidenswerter aber ist der, der Hut und Stock nehmen, von Covent-Garden nach dem St.-Pauls-Kirchhof und wieder zurückwandern kann, ohne seiner Wanderung Unterhaltung – wir hätten fast gesagt: Belehrung – zu verdanken. Und doch gibt es so Stumpfsinnige; wir begegnen ihnen tagtäglich. Hohe schwarze Halsbinden und helle Westen, zierliche Spazierstöcke und mißvergnügte Mienen sind die besonderen Merkzeichen ihres Geschlechts. Andere eilen rasch an uns vorüber, sei es, daß sie heute wie gestern und alle Tage ihre Geschäfte verfolgen oder frohsinnig dem Vergnügen nachjagen. Jene aber schlendern achtlos dahin und sehen so heiter und belebt aus wie Polizisten im Dienst. Nichts scheint einen Eindruck bei ihnen hervorzubringen; nichts Geringeres stört ihren Gleichmut, als wenn sie von einem Lastträger niedergerannt oder, von einer Droschke überfahren werden.
Du wirst ihnen an einem schönen Tag in jeder Hauptstraße begegnen; erblickst sie bei ihrem einzigen Lebensgenuß, wenn du abends durch das Fenster in einen Zigarrenladen im Westend hineinschaust, sofern es dir gelingt, einen Blick zwischen den blauen Vorhängen hindurch zu gewinnen, die dem Hineingaffen des Pöbels zu wehren bestimmt sind. Da sind sie zu schauen in der Würde gewaltiger Knebelbärte und ebenso mächtiger Uhrgehänge. Sie ruhen in den nachlässigsten Stellungen oder stolzieren gravitätisch auf und ab oder flüstern süßen Unsinn der jungen geputzten Dame mit den großen Ohrringen in das Ohr, die, in einem Meer von Anbetung und Gaslicht hinter dem Ladentische sitzend, die Bewunderung aller Mägde der Nachbarschaft ist und von allen jungen Putzmacherei-Aspirantinnen innerhalb eines Umkreises von zwei Meilen glühend beneidet wird.
Eine unserer Hauptergötzlichkeiten besteht darin, die Schicksale – Erhebung oder Fall – von Läden zu beobachten. Wir haben uns eine genaue Bekanntschaft mit mehreren in verschiedenen Stadtteilen erworben und besitzen eine gründliche Kenntnis ihrer ganzen Geschichte. Wir könnten sogleich wenigstens zwanzig hersagen, bei denen wir vollkommen gewiß sind, daß sie seit den letzten sechs Jahren keine Steuer bezahlt haben. Sie wechseln spätestens nach je zwei Monaten die Besitzer und haben, wir sind davon überzeugt, in ihrem Umfange sämtliche Zweige des Kleinhandels gesehen.
Unter ihnen ist einer, dessen Geschichte auch die der anderen veranschaulicht und bei dessen Schicksalen wir eine ganz besondere Teilnahme empfanden, da wir das Vergnügen hatten, ihn seit seiner Entstehung gekannt zu haben. Er befindet sich im jenseitigen, dem Surrey-Stadtteile, ein wenig über Marshgate hinaus, und war ursprünglich ein recht artiges, gut aussehendes Privathaus. Der Besitzer geriet in Verlegenheit und das Haus in die
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