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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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glaubte, sich einer bewundernswürdigen kleinen Kriegslist bedient zu haben, indem sie den Herren gesagt hatte, sie habe einigen Grund, zu glauben, daß die Damen vermögend, und den Damen zu verstehen gegeben, daß die sämtlichen Herren heiratsfähig und keine schlechten Partien wären. Sie glaubte, ein wenig Liebeln würde ihr Haus gefüllt halten, ohne zu eigentlichen Resultaten zu führen. Mrs. Maplesone war eine unternehmende Witwe von ungefähr fünfzig Jahren: schlau, intrigant und gut aussehend. Sie war liebenswürdig besorgt um ihre Töchter und machte, um dies zu dokumentieren, nicht selten die Bemerkung, daß sie es nicht ablehnen würde, sich wieder zu verheiraten, wenn es ihren lieben Mädchen zum Vorteil gereichen sollte – denn einen andern Beweggrund könne sie nicht haben. Die »lieben Mädchen« selbst waren gegen die Vorteile einer »guten Partie« gleichfalls nichts weniger als unempfindlich. Die eine war fünfundzwanzig, die andere drei Jahre jünger. Sie hatten in vier Sommern Badereisen gemacht, hatten kokettiert im Versammlungssaale, Bücher gelesen auf Balkonen, verkauft im Frauenvereins-Basar, getanzt auf Bällen, empfindsame Unterhaltungen geführt – kurzum, alles getan, was kluge Töchter nur tun können: allein es war alles vergeblich gewesen.
    »Wie vortrefflich Mr. Simpson sich kleidet!« flüsterte Mathilde Maplesone ihrer Schwester Julie zu.
    Mr. Simpson trug einen schwarzen Leibrock mit Samtkragen und Aufschlägen – sehr ähnlich dem, in dem man häufig den großen Unbekannten erblickt, der sich herabläßt, in der Pantomime auf Richardsons Theater den Elegant zu spielen.
    »Welch ein Knebelbart!« sagte Miss Julie.
    »Entzückend!« erwiderte die Schwester; »und welch ein Haar!«
    Es glich aber vollkommen dem kunstvoll geordneten, wie man es auf den Köpfen der rotwangigen jungen Herren in den Fenstern der Haarkünstler erblickt; und es war wirklich künstliches, und der unter dem Kinn fortlaufende Knebelbart Mr. Simpsons sah aus wie ein Band, die Haartour auf dem Kopfe festzuhalten.
    Der Laufbursche erschien, zum ersten Male in einem gewendeten schwarzen Rock seines Herrn, und kündigte das Dinner an. Die Herren führten die Damen mit gebührender Feierlichkeit in das Speisezimmer, wo Mr. Tibbs vorgestellt wurde, der sich vor den neuen Hausbewohnerinnen gleich einer der artigen Figuren einer holländischen Uhr oder Drehorgel mit einer starken Feder in der Mitte des Leibes wiederholt verbeugte und sodann rasch am unteren Ende der Tafel Platz nahm, äußerst erfreut, hinter einer Suppenterrine versteckt zu sein.
    »Biete doch Mrs. Maplesone Suppe an, lieber Mann«, sagte die geschäftige Mrs. Tibbs.
    Sie nannte ihren Mann vor der Gesellschaft stets »lieber Mann«. Tibbs tat eilig, wie ihm geheißen war, denn ihn verlangte nach dem Fisch, machte eine kleine Insel auf dem Tafeltuche und setzte sein Weinglas darauf, um sie vor seiner Frau zu verbergen. Der Fisch wurde angeboten; Miss Julie bat um ein ganz kleines Stückchen, und ihre Mutter bemerkte gegen Mr. Calton, daß Julie erstaunlich wenig äße. Auch die übrigen baten nur um ganz wenig; indes würde es ihnen freilich auch nicht geholfen haben, wenn sie um viel gebeten hätten.
    »Lieber Mann«, sagte Mrs. Tibbs, nachdem alle versorgt waren, »was beliebt dir?«
    Sie begleitete die Frage mit einem Blicke, der deutlich genug sagte, daß er nicht Fisch sagen dürfe, da nur noch sehr wenig davon übrig war. Allein, Tibbs meinte, der Zornblick hätte seinen Grund in der Insel auf dem Tafeltuch, und erwiderte daher ohne Arg: »Ich bitte um – um ein wenig Fisch –«
    »Sagtest du Fisch, lieber Mann«, fragte Mrs. Tibbs mit verstärktem Stirnrunzeln.
    »Ja, meine Liebe«, antwortete der Ruchlose, während sich der nagendste Hunger in seinen Mienen ausdrückte. Mrs. Tibbs traten fast Tränen in die Augen, als sie ihrem »Schlingel von Mann«, wie sie ihn innerlich nannte, das letzte Stück Lachs von der Schüssel reichte. »James«, sagte sie gleich darauf, »bring deinem Herrn diese Schüssel und leg sein Messer auf das Büfett.« Und dies war wohlüberlegte Rache, denn Tibbs konnte keinen Fisch ohne Messer essen. Er sah sich daher genötigt, mit der Gabel und einer Brotrinde kleine Stückchen Lachs auf dem Teller umherzujagen und, so gut es gehen wollte, aufzufischen, was ihm auch bisweilen gelang, indem von seinen Bemühungen eine unter siebzehn glücklich enden mochte.
    »James, wechsle die Teller«, rief Mrs. Tibbs nach

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