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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Hausflur, als ich nach Hause kam«, sagte er.
    »Ohne Zweifel Materialien für die Toilette«, bemerkte der eifrige Don-Juan-Leser.
    »Viel Weißzeug, Spitzen, Strümpfe ohne Zahl,
Pantoffeln, Bürsten, Kämme, allzumal
Artikel, um die schönen Damen schön
Und sauber zu erhalten, und –«
     
    »Sind die Verse von Milton?« unterbrach ihn Mr. Simpson.
    »Nein – von Byron«, erwiderte Hicks mit einem Blicke voll grenzenloser Verachtung. Er war seines Autors vollkommen gewiß, da er nie einen andern gelesen hatte. »Pst!« sagte er, »da kommen die Mädel «, und beide fingen sogleich an, sehr laut zu sprechen, um unbefangen zu erscheinen.
    Gleich darauf führte Mrs. Tibbs Mrs. Maplesone und deren Töchter herein. Sie sah sehr erhitzt aus und glich einer Wachspuppe an einem heißen Sommertag, denn sie hatte die Küchenoperationen beaufsichtigt. Sie stellte die Damen und Herren einander vor. Die Herren verbeugten sich mit ausgesuchter Höflichkeit und sahen dabei aus, als ob sie den Wunsch hegten, daß ihre Arme Beine sein möchten, so wenig wußten sie, was sie damit anfangen sollten. Die Damen lächelten, knicksten, nahmen Platz und bückten sich nach Taschentüchern, die sie hatten fallen lassen. Die Herren lehnten sich gegen die Fenster; Mrs. Tibbs und die Köchin, die erschien, um nach der Fischbrühe zu fragen, verständigten sich kunstvoll durch pantomimische Andeutungen, die beiden jungen Damen sahen einander an, und Mrs. Maplesone schien etwas sehr Anziehendes in den Verzierungen des Kamingitters entdeckt zu haben.
    »Liebes Kind, Julie«, sagte sie endlich zu ihrer jüngsten Tochter gerade laut genug, um von allen gehört zu werden, »sitz nicht krumm!«
    Sie sagte es, um die allgemeine Aufmerksamkeit auf Miss Julies allerdings untadelige Figur zu richten. Natürlich richteten sich aller Blicke darauf, und es trat abermals Stillschweigen ein.
    »Wir hatten heute einen entsetzlich unhöflichen Mietkutscher«, sagte endlich Mrs. Maplesone zu Mrs. Tibbs gewendet.
    »Die Mietkutscher sind in der Regel unhöflich«, fiel Mr. Hicks im einschmeichelndsten Tone ein.
    »Die Fuhrleute sind es gleichfalls«, bemerkte Mr. Simpson – veranlaßte aber nur ein Nasenrümpfen bei den Damen und ein Husten bei Mr. Hicks, denn niemand mochte durch Wort oder Zeichen andeuten, auch nur die mindeste Kenntnis von den Sitten der Fuhrleute zu besitzen.
    »Was willst du denn hier? So sprich doch!« rief Mrs. Tibbs dem Hausmädchen zu, das die Tür geöffnet hatte und ihr zuwinkte und hustete.
    »Bitt’ um Vergebung, Ma’am, der Herr wünscht ein reines Hemd«, antwortete das Hausmädchen, sich vergessend.
    Es war zu lächerlich; die beiden jungen Herren drehten sich um und vermochten ihr Lachen bei weitem nicht vollkommen zu unterdrücken, die Damen hielten die Tücher vor den Mund, und die kleine Mrs. Tibbs schoß aus der Tür hinaus, um ihrem Gatten sein reines Weißzeug und dem Hausmädchen einen keifenden Verweis zu geben.
    Bald darauf erschien Mr. Calton, der dritte der neuen Hausbewohner, und bewies sogleich, daß er sich trefflich darauf verstand, ein Gespräch zu unterhalten. Er war ein ausgedienter Dandy – ein altgewordener Knabe. Er pflegte von sich selber zu sagen, wenn sein Gesicht auch nicht regelmäßig schön sei, so habe er doch auffallende Züge; und dies war in der Tat der Fall, denn man konnte ihn nicht ansehen, ohne auf das lebhafteste an einen pausbäckigen Türklopfer, halb Löwe, halb Affe, erinnert zu werden. Auch hätte man diesen Vergleich auf seinen ganzen Charakter und seine Unterhaltung ausdehnen können. Er war stillgestanden, während alles um ihn her weitergegangen war. Er fing nie ein Gespräch an, brachte nie einen neuen Gedanken auf die Bahn; war aber eine Unterhaltung über Gemeinplätze im Gange, so nahm er daran mit bewundernswürdiger Zungenfertigkeit teil. Er litt bisweilen unter einem Wehmutsanfall, und dann war er vergleichsweise still; sonst aber war des Mühlengeklappers seines Mundwerks kein Ende. Er war nie verheiratet gewesen, stand indes noch immer auf der Lauer nach einer Frau mit Geld. Er genoß eine Leibrente von etwa 300 Pfund jährlich, war übermäßig eitel und grenzenlos selbstsüchtig. Er stand in dem Rufe, ein wahres Muster galanter Höflichkeit zu sein.
    Mr. Calton hatte den Beschluß gefaßt, sich Mrs. Maplesone ausnehmend angenehm zu machen, ja, der Wunsch, so liebenswürdig als möglich zu erscheinen, herrschte allgemein in der ganzen Gesellschaft; denn Mrs. Tibbs

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