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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Tatare. Er hielt die Jungen streng in Zucht, veranstaltete einmal im Monat ein Examen, hielt Vorträge über alle möglichen Gegenstände zu allen möglichen Zeiten und wußte alles auf der Welt aus Büchern. Und dieser Junge nun …«
    »Hatte er einen Namen?« fragte meine geehrte Freundin.
    »Nein, er hatte keinen, Großmutti. Ha, ha! Wieder reingefallen!«
    Darauf lachten sie und umarmten sich wie vorher, und dann fuhr unser Junge fort:
    »Nun, dieser Junge hatte einen Freund, ungefähr im gleichen Alter, der auf dieselbe Schule ging und der (denn der hatte nun einen Namen) – laßt mich nachdenken – Bobbo hieß.«
    »Nicht Bob«, sagte meine geehrte Freundin.
    »Natürlich nicht«, sagte Jemmy. »Wie kamst du darauf, Großmutti? Und dieser Freund war der gescheiteste und bravste und hübscheste und edelmütigste Freund, den es je gegeben hat; er war in Seraphinas Schwester verliebt, und Seraphinas Schwester war in ihn verliebt, und so wurden sie alle zusammen groß.«
    »Gott behüte!« meinte meine geehrte Freundin. »Das ging aber schnell bei Ihnen.«
    »Sie wurden alle zusammen groß«, wiederholte unser Junge, aus vollem Halse lachend, »und Bobbo und dieser Junge ritten davon, um ihr Glück zu suchen. Sie hatten ihre Pferde halb geschenkt und halb verkauft bekommen. Sie hatten nämlich sieben Schilling und vier Pence gemeinsam gespart, aber da die beiden Pferde, echte Araber, mehr wert waren, hatte der Mann gesagt, er wolle sich, weil sie es wären, damit zufriedengeben. Nun, sie machten also ihr Glück und kamen zur Schule zurückgaloppiert, die Taschen so voller Gold, daß es für immer reichte. Sie läuteten an der Glocke für die Eltern und Besucher (nicht am hinteren Tor), und als jemand kam, verkündeten sie: Genauso wie bei Scharlach! Jeder Junge geht auf unbestimmte Zeit nach Hause. Und da gab es ein großes Hurrageschrei, und dann küßten sie Seraphina und ihre Schwester – jeder sein eigenes Liebchen und auf keinen Fall das des anderen –, und dann ließen sie den Tataren augenblicklich einsperren.«
    »Armer Mann!« sagte meine geehrte Freundin.
    »Augenblicklich einsperren, Großmutti«, wiederholte Jemmy, indem er sich bemühte, streng auszusehen, und sich dabei doch vor Lachen schütteln mußte, »und er durfte nichts zu essen bekommen als das Essen der Jungen und mußte täglich ein halbes Fäßchen von ihrem Bier trinken. So traf man denn Anstalten für die beiden Hochzeiten, und es gab Eingemachtes und Süßigkeiten und Nüsse und Briefmarken und alles mögliche sonst. Und sie waren so fröhlich, daß sie den Tataren herausließen, und er war fröhlich mit ihnen.«
    »Es freut mich, daß sie ihn herausließen«, meinte meine geehrte Freundin, »weil er nur seine Pflicht getan hatte.«
    »Oh, aber er hatte auch ein bißchen zuviel getan!« rief Jemmy. »Und darauf bestieg dieser Junge sein Pferd, mit seiner Braut in den Armen, und galoppierte davon und galoppierte weiter und weiter, bis er an einen gewissen Ort kam, wo er eine gewisse Großmutti und einen gewissen Paten hatte – nicht ihr beide, müßt ihr verstehen.«
    »Nein, nein«, sagten wir beide einstimmig.
    »Und dort wurden sie mit großen Freuden empfangen, und er füllte das Küchenbüfett und den Bücherschrank mit Gold, und er ließ es auf seine Großmutti und seinen Paten herabregnen, weil sie die beiden liebsten und besten Menschen waren, die je auf dieser Welt lebten. Und während sie bis zu den Knien in Gold dasaßen, vernahm man ein Klopfen an der Haustür, und wer sollte es anders sein als Bobbo, der sich ebenfalls zu Pferde mit seiner Braut in den Armen einstellte, und er war um nichts anderes gekommen, als um zu sagen, daß er (für doppelte Miete) alle Zimmer für immer nehme, die dieser Junge und diese Großmutti und dieser Pate nicht für sich brauchten, und daß sie alle zusammen leben und alle glücklich sein wollten. Und das waren sie auch, und ihr Glück nahm nie ein Ende!«
    »Und gab es keinen Zank?« fragte meine geehrte Freundin, während sich Jemmy auf ihren Schoß setzte und sie umarmte.
    »Nein! Niemand gab jemals Anlaß zu Zank.«
    »Und wurde das Geld niemals alle?«
    »Nein! Niemand konnte es jemals ganz ausgeben.«
    »Und wurde keiner von ihnen jemals älter?«
    »Nein! Nach dem wurde keiner mehr älter.«
    »Und ist keiner von ihnen jemals gestorben?«
    »O nein, nein, nein, Großmutti!« rief unser lieber Junge, seine Wange auf ihre Brust legend und sie fester an sich drückend. »Niemand ist

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