Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
Unglücksfälle bereitzuhalten pflegte.
Er hatte schon recht viel Menschen mit diesem Heilmittel geholfen und überantwortete zuletzt das Rezept einem Clerkenwaller Wundarzte, namens Chamberlain, der die Salbe auf seinen Namen taufte und jahrelang mit großem Erfolge weiter benützte.Grimaldi hatte, ehe er aus dem Theater getragen wurde, die Geistesgegenwart gehabt, Mrs. Lewis zu sich bitten lassen, und sie ersucht, Miß Hughes, die vor seinem Unfalle ihre Loge verlassen hatte, schonend davon in Kenntnis zu setzen. Eilen wir indessen nun dem Ende zu, so gern auch der alte Herr bei der Erinnerung an die schöne Zeit verweilt, wo er zuerst all die Vorzüge derjenigen Dame kennen lernte, der er mit Innigkeit zugetan war, deren Liebe ihm immer eine heilige Erinnerung blieb, mit der er nie leichtfertig spielte.
Am andern Tage mußte Grimaldi mit dem Arm in der Binde auf dem Sofa liegen. Seine Herzensallerliebste besuchte ihn, gab ihrem lebhaften Wunsche, ihn recht bald wiederhergestellt zu sehen, den eifrigsten Ausdruck und gestand ihm unverhohlen ihre Gegenliebe. Das machte ihn natürlicherweise zum glücklichsten Manne oder vielmehr Jungen auf der Welt, denn er war ja doch erst knapp sechzehn Jahre alt…
Nur ein Umstand setzte seiner Wonne einen Dämpfer auf: das war die feste Weigerung des Mädchens, ohne Vorwissen der Eltern die geringste Beziehung, schriftlich oder persönlich, mit ihm zu unterhalten. Daß Grimaldi sich hierüber seine ernsten Gedanken machte, wird insofern nicht verwundern, als ja doch Mr. Hughes für einen sehr wohlhabenden Mann galt und Grimaldi weiter nichts besaß als sein Talent.
Er scheute keine Mühe, die Geliebte zu einer Wandlung ihres Entschlusses zu bringen, erreichte aber weiter nichts von ihr als daß sie ihm zugestand, vorderhand bloß mit ihrer Mutter zu sprechen, auf deren Güte und Verschwiegenheit sie sich verlassen zu dürfen meinte.
Das geschah, und da die Mutter einsah, daß von ihr das Glück und die Zukunft ihres Kindes abhänge,zeigte sie sich nicht widerwillig, bemerkte jedoch, daß beide Teile doch noch viel zu jung seien, um schon ans Heiraten denken zu können.
Der Papa, Mr. Hughes, wurde in das süße Geheimnis erst nach ganzen drei Jahren eingeweiht.
Diese Zeit war nun die glücklichste von Grimaldis ganzem Leben. Jeden Abend sah er seine Marie in Gesellschaft ihrer Mama im Theater, und jeden Sonntag verlebte er in ihrer Gesellschaft unter Aufsicht der Mama. Sein Künstlerruf festigte sich in einem fort, und wohl jede Rolle, in der er auftrat, verschaffte ihm neue Gunst des Publikums. So verlief ihm das Leben in ungetrübtem Frohsinn, und noch nie hatte er sich zufriedener gefühlt als jetzt.
Grimaldi bewohnte damals mit seiner Mutter und dem Ehepaare Lewis das Haus am Penton Place ganz allein, sogar ohne Dienstboten. Wohl hatten sie ein Dienstmädchen, das aber, ohne daß für die Zeit ihrer Abwesenheit Ersatz genommen worden, ein paar Wochen aufs Land beurlaubt worden war.
Um Mitte August herum war einmal im Sadlers-Wells-Theater eine Nachtprobe angesetzt worden, wie ihrer zuweilen ja nach Vorstellungen anberaumt werden. Mr. Lewis verließ das Haus zuletzt, schloß es ab, brachte den Schlüssel mit und übergab ihn Grimaldi.
Als die Vorstellung aber zu Ende war, teilte der Direktor den anwesenden Damen und Herren mit, daß die Nachtprobe nicht notwendig sei, da er seinen Entschluß hinsichtlich des neuen Stückes geändert und dessen Aufführung auf Montag über acht Tage verschoben habe. Die Leute gingen daraufhin schnell auseinander. Da Grimaldi noch etwa zehn Minuten im Theater zu tun hatte, ging seine Mutter mit Mrs. Lewis voraus, er folgte ihnen aber bald darauf mit Mr. Lewis und noch zwei anderen Frauen vom Theater nach.Kaum waren die Damen vorm Hause angelangt, als sie zu ihrer nicht geringen Verwunderung das Gartentor offen fanden. Mrs. Grimaldi sagte, es sei doch recht unvorsichtig vonseiten des Herrn Lewis, das Haus nicht sicher zu verschließen, Pentonville war damals noch Vorort und wurde um diese Zeit herum gerade durch eine berüchtigte Diebsbande unsicher gemacht. Es waren schon mehrere Spitzbuben, die zu ihr gehörten, durch den Galgen vom Leben zum Tode gebracht, andere auch in Straf-Kolonien verschickt worden; trotzdem war es in Pentonville noch immer nicht geheuer, man hatte im Gegenteil bis in die jüngste Zeit noch weit verwegenere Einbrüche als früher erlebt.
Als die Damen nun aber auch die Haustür unverschlossen fanden und, als
Weitere Kostenlose Bücher