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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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umwandeln, so daß an diesemAbend die Schaubühne gleichsam in der Mitte des Publikums lag und ein Teil des Publikums die Handlung nur von der Kehrseite aus betrachten konnte. Eine so hohe Einnahme hatte Mrs. Baker noch nie gehabt, seit sie das Direktionsszepter schwang, und das war nun schon eine geraume Reihe von Jahren her.
    Grimaldi mußte ihr auch das Versprechen geben, sich im März des folgenden Jahres abermals zu einem Cyklus von Vorstellungen bereit zu halten, und er ging die Verpflichtung mit dem Vorbehalte ein, daß sein Londoner Verhältnis dadurch in keiner Weise beeinträchtigt werde.
    Am andern Morgen überbrachte ihm »das Gerippe«, Mr. Long, die Abrechnung und seinen Anteil, der sogleich in Banknoten umgesetzt wurde, betrug er doch nicht weniger als bare einhundertundsechzig Pfund Sterling.
    Sehr zufrieden mit diesem Erfolg seiner ersten »Kunstreise«, kehrte er nach London wieder heim.
    Zu Weihnachten wurde im Drury-Lane Harlekin Amulet statt einer neuen Pantomime abermals auf das Repertoir gebracht und ohne Unterbrechung bei ebenso gefüllten Häusern bis gegen Ende Januar gegeben. Um diese Zeit herum trat Grimaldis alter Freund Davis – meist immer »Jude Davis« genannt, nebenbei einer der besten »Theaterjuden« der damaligen Zeit – zum ersten Male im Drury-Lane-Theater auf. Davis war es, dessen Wunderlichkeit den in verschiedenen Versionen bekannten spaßhaften Vorfall mit John Kemble veranlaßte. Damit verhält es sich, wie folgt:
    Kemble gab einst im nördlichen England Gastrollen und spielte auch auf einem Provinztheater, bei welchem Davis engagiert war. Er sollte als Hamletauftreten. Natürlich wurde die Mitwirkung aller Mitglieder der Gesellschaft hierzu in Anspruch genommen, und Davis wurde die Rolle des Totengräbers zugeteilt.
    Alles ging gut bis zur ersten Szene des fünften Aktes, in welcher Davis auftrat. Da aber war es um Kembles Ernst und Gleichmut geschehen. Davis hatte sich nämlich Grimassen angewöhnt, die, in Possen und Farcen wohl gut am Platze, in Trauerspielen, und gar solchen wie Hamlet, keineswegs zulässig sein konnten, zumal sich, das Publikum daran gewöhnt hatte, – und das war das schlimmere – alle Grimassen, die Davis schnitt, mit lautem Gejohle zu begrüßen. Als nun der große Tragöde seine moralisierenden Betrachtungen über Yoriks Schädel anstellte, geriet er ganz außer sich über die Lachsalven, die Davis durch seine Grimassen hervorrief.
    Beim Schlusse des Schauspiels überschüttete er Davis mit Vorwürfen und gab dem dringenden Wunsche Ausdruck, daß dergleichen »blöde Späße«, wenn Davis wieder mit ihm zusammen aufträte, unterbleiben möchte. Aber es nutzte Kemble nichts. Davis war ein so schnurriger Kauz, daß er Tadel niemals vertrug, und erklärte kurz und bündig, in seinem Fache könne ihm auch ein Kemble nichts neues sagen.
    Kemble war eine vornehme Natur und meinte, über den Vorfall Gras wachsen zu lassen. Sein Spiel brachte einen so erheblichen Kassengewinn, daß er auf weitere Abende verpflichtet wurde. Den letzten Abend sollte er wieder als Hamlet auftreten.
    Bis zur Totengräber-Szene ging alles vortrefflich. Kemble wartete auf sein Stichwort, und böse Ahnungen beschlichen ihn, als er das schallende Gelächter vernahm, das die Unterhaltung der Totengräber begleitete.Gerade als er die Bühne betrat, hatte Davis durch ein höchst närrisches Mienenspiel die Lachmuskeln des Publikums wieder in Bewegung gesetzt. Kemble geriet in Zorn. Seine ersten Worte machten infolgedessen gar keine Wirkung beim Publikum. Er drehte sich um, sah Davis im Grabe stehen und allerhand komische, aber zu dem Auftritte in keiner Weise passende Grimassen schneiden.
    Im Nu war es mit Kembles Ruhe vorbei. Er stampfte wütend mit dem Fuße und machte seiner Entrüstung Luft durch einen Ausruf, der mit einem Fluche sehr große Ähnlichkeit hatte. Dadurch wurde eine Wirkung hervorgerufen, wie Kemble sie gewiß am allerwenigsten erwartet hatte. Davis hatte nämlich Kembles Zorn kaum wahrgenommen, als er sich auf den Tod erschrocken stellte, beide Hände ineinander schlug, wie wenn ihn irgend ein gräßlicher Anblick ganz überwältigte, eine richtige Leichenbittermiene aufsetzte und ein solches Geschrei ausstieß, daß dem Publikum himmelangst zu werden anfing. Hierauf warf er sich platt im Grabe nieder, daß er vom Publikum nicht mehr gesehen wurde, und ließ sich schlechterdings nicht bewegen, wieder hervorzukommen oder noch ein einziges Wort zu sprechen. Die

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