Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
daß er fechten, reiten, schießen mußte, nicht weniger als neunzehnmal sein Kostüm wechseln.
Das Stück machte einen sehr großen Erfolg und blieb die ganze Saison hindurch auf dem Spielplane.
Wir erzählten im vorigen Kapitel einiges von Grimaldis finanziellen Erfolgen, jetzt wollen wir uns einmal darnach umsehen, welche Mühe und Anstrengungen es ihm kostete, zu diesen Erfolgen zu gelangen.
In Sadlers Wells nahm die Abendarbeit ihren Anfang. Dort trat er in der großen und sehr anstrengenden Rolle des Teufels auf. Dann mußte er in einer kleinen Burleske, die gleich hinterher gegeben wurde, mitwirken. Dann gab er den Clown beimSeiltänzer, zuletzt den Clown in der Pantomime. Hier sang er zwei humoristische Lieder, die regelmäßig dacapo verlangt worden; und hatte er dieses Programm hinter sich, dann mußte er sich rasch umkleiden und nach Drury-Lane laufen, zumeist rennen, weil er dort im letzten Stücke auftrat.
Das war die Arbeit Grimaldis eine Woche um die andere; aber am siebenten Tage war er in der Regel so erschöpft, daß er kein Glied rühren konnte. Ganz sicher hat er seinen Kräften zuviel zugemutet und auf diese Weise zweifellos den Keim zu der völligen Entkräftung gelegt, die sich in späteren Jahren seiner bemächtigte, so daß er, im Alter wohl mit Recht sagen durfte, die bedeutenden Einnahmen, die er gehabt habe, hätten in keinem richtigen Verhältnisse zu der Arbeit gestanden, die er dafür habe leisten müssen, zudem gemeinhin unter sehr erschwerenden Umständen.
In Sadlers Wells war das Theater meist erst zu Ende, wenn es in Drury-Lane eben begonnen hatte. Oft mußte Grimaldi dann von dem einen zu dem andern Theater im Galopp laufen, ohne nur eine Minute inne zu halten. Was er damals im Rennen zu leisten vermochte, läßt sich daraus ersehen, daß er diese Strecke, zu der ein gewöhnlicher Fußgänger eine gute halbe Stunde brauchte, zuweilen in acht Minuten zurücklegte, einmal zum Beispiel mit dem um vieles jüngeren Sohne des damaligen Theaterzetteldruckers Fairbrother von Sadlers Wells nach Drury-Lane, einmal von Drury-Lane nach Sadlers Wells. Eine dritte solche Parforce-Tour machte er, wiederum in Gesellschaft des jungen Fairbrother, als die Drury-Lane-Truppe im italienischen Opernhause spielte, in vierzehn Minuten zwischen dort und Sadlers Wells, spielte die Rolle, die er im Kimon in dem großen Aufzug hatte, und rannte in dreizehn Minuten nach Sadlers Wells zurück, um dort seine Clown-Rolle abzutun.Mit seinen Pflichten nahm er es stets äußerst genau und seine Gewissenhaftigkeit war so groß, daß er das Publikum in seiner langen und mühevollen Laufbahn kein einziges Mal irre geführt hat und kein einziges Mal eine Rolle versäumt hat, in der er angekündigt worden.
Ein Vierteljahr wirkte er im Drury-Lane-Theater mit, ohne daß es infolge seiner Differenz mit John Kemble zu ärgerlichen Auseinandersetzungen gekommen wäre. Aber steif und förmlich verkehrten sie hinfort nur, und ein kaltes Kompliment war, wenn sie einander sahen, der einzige Beweis von Höflichkeit. Grimaldi fürchtete jedoch, daß es zu einem Bruche zwischen Kemble und ihm kommen werde, und diese Befürchtung ging auch in Erfüllung.
Am 26. Juni bekam er die Mitteilung, daß die Inhaber des Theaters auf seine Mithilfe in der nächstfolgenden Saison verzichteten. Unterzeichnet war die Mitteilung von Souffleur Powell. Grimaldi ärgerte sich heftig darüber, da ihm das Verhalten der Theaterdirektion nicht anders als hart und ungerecht vorkommen konnte. Zuerst wollte er gegen Sheridan eine Klage anstrengen, hätte wohl auch auf Grund des Vertrags den Prozeß gewinnen müssen, kam jedoch davon ab und zog es vor, sich an seinen treuen und redlichen Freund und Berater Mr. Hughes zu wenden, der ihm, nachdem er das Billet Powells gelesen, erklärte:
»Verbrennen Sie den Wisch und schlagen Sie sich die Geschichte ganz aus dem Sinne! Kommen Sie, wenn die Saison in Sadlers Wells zu Ende ist, zu mir nach Exeter und bleiben Sie so lange bei mir, bis in Sadlers Wells wieder gespielt wird. Sie sollen fünf Pfund wöchentlich und ein ganzes Benefiz haben. Es müßte doch merkwürdig zugehen, wenn Sie sichauf diese Weise nicht besser stehen sollten als in Ihrem damaligen Verhältnisse zum Drury-Lane-Theater.«
Grimaldi nahm dieses Angebot an und schlug sich die ganze Sache tatsächlich aus dem Kopfe.
Die Sommersaison in Sadlers Wells verging ihm sehr rasch. Im August sollte sich ein verdrießlicher Fall ereignen, dessen
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