Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
war.
Am andern Tage hieß er Grimaldi auf das freundschaftlichste willkommen und erneuerte seinen Vertrag mit ihm unter der Bedingung, daß seine Gage um ein Pfund wöchentlich erhöht und ihm allmonatlich ein ganzes Benefiz zugestanden werden solle.Tags darauf kündigten die Zettel wieder Harlekin Amulett mit Joe Grimaldi als Darsteller der Hauptrolle an. Während der ersten Probe trat Kemble zu Grimaldi, gab seiner Freude, ihn wiederzusehen, wie auch der Hoffnung eines recht langen Zusammenwirkens Ausdruck. Grimaldi antwortete im gleichen Sinne. Seine Differenz mit Kemble hatte also nur die eine Folge für ihn, daß seine Gage erhöht würde, er gab infolgedessen den Plan, nach Exeter zu gehen, auf, hatte doch sein Schwiegervater mit seinem Anerbieten keinen andern Zweck verfolgt, als Joe entgegenzukommen, soweit es ihm seine Kräfte ermöglichten.
Damals verkehrte Grimaldi auch mit dem Verfasser eines vielgelesenen Romans »Der Mönch«, der wohl an zwanzig Auflagen erlebte, aber als ziemlich unsittliches Produkt in sehr geringem Renommee stand. Der Mann hieß Lewis, wurde aber in der Regel nicht anders als nach seinem Romane genannt. Er war von weibischem Aussehen, verkehrte viel in der Garderobe des Drury-Lane-Theaters und führte mit dem Theaterpersonal Unterhaltungen, die recht oft gegen den guten Ton verstießen, und die ihm von manchen gar übel angerechnet wurden.
Sheridan schien sich im stillen viel über ihn lustig zu machen, und nicht selten diente er ihm zur Zielscheibe seines Spottes. Aber ein Stück, das damals von ihm aufgeführt wurde, »Das Burggespenst«, und das dem damaligen Geschmacke die gebührliche Rechnung trug, machte ihn zu einer gewissen Respektsperson, mit der eine Theaterdirektion immerhin rechnen mußte. Sheridan hatte freilich von dem Stücke nur eine geringe Meinung, was wohl am besten die nachstehende Anekdote erweisen dürfte.
Er saß einmal mit Lewis in einer Weinstube, es war zu einem Disput zwischen ihnen gekommen – Lewis geriet in Hitze und bot Sheridan eine Wette an.»Um was soll die Wette gehen?« fragte Sheridan. – »Ich setze meine heutige Einnahme aus dem Burggespenst!« rief Lewis. – »Das wäre zuviel für solche Bagatelle von Streitobjekt. Wie aber, wenn ich den ganzen Wert des Stückes als literarisches Objekt dagegen setzte?«
Lewis nahm aber dergleichen satirische Ausfälle seines munteren Zechkameraden immer mit vollkommenem Gleichmute hin.
Hier möge eine andere kleine Anekdote folgen, die Grimaldi gern zum besten gab und die wir mit seinen eigenen Worten folgen lassen:
Im Winter des Jahres 1802 hatte ich häufig die Ehre, Seine Majestät Georg IV. bei mir zu sehen. Der König, damals noch Prinz von Wales, kam oft hinter die Kulissen des Drury-Lane-Theaters und erfreute jedermann durch seine Leutseligkeit und seine witzigen Bemerkungen. Am Abend des Dreikönigstages saßen wir, wie gewöhnlich, in der Garderobe, um den Dreikönigskuchen zu verspeisen, für den ein Mr. Baddeley testamentarisch drei Guineen gestiftet hatte. Als wir so recht fidel beisammen saßen, trat Sheridan mit dem Prinzen herein und sagte scherzend, mit einem Blick auf die große Krone, die den Kuchen zierte:
»Daß ein Kuchen solche Krone trägt, ist doch nicht in Ordnung. Was meinen Sie, Georg?«
Der Prinz begnügte sich, damit, zu lächeln.
Sheridan hob die Krone von dem Kuchen, präsentierte sie dem Prinzen und bat ihn um die Gnade, die Kleinigkeit anzunehmen. »Mit Nichten«, antwortete der Prinz, »wenn es mir auch nicht jeder glauben wird, so bleibt es dochnichtsdestoweniger wahr, daß mir der Kuchen lieber ist als die Krone.«
Mit diesen Worten lehnte er es ab, die Krone in Empfang zu, nehmen, und nahm an unserm fidelen Abend den fidelsten Anteil, behielt sich aber von dem Kuchen die besten Stücke.
In den Jahren 1801 und 1802 wurden im Drury-Lane-Theater Pantomimen nicht gegeben; auch in Sadlers Wells gab es 1802 wenig neues. Dafür wurde Grimaldi am 21. November ein Söhnchen geboren: ein Ereignis, das ihn unaussprechlich glücklich machte.
Sonst war dies Jahr für Grimaldi keineswegs glücklich. Ob es nun persönliches Pech bei ihm war, oder Mangel an gebotener Vorsicht, oder Unerfahrenheit in weltlichen Dingen, genug, er verlor das bißchen Geld in diesem Jahre, das er sich gespart hatte, und zwar auf eine Weise, wie er es sicher am allerwenigsten gerechnet hatte. Er hatte die Bekanntschaft eines damals für sehr reich gehaltenen Kaufmanns gemacht, namens Newland.
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