Delta Operator (German Edition)
sie ihn verdreschen konnten. Ihn, den amerikanischen Bastard, der es gewagt hatte, seine schmutzigen Füße in ihr ruhmreiches Land zu setzen.
“Da hab ich dann für ein paar Wochen das Maul gehalten”, erinnerte sich Crowe, “und das erste Mal so richtig an meine Flucht gedacht. Immerhin hatte ich jetzt zwischen den Schl ägen immer ein paar Tage Zeit, in denen ich nachdenken und trainieren konnte. Mir gelang es, mich körperlich wieder in Form zu bringen. Und diese arroganten Reisfresser haben das nicht mal bemerkt.”
Nina lauschte atemlos seiner Geschichte, verlor sich in den geflüsterten Worten und konnte kaum glauben, was dieser Mann alles mitgemacht hatte. Dagegen hatte sie es ja richtig gut erwischt. Zumindest waren die Schläge, die sie einstecken musste, nur seelischer Natur gewesen.
“Und dann bin ich abgehauen”, sagte er nur und ersparte Nina die Einzelheiten seiner abenteuerlichen Flucht quer durch das chinesische Hinterland bis er schließlich die Grenze erreicht und sich in Sicherheit befunden hatte.
“Als ich dann zurück in den Staaten war, hab ich natürlich recherchiert, was da bei der Evakuierung schief gelaufen ist.”
Crowe dachte an die Arschlöcher in Fort Bragg, die CIA, Colonel Gibson und General Maddox, mit dem er seinen Spaß gehabt hatte. Er hatte sich ein bisschen ausgetobt, hatte seiner Wut freien Lauf gelassen und dann, als er damit fertig war, hatte er, tief enttäuscht und mit einem grenzenlosen Gefühl des Verrats die Army und die Staaten verlassen und war wieder zurück nach Österreich gekehrt. Dort hatte er den Nachnamen seiner Mutter angenommen und seinen amerikanischen Vornamen der deutschen Sprache angepasst.
Von diesem Zeitpunkt an hatte sich der Hass wie eine Krebszelle in Bergers Gehirn eingenistet und wartete darauf endlich auszubrechen und mit mörderischer Gewalt von se inem Wirt Besitz zu ergreifen. Es war ihm aber gelungen, diesen Hass in etwas Produktiveres umzumünzen und seine erworbenen Fähigkeiten gewinnbringend einzusetzen. Berger hatte eine kleine Website ins Net gestellt, auf der man “unkonventionelle Hilfe bei unkonventionellen Problemen” erhalten konnte. Er hätte nicht für möglich gehalten, wie viel Arbeit und Aufträge für jemanden vorhanden waren, der es nicht verabscheute, das Gesetz ein bisschen zu biegen, um Menschen Gerechtigkeit zu verschaffen.
Wo die Polizei und die Gerichte nicht mehr helfen kon nten, kam Berger ins Spiel. Er nahm einen Fall nur an, wenn er sich nach ausführlicher Recherche davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass die Umstände seiner Klienten einen Einsatz seiner Fähigkeiten rechtfertigten und dass die Ansprüche dieser Menschen moralisch vertretbar waren. Es war schwer zu glauben, welch enormen Bedarf an seinen Fähigkeiten vorhanden war. Berger hatte volle Auftragsbücher und einen besonders lukrativen und nebenbei auch für ihn persönlich ausgesprochen befriedigenden Einsatz eben erst abgeschlossen.
Nun saß er hier in einer kalten dunklen Eishöhle und e rzählte einer wunderschönen Frau die Geschichte seines Lebens. Er fühlte, wie etwas von seinen Schultern abfiel, als er die letzten Sätze beendete. Er empfand Freiheit, Erleichterung und die Gewissheit, das richtige getan zu haben, als er endete.
„Sie verstehen sicher, dass ich mich nur schwer beher rschen kann, dieses Schwein James eigenhändig umzubringen?“, schloss er, nachdem Nina nun wusste, woher Stevens Abneigung dem Präsidenten gegenüber kam.
Nina nickte in der Dunkelheit und biss sich auf die Lippen, überlegte kurz und antwortete dann.
„Ich kann Ihren Hass und Ihre Rachegefühle verstehen, Steven. Keine Frage, was Sie mitgemacht haben, kann ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen.“
Er schnaubte leise, schwieg aber und ließ sie weiterspr echen.
„Ich könnte verstehen, wenn Sie den Präsidenten an seiner Krawatte die Eishöhle runterschleifen und ihn den Attentätern zum Fraß vorwerfen würden, wirklich, das könnte ich.“
Sie hielt kurz inne und dachte an das Bild Marvin James, wie er von Kugeln durchsiebt in seiner eigenen Blutlache auf dem kalten Eisboden lag. Sie erschauerte.
„Sie dürfen nicht zulassen, dass Ihre Gefühle des Hasses und der Rache Ihre Gedanken dominieren, dass sie Sie zu e twas verleiten, was Sie dann ihr ganzes restliches Leben bereuen werden.“
Crowe sah sie nun direkt an, spürte die Wärme ihres Atems auf seinen kalten Wangen und hob zu einer Erwiderung an, doch er stockte und Nina sprach
Weitere Kostenlose Bücher