Delta Operator (German Edition)
attraktive und seltsam unnahbare Mann in letzter Zeit erlebt hatte. Doch das, was Steven Crowe durchgemacht hatte, würde sie sich in ihren schlimmsten Albträumen nicht vorstellen können.
„Vergessen Sie´s einfach.“
Er selbst würde niemals vergessen können, niemals.
Nachdem Steven Crowe beinahe eine Stunde auf seinen Koffer an einem völlig überlasteten Gepäckausgabeband gewartet hatte, buchte er einen Mittelklassewagen bei Avis und verließ den Ankunftsterminal. Er fand den dunkelgrauen Chevrolet auf seinem zugewiesenen Parkplatz, verstaute sein Gepäck im Kofferraum und stieg ein. Das Navigationsgerät, dessen melodisch weibliche Stimme ihn begrüßte, schaltete er kurzerhand ab. Er brauchte es nicht, denn er war schon oft hier gewesen und auch dort, wo er hinwollte, kannte er sich aus. Die Klimaanlage, die verzweifelt gegen die brütende Sommerhitze auf dem riesigen Asfaltplatz ankämpfte, ließ er laufen. Crowe war Hitze gewöhnt, hatte er seine Zeit doch zuletzt fast ausschließlich in tropisch schwül feuchter Umgebung verbracht. Doch jetzt hatte er nicht das Geringste gegen ein bisschen angenehme Abkühlung einzuwenden.
Er manövrierte den Wagen aus der engen Parklücke und verließ den Parkplatz. Er gelangte auf den Sa arinen Circus, folgte dem Dulles Airport Access und fuhr schließlich die Toll Road entlang, bis er auf die I-495 gelangte. Dort fuhr er bei angenehm lichtem Verkehr etwa elf Meilen, um dann nach Süden auf die I-95 abzubiegen. Er beschleunigte den Wagen und fuhr weiter nach Süden, gelangte über die Staatsgrenze nach North Carolina. Nach etwa fünfeinhalb Stunden Fahrt entdeckte er ein Motel, das mit grellgrüner Leuchtreklame um Gäste warb und gleich neben dem Highway lag. Er lenkte seinen Chevrolet auf den schäbigen Parkplatz und bezahlte bei einem desinteressierten Portier für eine Nacht im Voraus. Als er geduscht hatte, fiel er ins Bett und schlief beinahe augenblicklich ein. Sein Schlafdefizit machte ihm immer noch zu schaffen.
Fort Bragg. North Carolina , USA
17 . Juli 2016
Der Chevrolet blieb langsam stehen und der Motor verstummte, als der Wachsoldat mit grimmigem Gesichtsausdruck an die Fahrerscheibe trat. Er bückte sich und spähte ins Innere des Wagens, den Mann am Steuer kannte er nicht.
„Guten Morgen Corporal“, sagte Steven Crowe freundlich und hielt dem Soldaten seinen Dienstausweis entgegen. Der Corporal der US Army, ein kleiner schmächtiger Mann mit kurzrasiertem Haar und käsig weißem Gesicht schnappte sich die ID-Karte und las die Daten. Dann hellte sich sein Blick auf und er straffte sich etwas.
„Guten Morgen First Sergeant“, bellte er Crowe entgegen. Doch es schien ein Problem zu geben, denn der Wachsoldat gab ihm die Karte nicht zurück.
„Einen Moment bitte, ich werde diesen Ausweis überpr üfen müssen“, sagte der Corporal, drehte sich um und verschwand im Wachhäuschen. Das Ausstellungsdatum auf dem Ausweis war viel zu alt, dachte der Corporal, der im Zweifelsfall immer auf Nummer Sicher ging. Und außerdem hatte man das Design der Plastikkarten letztes Jahr geändert. Er griff nach einem Telefon, erkannte Crowe durch die Panzerglasscheibe und begann zu sprechen. Etwa eine knappe Minute später, legte der Corporal den Hörer wieder auf und verließ die Wachstube – zusammen mit zwei weiteren Wachen, die ihre M4-Karabiner vor der Brust trugen. Mit einer Hand auf dem Griff seiner Glock blieb der Corporal etwa zwei Meter vor dem Chevi stehen.
„Es tut mir leid, Sir“, sagte er und benutzte damit eine A nrede, die für einen Offizier, aber auch für einen Zivilisten üblich war, „aber dieser Dienstausweis ist nicht gültig. Ich muss sie bitten, auf der Stelle auszusteigen und unseren Anweisungen zu folgen.“
Crowe betrachtete die drei Männer, die mit angespannten Gesichtern auf dem in der Morgensonne dampfenden Asfalt vor dem großen Einfahrtstor standen und nahm die Hand vom Len krad, ließ sie nach unten sinken, außerhalb des Blickfeldes der Wachsoldaten. Das war ein Fehler.
„Das kann nicht sein, Corporal…“, begann er, um dann rüde unterbrochen zu werden.
„Beide Hände aufs Lenkrad und Schnauze halten, Mister!“, brüllte der Corporal plötzlich mit gezogener Handfeuerwaffe.
„Sofort aussteigen und lassen Sie ihre Hände oben!“
Crowe, der schon in zu viele feuerbereite Mündungen von viel zu vielen Feuerwaffen geblickt hatte, erstarrte. Dann hob er langsam, ganz langsam seine Hände und
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