Delta Operator (German Edition)
vermutlich reduziert worden war, aber immer noch alles überstieg, was die meisten anderen Menschen jemals zu leisten im Stande wären.
Und er sah noch etwas.
Es war Verärgerung, vielleicht sogar Zorn.
Und er sah es in den wässrig blauen Augen des ehemaligen Offiziers, mit denen er Crowe nachdenklich musterte.
„Ich hätte nie geglaubt, dich jemals wieder zu sehen, Hawk“, sagte Gibson und benutzte damit unbewusst Crowes alten Spitznamen, den nur die engsten Mitglieder seines Teams kannten. Er selbst wusste nicht mehr genau, warum man ihn nach einem Habicht benannt hatte, vermutete aber, dass es mit seiner unglaublichen Schnelligkeit und seinen Reflexen zu tun haben musste. Die Geschichte, wie Crowe als junger Sergeant bei einer Nachtübung in der Wüste Nevadas auf dem Bauch robbend auf eine schlecht gelaunte Klapperschlange getroffen war, war mit den Jahren immer spektakulärer geworden, obwohl die Originalstory ohne hinzugedichtete Elemente auch schon aufregend genug gewesen wäre.
Crowe war es damals gelungen, die giftige Schlange, die g erade nach vorne peitschte, um ihre Giftzähne in sein Gesicht zu stoßen mit seiner linken Hand an der Kehle zu packen und sie so an ihrem tödlichen Angriff zu hindern. Es war nur ein Reflex gewesen, ein unglaublich schnelle Bewegung seines Armes und seiner Hand, schneller wie die Bewegungen der Schlange. Dieser Reflex hatte ihn damals gerettet – und ihm einen Spitznahmen verliehen, der an die Schnelligkeit des Habichts erinnern sollte.
„Nicht nachdem der verdammte Hubschrauber umgekehrt ist und euch da draußen allein gelassen hat“, ergänzte der eh emalige Offizier.
Gibson hob die Dose Bier an seine Lippen und nahm einen tiefen Schluck.
„Verdammte Sache, was Hawk?“, murmelte er und nahm einen weiteren Schluck.
Crowe nippte an seinem Kaffee - es war ihm noch zu früh für Alkohol - und versuchte die schrecklichen Bilder, die wi eder in ihm hochstiegen, zu verdrängen. Das Bild des Blackhawks, der mitten in diesem schweren Feuergefecht mit den Chinesen abgedreht und verschwunden war, würde er niemals aus seinem Gedächtnis streichen können.
„Was ist damals passiert, Joe?“, fragte Crowe.
Gibson sah ihn über den Rand der Bierdose an und schüttelte den Kopf.
„Wenn ich dir das sage, dann müsste ich dich nachher e rschießen, Stevie.“
„Macht nichts, Joe. Ich bin ja schon tot, wie ich erst vor ein paar Tagen aus hoch offizieller Stelle erfahren habe“, ätzte Crowe.
„Im Ernst, ich darf über alles, was damals passiert ist, nichts erzählen, sonst krieg ich massenhaft Probleme.“ Gibson wand sich, er war nicht glücklich mit dem, was er zu seinem alten Freund sagen musste.
„Probleme kriegst du erst, wenn du mir nicht erzählst, was damals für eine Sauerei gelaufen ist, Colonel“, sagte Crowe emotionslos. „Dann werd ich nämlich zurück nach Bragg sp azieren und Colonel Arschgesicht zusammen mit seinem schwulen CIA-Waschlappen filetieren und dir die Schuld daran geben, dass du mich nicht daran gehindert hast“, ergänzte er trocken.
Joe Gibson ließ sein Bier sinken und sah säuerlich in die kalten, ernsten Augen seines ehemaligen Kameraden, seines Freundes und wusste nicht, was er denken und was er tun sol lte. Er wusste, wozu Crowe fähig war, hatte er ihn doch auf einige spezielle Einsätze geschickt, die sonst niemand durchführen hätte können. Er wusste, dass es Crowe zweifellos gelingen würde, zurück nach Fort Bragg zu gelangen und sowohl einen Colonel, als auch einen CIA-Mann, von denen es dort mehrere gab, zu töten. Wenn Crowe wollte, würde er dann lautlos und unerkannt verschwinden, doch Gibson war sich alles andere als sicher, dass er das auch wollte.
Dann sah er das Grinsen auf Crowes Gesicht und en tspannte sich.
„Scheiße, Crowe. Ich hab dir die Geschichte um ein Haar abgekauft.“
„Und jetzt spuck´s schon aus, Joe“, beharrte Crowe. „Erzähl mir, was damals wirklich passiert ist. Und wenn du schon mal dabei bist, dann sag mir auch, warum der beste Offizier der gesamten Delta Force seine Karriere an den Nagel gehängt hat, bevor er seinen ersten Generalsstern am Hemdkragen hatte. Warum hast du´s hingeschmissen, Joe?“
Joe Gibson nahm einen tiefen Schluck aus der Dose, schluckte das kalte prickelnde Bier hinunter und genoss das beruhigende Gefühl der goldenen Flüssigkeit in seinem Magen. Dann kippte er den Rest des Bieres hinterher und rülpste lau tstark.
„Ach was soll´s“, sagte er,
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