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Delta Operator (German Edition)

Delta Operator (German Edition)

Titel: Delta Operator (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Gruber
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Tür war verschlossen, doch Lavinski hatte schon einen Bund Dietriche zur Hand. In Zeiten, in denen sogar schon Kühlschranktüren elektronische Zahlenschlösser hatten, wirkte so ein altmodisches Schloss geradezu antiquiert. Lavinski war es nur recht, als er das Klicken hörte und er die Tür öffnete. Sekunden später verschwanden beide Schatten im Raum mit der Nummer 05-45 und im Gang war nichts mehr davon zu bemerken.
     
    „Ich mach meine Runde, Joe!“, sagte Willy Corleone und klopfte beim Vorbeigehen seinem Freund, der auf einem billigen Drehsessel saß und gelangweilt mehrere Bildschirme beobachtete, kumpelhaft auf die Schulter. Der andere Wachmann brummte irgendetwas Unverständliches und nickte. Die Mütze des Mannes lag auf der schmalen Konsole vor ihm, seine Jacke hing schief über dem ächzenden Drehstuhl. Corleone schnappte sich eine der großen, chromfarbenen Stabtaschenlampen aus einem versperrbaren Metallschrank, prüfte kurz, ob sie funktionierte, und verließ den kleinen Raum, in dem die beiden Nachtwächter untergebracht waren. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, wanderte seine Hand unwillkürlich an seine rechte Hüfte. Der altmodische Trommelrevolver saß in seinem Halfter, genau da, wo er hingehörte. Corleone arbeitete zwar schon lange nicht mehr draußen auf den Straßen, so wie er es den Großteil seines Lebens als Polizist getan hatte, doch die Smith&Wesson, deren polierten Holzgriff seine Fingerspitzen berührten, zog er nach wie vor allen automatischen Waffen vor. Er glaubte zwar nicht, dass er jemals wieder eine Waffe im Ernstfall würde ziehen müssen, aber im schlimmsten Fall wollte er nicht ein Stück italienisches Blech mit einem verdammten Plastikgriff in seinen Händen halten. Da war der pensionierte Sergeant des Seattle Police Departement sehr eigen.
    Genauso, wie er in der Erfüllung seiner Pflicht als Nach twächter absolut ernsthaft und genau war. Er sah auf seine Armbanduhr und überschlug kurz, wann er seine ausgedehnte Runde beendet und zurück im kleinen Büro an einer Tasse Kaffe schlürfen würde. Mit leisen Schritten durchquerte er die große Empfangshalle im Erdgeschoss des Gebäudes. Durch die gläserne Eingangstür konnte er nach draußen auf die hell beleuchtete Straße sehen. Es war nicht mehr Verkehr als üblich, dachte er und wunderte sich wieder einmal, dass um diese Uhrzeit überhaupt jemand unterwegs war. Mit einem allnächtlichen Ritual rüttelte er an den Türgriffen und kontrollierte, ob die große Glastür auch sicher verschlossen war. Kurz spähte er hinaus in die Außenanlagen rund um den ovalen, gepflasterten Eingangsbereich vor dem Gebäude. Alles war ruhig und nichts Auffälliges war zu entdecken. Corleone stellte zufrieden fest, dass auch keine Autos vor dem Gebäude parkten. Noch einmal sah er nach links und betrachtete die grellbunten Reklamen der Pubs entlang der Straße, dann drehte er sich wieder um.
    Das straff gespannte Stahlseil fünfunddreißig Meter über der Straße sah er nicht.
    Corleones Schritte hallten durch die gespenstisch stille Empfangshalle, er ging vorbei an den großen Modellen der neuen Serie, die die Firma entwickelt hatte. Er lächelte, als er an seinen Enkel dachte, den er vor ein paar Wochen an seinem freien Tag mit hierher genommen hatte. Der kleine Junge hatte große Augen bekommen, als er die Modelle gesehen hatte. Die neue Modellreihe, so hatte man Corleone erzählt, sollte voll einschlagen und die Firma zurück an die Marktführerposition katapultieren. Corleone verstand von diesen Dingen nichts. Aber es konnte ihm nur recht sein. Eine Firma, die Marktführer in ihrem Bereich war, war eine gute Firma. Und eine gute Firma bezahlte das Gehalt ihrer Angestellten pünktlich und verlässlich. Das war alles, was für Corleone zählte.
    Als er das matt erleuchtete Stiegenhaus vor sich sah, verzog er den Mund. Das Einzige, was er an diesem Job nicht ausstehen konnte, war das ewige Stiegensteigen. Doch da kam er nicht drum herum und außerdem hielt es ihn wenigstens fit. Als er die ersten Stufen erklommen hatte, schätzte er, dass er heute nicht länger als sonst für seine Runde brauchen würde.
    Er wusste nicht, dass er damit falsch lag.
     
    Der Palmtop surrte leise, nachdem Lavinski die Enter-Taste gedrückt hatte. Vierzehn Sekunden später piepte das kleine Gerät und Lavinski grinste.
    „Wir sind drin, Sergeant“, flüsterte er und hob dabei den Daumen seiner rechten Hand.
    „Na dann los, Marv“, brummte

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