Delta Operator (German Edition)
Brise. Dann, als er langsam die Gangway herunter schritt, sich nach allen Seiten umdrehend und auf Warnungen in seinem Kopfhörer wartend, erschien ein zweiter Agent, der links neben der Luke Aufstellung nahm. Wieder vergingen einige Augenblicke mit letzten Funksprüchen und dann erschien der Präsident.
Noch bevor er das Flugzeug ganz verlassen hatte, begann der Präsident, den man schon von weitem an seinem silbernen Haupt mit perfekt sitzender Frisur erkannte, den wartenden Journalisten und Medienvertretern zuzuwinken. Bei jedem a nderen Präsidenten wäre jetzt die First Lady erschienen, um Hand in Hand mit ihrem Gatten, dem wichtigsten Mann der Welt, die Gangway hinunterzugehen, pausenlos zu lächeln und zu winken.
Doch Präsident Marvin James hatte seine Frau vor mittle rweile drei Jahren an den Krebs verloren und sich seitdem erfolgreich gegen alle Versuche gewehrt, ihn wieder zu verheiraten. Also ging er alleine die Treppe runter, lächelte, kämpfte tapfer gegen die vereinzelt aus der niedrigen Wolkendecke fallenden eisigen Regentropfen an, die ihn fast waagrecht wie kleine Geschoße auf die Wangen trafen, versuchte den böigen Wind zu ignorieren, der seine Frisur langsam aber sicher zerstörte und winkte einem ihm offenbar gut bekannten Fotografen freundlich zu, den er willkürlich ausgewählt hatte und den er in Wirklichkeit noch nie zuvor gesehen hatte. Dann war er unten auf dem Asphalt des Flugfeldes, sofort eingerahmt von zwei Agenten des Secret Service. Die Offizierin der US Navy, die nur ein paar Schritte hinter dem Präsidenten ging, wurde von dem einen oder anderen wartenden italienischen Fotografen wegen ihres ansprechenden Äußeren auch fotografiert, ansonsten aber für nicht sonderlich wichtig befunden. Einer der Secret Service Agenten, der gerade eben den Präsidenten in eines der wartenden Autos bugsiert hatte, hielt noch die Tür auf. Er bedeutete der Offizierin, die einen schwarzen, mit einer Handschelle an ihrem Handgelenk befestigten Lederkoffer trug, ebenfalls einzusteigen. Als die Frau im Auto verschwunden war, blickte der Agent noch einmal über das Dach des schwarzen Audis, dann stieg er selber auch ein. Neuerlich erfolgte über Funk eine ausgiebige Rücksprache der Einsatzleitung, ob alle Straßen frei und keine Gefahren für Leib und Leben des Präsidenten erkennbar waren. Dann, als alles Menschenmögliche getan war, um eventuelle Anschläge zu verhindern, setzte sich die Kolonne in Bewegung.
Lieutenant Commander Nina Williams saß dem Präsidenten gegenüber, der sie aufmerksam beobachtete. Das dunkle Leder der weichen Sitze war durch die eingebaute Sitzheizung angenehm warm. Auf dem Schoß hielt sie den schwarzen Lederkoffer mit beiden Händen. Sie erwiderte den neugierigen Blick des Staatsmannes und fragte sich, was zum Henker dieser jetzt wohl dachte.
„Wie war noch mal Ihr Name, Commander?“ fragte er mit dunkler, redegewandter Stimme.
Nina räusperte sich, ihr bekam die nasskalte Luft nicht sonderlich gut. Außerdem pochte es im Inneren ihres Kopfes bei jeder Bodenwelle, die die Stoßdämpfer des deutschen Wagens nicht zu schlucken vermochten.
„Williams, Sir. Nina Williams.“
Der Präsident nickte, als wäre er mit der Antwort sehr zufrieden.
„Es freut mich sehr, dass ausgerechnet Sie unseren armen – wie war gleich noch mal der Name des Majors, Harry?“ fragte er den Agenten, der neben ihm saß.
„Major Tennent, Mr. President.“ Der Afroamerikaner hatte die Antwort wie aus der Kanone geschossen parat.
„Ah ja, Major Tennent. Na, auf jeden Fall haben Sie viel schönere Beine als der Major.“ Ein anzügliches Grinsen begleitete diesen Satz und Williams traute ihren Ohren nicht.
„Danke, Mr. President“ , antwortete sie mit leicht zusammengebissenen Zähnen. Die Antwort, die er eigentlich verdient hätte, verkniff sie sich. Schließlich saß sie hier vor ihrem obersten Befehlshaber. Und der sollte eigentlich wissen, wie es sich mit dem Umgang von Männern und Frauen in den Streitkräften verhielt. Er war ihr Vorgesetzter, so wie der Oberbefehlshaber jeder anderen amerikanischen Frau in Uniform. Er sollte wissen, dass sie für ihn tabu war. Doch amerikanische Präsidenten hatten sich in Bezug auf die Damenwelt in der Vergangenheit als sehr einfallsreich erwiesen. Und dumm.
„Das erste Mal mit dem Football unterwegs?“, lächelte er und deutete dabei auf den schwarzen Koffer, den Williams etwas verkrampft festhielt.
„Ja, Sir“ , gab sie
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