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Dem eigenen Leben auf der Spur

Dem eigenen Leben auf der Spur

Titel: Dem eigenen Leben auf der Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Bernhard
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Schmerzen zu vermeiden. Das unebene Gangbild erschließt sich dem Betrachter in diesem Fall nur, wenn er die Berührung der Hände am blanken Stahl beobachtet.
     
     

Äußerlichkeiten
     
    Aber eigentlich ist für einen Beobachter überhaupt nichts zu erkennen. Es ist wie immer: Egal wie schlecht es mir geht, ich lasse mir nichts anmerken. Das habe ich zu Hause gelernt. Hauptsache, die Fassade stimmt, wie zerbombt es dahinter auch immer aussehen mag. »Wenn es mir schlecht geht, ziehe ich mich zurück wie ein verwundetes Tier und lecke meine Wunden«, höre ich meinen Vater sagen. Schwäche zu zeigen war ihm zuwider.
    Meine bewegungslose Miene, meine Angst davor, die Menschen um mich herum in meine Probleme hineinzuziehen, ist die direkte Fortsetzung dieser Haltung. Bin ich eine Belastung, wenn ich mal nicht stark bin? Wenn ich nehme und nicht gebe? Zum ersten Mal sehe ich, wo ich mein Verhalten abgeguckt habe. Wenn ich Sorgen habe, ziehe ich mich zurück, nach außen hin behalte ich aber das Strahlemann-Lachen. The show must go on.
    Wie hat sie eigentlich begonnen? Als 13-Jähriger habe ich auf die Frage, was ich später einmal werden möchte, stereotyp geantwortet: Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank. Die Vorstellung, wichtige Entscheidungen treffen zu müssen und über viel Geld zu herrschen, faszinierte mich.
    Über das Depot meines Vaters erwarb ich mit meinem Taschengeld meine ersten Aktien, bevorzugt aus Neuemissionen, und verfolgte dann mit Spannung jeden Tag den Kursverlauf meiner Aktien. Gerresheimer Glas und Viag waren meine Favoriten. Als mein Vater es versäumte, rechtzeitig Porsche-Aktien zu ordern, machte ich ihm heftige Vorwürfe.
    Ich las das Handelsblatt und die Wirtschaftswoche, die mein Vater nach Hause brachte, und begeisterte mich daran, dass der Chef von Walt Disney der bestbezahlte Manager war und 80 Mio. US-Dollar Jahresgehalt verdiente. Lee Iacocca gehörte zu meinen Idolen, der Mann, der den Mustang gebaut und Chrysler saniert hatte, Alfred Herrhausen war sowieso der Größte. In meiner Vorstellung sah alles ganz einfach aus.
    Bei meinen Klassenkameraden kam ich mit solchen Themen nicht gut an, sie interessierten sich wie üblich für Sport, Fernsehen oder für Spiele auf dem Computer, es war damals die Zeit des sagenhaften Commodore C64...
    Mein Vater dachte ständig an seinen Beruf, er lebte ganz für ihn. In den Geschichten, die er mir erzählte, gab es viele Beispiele, die zeigten, dass durch Harmonie und Zusammenhalt mit seinem Geschäftsführerkollegen große Dinge möglich waren. Er war es auch, der mir erklärte, dass die Vorstände der Unternehmen, die ich so bewunderte, nicht eigentlich für Geld arbeiten würden. Er selbst würde sich genauso verhalten.
    Als ich ihn bei einem Streit einmal anschrie und ihm an den Kopf warf, dass ich es einmal weiter bringen würde als er, sagte er lediglich liebevoll: »Das wünsche ich dir von ganzem Herzen.«
    Nachdem ich im Kino »Wall Street« mit Michael Douglas gesehen hatte, lief ich eine Zeit lang nur mit den entsprechenden Hosenträgern und mit Gel in den Haaren herum. Ich fühlte mich unglaublich wichtig. Ein Klassenkamerad von mir rannte dagegen immer schreiend wie John Rambo durch das Gebüsch des Schulhofs; vermutlich waren wir eine ganz normale Klasse.
    Mein Vater verdiente damals bestimmt nicht schlecht, aber meine Mutter klagte trotzdem ständig, es sei zu wenig. Anfang der siebziger Jahre hatte unsere Familie einige Jahre am Persischen Golf gelebt, mein Vater führte damals riesige Infrastrukturprojekte durch.
    Die wenigen Europäer und Amerikaner, die damals in dieser Region lebten, verfügten natürlich über alle vorstellbaren Privilegien, Personal für Haus, Küche, Garten, großzügige Wohnanlagen, Luxus. Während mein Vater viele hundert Kilometer entfernt irgendwo im Sumpf auf seinen Baustellen arbeitete und nur übers Wochenende mit dem Wasserflugzeug zu seiner Familie zurückkehrte, lebte meine Mutter allein mit meinen Brüdern in ihrem privilegierten Getto.
    Zurück in Deutschland wollte sie ihr Leben auf großem Fuß fortsetzen. Sie liebte rauschende Feste, die tagelange Vorbereitungen erforderten und in vielgängigen Menüs kulminierten.
    Am eindrucksvollsten fand ich die Fahrten mit ihr zusammen in unserem weißen Jaguar XJ 12. Blaue Ledersitze, Wurzelholz als Armaturenbrett, und sogar bei Tempo 200 absolute Stille im Innenraum. Man konnte sich flüsternd unterhalten, während man fast wie in einem Raumschiff

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