Dem Feuer zu nah
wissen wollen, wer sie war, was sie durchgemacht hatte. Und jedes Mal, wenn sie ihm die Antwort verweigerte, litten sein Herz und sein Stolz.
Jared wollte, dass Savannah ihm Vertrauen schenkte, dass sie alles mit ihm teilte, was sie erlebt hatte und noch erleben würde. Er wollte, dass sie zu ihm kam, wenn sie Hilfe brauchte oder traurig war. Und wenn sie glücklich war.
Was er eigentlich wollte, wurde ihm jetzt klar, und er musste tief Luft holen. Er wollte, dass Savannah Morningstar ihn heiratete, von ihm Kinder bekam und mit ihm zusammen alt wurde.
Er blieb bei Bryans Rad stehen und legte eine Hand auf den Sattel. Er wollte auch den Jungen. Auch das war eine vollkommen neue und äußerst aufschlussreiche Erkenntnis. Er wollte, dass Bryan nicht nur Savannahs, sondern ihr gemeinsamer Sohn war. Er wollte ihm bei den Hausaufgaben helfen, mit ihm Baseball trainieren und ihm beim Match von der Tribüne zujubeln. Jared wurde klar, wie sehr er sich an all diese Dinge gewöhnt hatte und sich auf sie freute. Auf das strahlende Lächeln, den fröhlichen Zuruf, mit dem Bryan ihn nach der Arbeit empfing. Aber das reichte nicht. Das machte sie noch nicht zu einer Familie.
Die Liebe würde es tun. Ohne es zu ahnen, hatte Jared den Jungen in kürzester Zeit lieb gewonnen. Und eine Heirat würde es tun. Nicht der juristische Vertrag, den man damit abschloss, sondern das Versprechen, das man einander gab, ein Leben lang zueinanderzustehen. Er und Barbara hatten dieses Versprechen gebrochen und den juristischen Vertrag ohne die leisesten Skrupel wieder gelöst. Alles sehr ordentlich, sehr glatt, sehr zivilisiert. Seine Gefühle für Savannah waren ganz und gar nicht zivilisiert. Er wollte sie beschützen, sie besitzen, sie mit keinem anderen teilen. Es waren komplizierte Gefühle. Intensive Gefühle. Und auch wunderbare Gefühle.
Jetzt, da er das Problem und dessen Lösung besser kannte, wurde er innerlich ruhiger und ging ins Haus.
Die Schuhe standen dort, wo sie nicht hingehörten. Die Fußmatte war von Gartenerde verkrustet. Bücher und Spielsachen lagen auf der Couch und auf dem Boden verstreut. Ein Paar Ohrringe waren achtlos auf den Tisch geworfen worden. Es war ein Zuhause, in dem gelebt wurde.
Aber wo zum Teufel steckten die beiden?
Sie waren doch immer daheim, wenn er von der Arbeit kam. Bryan im Garten oder in seinem Zimmer, in die geliebten Baseball-Karten vertieft. Das Radio war ebenso stumm wie der Fernseher. Und Savannah war weder in der Küche noch im Wohnzimmer.
Jared betrat die Küche und legte die Blumen auf den Tisch. Keine Nachricht, kein rasch gekritzelter Zettel an der Kühlschranktür. Besorgt stellte er den Aktenkoffer neben den Strauß. Savannah hätte ihm wenigstens eine Nachricht hinterlassen können.
Schließlich wollten sie heute Abend miteinander reden. Es gab unglaublich viel, worüber Jared mit ihr sprechen wollte, und sie war nicht einmal da. Er sah in ihr Atelier. Auf dem Arbeitstisch stand ein Glas verdünnter Limonade neben der witzigen Zeichnung eines fliegenden Frosches. Unter anderen Umständen hätte er darüber gelächelt.
Seine Miene verfinsterte sich immer mehr, als er nach oben eilte. Auf dem Weg ins Schlafzimmer zerrte er sich die Krawatte vom Hals. Ihr Schlafzimmer, dachte er wütend. Auch das würde sich ändern. Er warf erst die Krawatte, dann die Anzugjacke aufs Bett. Sein Mund war ein schmaler Strich. Zu den ersten Dingen, die sie neu anschaffen würden, gehörte ein zweiter Schrank. Ein Mann besaß verdammt noch mal ein Recht auf einen eigenen Schrank. Und auf ein Arbeitszimmer. Sie war nicht die Einzige, die einen Platz zum Arbeiten brauchte.
Und dann würde er Bryan ein Baumhaus bauen. Der Junge brauchte ein Baumhaus. Außerdem brauchten sie einen Schuppen für die Gartengeräte, und die Einfahrt müsste mit Platten ausgelegt werden. Nun ja, er würde sich um all das kümmern. Er würde es tun, weil… Ich bin auf dem besten Wege, verrückt zu werden, dachte Jared und setzte sich auf die Bettkante.
Er hatte Savannah noch nicht einmal gesagt, dass sie heiraten würden, und überlegte bereits, was sich hier alles ändern müsste. Er hielt einen Moment inne, um Klarheit zu gewinnen.
Warum war er so nervös? Warum so wütend auf sie, auf sich selbst? Panik?, fragte er sich. Angst? Die Befürchtung, dass sie ihn auslachen könnte? Dass sie ihm sagen würde, sie sei an einer Heirat nicht interessiert?
Jared fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar und stand wieder auf.
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