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Dem Himmel entgegen

Dem Himmel entgegen

Titel: Dem Himmel entgegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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Sie würden nie lernen zu fliegen. Alle Kinder, die langsam dem Nest entwachsen, müssen lernen zu fliegen, zu jagen und ihr eigenes Heim zu bauen. Ja, Sir”, sagte er und nickte Harris bedeutungsvoll zu. “Wir alle sollten ein bisschen wie der Adler sein.”
    Ella streckte den Arm aus, um nach Marions kleiner Hand zu greifen, die noch immer ein wenig von dem Essen klebte, das sie kurz zuvor verspeist hatte. Ella war dankbar, dass Marion noch ein kleiner Nestling war. Es war – und das wusste sie – nur noch ein Sommer, dann würde Marion ganz allein zur Schule gehen. Das wäre dann ihr erster Sprung von der Plattform, der erste kurze selbständige Flug, bevor sie zurückkehren würde, um sich versorgen zu lassen. Eines Tages würde sie fortgehen und nicht mehr zurückkommen, und es war Ellas Pflicht, sie auf diesem Weg zu unterstützen, ihr das Fliegen beizubringen.
    Ella drückte Marions Hand und lächelte dem Mädchen in Harris’ Armen zu. Er blickte zu ihr, lächelte und legte seinen anderen Arm um ihre Schultern.
    Dies war, auch das spürte Ella, einer der Momente im Leben, den sie nie vergessen würde. Es fühlte sich an, als würde die Sonne warm auf sie hernieder scheinen. Ihre Familie! Sie hatte sich noch nie jemandem so verbunden gefühlt, so nah. Ihr Traum einer eigenen Familie war endlich wahr geworden. Versonnen drehte sie an ihrem Messingring. Es war kein goldener Ring, kein Ring, den sie am linken Ringfinger ihrer Hand trug. Aber als sie neben dem Mann und dem Kind stand, die sie so sehr liebte, erbebte ihr Herz, und sie sagte sich, das Messing gut genug war. Sie hatte mehr Glück kennen gelernt, als sie jemals zu hoffen gewagt hatte.

19. KAPITEL
    G leitflug:
Greifvögel legen ihre Federn eng an den Körper, um in einem kontrollierten Winkel nach unten zu gleiten. Indem sie Schwebflug und Gleitflug kombinieren, ist es ihnen möglich, von einer Luftschicht in die nächste vorzudringen und somit ohne großen Kraftaufwand kilometerweit zu fliegen. Beim Schweben trägt der Wind den Greifvogel mit der Thermik höher in den Himmel, der Gleitflug bringt das Tier wieder nach unten
.
    Es war ein ganz gewöhnlicher Morgen. Ella wachte gegen sechs Uhr auf, zog sich schnell an, steckte ihr zerzaustes Haar auf und richtete ein Frühstück her, bestehend aus Biskuits, Schinken und Grapefruit. Harris wollte an diesem Morgen zu einer Flugdemonstration aufbrechen und würde den ganzen Tag unterwegs sein, also beeilten sich Ella und Marion, ihm eine Kühltasche mit Snacks und Getränken zu packen. Sie machten sich einen Spaß daraus, kleine Nachrichten für Harris auf die Servietten zu kritzeln, damit er überrascht und erfreut war, wenn er sie auseinander faltete und sah, wie sehr er geliebt wurde. Marion plapperte fröhlich vor sich hin und versuchte wie so oft in letzter Zeit, die Erwachsenen dazu zu überreden, ihr ein Haustier zu schenken. Sie wünschte sich so sehr ein Tier, dass sie Ella schon fast auf ihre Seite gezogen hatte. Sie sprachen gerade darüber, als Ella das Geräusch von Autoreifen auf dem Kiesweg hörte. Sie lächelte, denn sie dachte, es sei Maggie, die auf einen kurzen Besuch und eine Tasse Kaffee vorbeikam. Sie hatte in der letzten Zeit viel um die Ohren gehabt, und Ella freute sich, die Schritte auf der Veranda zu hören.
    “Komm rein”, rief sie aus der Küche. “Die Tür ist offen.” Sie hörte die Tür knarren und lehnte sich am Waschbecken zurück, um durch die Küche ins Wohnzimmer zu gucken.
    Doch es war nicht Maggie. Die Frau, die den Raum betrat, war zwar so groß wie diese, aber schlank wie ein Schilfrohr. Ihr blondes Haar hing ihr zottelig bis auf die Schultern. Unter ihrem kurzen Rock schauten schier endlos lange Beine hervor. Sie sah aus, als wäre sie einmal wunderschön gewesen, als ihre Haut noch straff und jugendlich gewesen war und ihre Augen noch klar und voller Leben. Obwohl sie auch jetzt noch immer hübsch war, sah sie doch müde aus. Sie schien durch schlechte Entscheidungen und ein hartes Leben gegangen und gezeichnet zu sein. Alt war sie nicht, aber die Zeit hatte ihre deutlichen Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen und ließ es verletzt aussehen.
    Ella zog langsam ihre Hände aus dem Spülbecken und trocknete sie im Geschirrtuch, das vor ihrem Bauch hing, ab. Alles lief plötzlich wie in Zeitlupe ab. Menschen hatten ihr von diesem Gefühl erzählt, kurz bevor sie einen schweren Unfall erlitten hatten. Sie hatten die Katastrophe kommen sehen, hatten gesehen,

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