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Dem Himmel entgegen

Dem Himmel entgegen

Titel: Dem Himmel entgegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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eine plötzliche Sympathie für den Jungen. “Ich bin nicht seine Familie, und ich sehe ihn nur drei Mal pro Woche. Was, denken Sie, kann ich tun?”
    Sie seufzte. Offensichtlich war es ihr unangenehm, ihm keine Antworten bieten zu können. “Brady muss seine Prüfungen nächste Woche machen. Dann hat er sein Pensum für dieses Jahr geschafft. Dies ist eine wichtige Phase in seinem Leben. Ich könnte den Gedanken nicht ertragen, dass er durchfällt, jetzt, wo es gerade danach aussieht, als könne er die Dinge für sich ändern. Wenn Ihnen irgendeine Lösung einfällt …”
    Er stand auf und reichte ihr über den Schreibtisch hinweg die Hand. “Ich werde tun, was in meiner Macht steht.”
    Als Brady am nächsten Morgen im Center ankam, reichte Harris ihm seinen Falknerhandschuh und trug ihm auf, PEFA 14 aus seinem Stall zu holen, den jungen Wanderfalken. Überrascht riss Brady die Augen auf, aber ohne zu fragen, tat er, was ihm aufgetragen wurde. Harris hoffte, dass diese Flugstunde nicht nur lehrreich für den Vogel werden würde.
    Er hatte PEFA 14 nicht nur aus dem Grund gewählt, weil der Vogel Flugunterricht brauchte, sondern weil er auf eine besondere Art und Weise Brady glich. Jung, viel versprechend, aber ein bisschen zu ungeduldig – zu vorschnell beim Sprung aus dem Käfig oder von der Faust. Und Harris hatte Bradys Vorliebe für den talentierten, aber hochnäsigen Vogel durchaus bemerkt.
    Sie liefen über das weite freie Flugfeld. Harris hatte den Falken, der eine Haube über dem Kopf hatte, auf seiner linken Faust sitzen, und an seiner rechten Seite lief Brady. Eine Windböe wehte über das Feld, zerrte am Gras und blies die Federn am Kopf des Falken hoch. Das Tier schüttelte seinen Schwanz, und das Glöckchen klingelte hell.
    “Jetzt sind wir weit genug gegangen”, sagte Harris zu Brady, als sie die Mitte des Feldes erreicht hatten.
    Der Junge warf die Segeltuchtasche auf den Boden und stand im Ausfallschritt wartend bei Harris. Der streckte die Hand aus und entfernte sicher und geschickt die Haube vom Kopf des Falken. Das Tier blickte aufmerksam umher. Seine tief hängende Stirnpartie gab ihm ein aggressives, wildes Aussehen. PEFA 14 war ein hübscher Vogel, der noch nicht die blau-graue Farbe eines erwachsenen Tieres angenommen hatte, doch schon die charakteristische Färbung des Gesichtsgefieders trug, die wie ein Bart wirkte. Brady stand nahe bei Harris und beobachtete seine Bewegungen genauso aufmerksam wie der Falke. Harris konnte die Zeichen seiner Aufregung lesen, wie er auch in den Augen des Vogels lesen konnte.
    Bradys Schultermuskulatur war unter dem T-Shirt des Centers, das er voller Stolz entgegengenommen hatte, angespannt. Sein Haar, das er inzwischen länger trug, wurde vom Wind zerzaust wie die Federn des Vogels. Beide, Brady und PEFA 14 sind an der Schwelle, in die Lüfte aufzusteigen, dachte Harris. Doch beide sind noch angebunden.
    Er erinnerte sich gut an seine eigenen verworrenen Gefühle in diesem Alter. Sechzehn war wirklich ein schwieriges Alter, erfüllt von schwankenden, sich ständig ändernden Empfindungen und gnadenloser Selbsterfahrung. Es war ein Alter, in dem man sich nichts sehnlicher wünschte, als endlich frei zu sein, um seine eigenen Entscheidungen treffen zu können. Das Alter, wo man auf keine Hilfe von außen mehr angewiesen sein wollte und sich nur noch mit sich selbst beschäftigte. Harris wusste, was er zu tun hatte, um den Falken zu trainieren, aber er befand sich auf unsicherem Boden mit diesem Jungen, der kurz davor stand, ein Mann zu werden.
    Er fragte: “Möchtest du den Vogel jetzt auf deine Faust setzen?”
    Überrascht straffte Brady die Schultern. “Klar doch! Ich meine, ja, Sir.”
    Harris bemerkte wohlwollend den Respekt, der für Bradys gute Absichten sprach. “Dann komm hierher. Hast du deinen Falkner-Knoten geübt?”
    “Ja, Sir. Den beherrsche ich.”
    “Dann lass mal sehen”, sagte er und reichte ihm das lange Ende des Geschühriemens.
    Brady band das Ende des ledernen Riemens mit einer beeindruckenden Geschicklichkeit an seinen Handschuh und streckte dem Falken behutsam die Faust entgegen. “Steig auf”, sagte er, und PEFA 14 stieg, ohne zu zögern, auf Bradys Faust.
    “Er gehört jetzt dir”, erklärte Harris.
    Brady hielt den Vogel in einem guten Abstand und Winkel von seinem Körper. Der Falke saß bequem und ruhig auf seiner Faust und hatte sein Gefieder ein wenig aufgeplustert, was ein Kompliment an den Jungen war – das

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