Dem Himmel entgegen
dass etwas Furchtbares passieren würde, und konnten doch nichts tun, um es zu verhindern.
Ella wusste, wer diese Frau, die im Wohnzimmer stand, war. Sie wusste es, noch bevor Marion um die Ecke schaute, überrascht die Luft einsog und quer durch den Raum auf sie zurannte, um ihr in die Arme zu fallen.
“Mama!”
“Marion? Bist du meine kleine Marion?” rief die Frau. Sie hatten einen starken Südstaatenakzent. “Nein! Ich kann nicht glauben, dass mein Baby schon so groß ist! Lass mich dich anschauen!” Sie lehnte sich zurück und hielt Marion eine Armlänge von sich entfernt. “Du bist das Hübscheste, was ich jemals gesehen habe!”
Marions Gesicht war vor Freude gerötet, und sie beugte sich vor, um ihre Mutter wieder ganz fest in die Arme zu schließen.
Ella betrachtete die beiden verzweifelt und fühlte sich, als würde Marion ihr Herz zerdrücken. Sie knetete das Handtuch und legte es auf die Anrichte. Das Gefühl, dass ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wurde, verstärkte sich, und sie musste sich abstützen, um nicht umzufallen.
Die Frau löste sich abrupt aus Marions Umarmung und stand auf. Ihre Fingerspitzen waren ganz rot, und sie strich ihr T-Shirt glatt. Ihr Blick glitt durch den Raum, als würde alles ihr gehören. Ella ließ die Arme sinken und wartete geduldig, bis die Frau sie endlich ansah.
“Wer sind denn
Sie?”
fragte die Frau mit streitlustigem Tonfall.
Ella straffte die Schultern und betrat das Wohnzimmer.
“Das ist meine Mama!” rief Marion aus und griff wieder nach der Hand ihrer Mutter. Sie blickte sie voller Hingabe an.
“Genau, mein Schatz”, sagte sie und legte die freie Hand auf ihre Hüfte. “Ich bin Fannie Henderson, und dies ist mein Haus. Und Sie sind?” fragte sie erneut.
Ella faltete die Hände. “Ich bin Ella Majors. Marions Kindermädchen.”
Fannie schien zu verstehen, und die Erleichterung stand ihr ins Gesicht geschrieben. “Sie meinen, der Babysitter?” Sie lachte kurz und musterte Ella überheblich. “Ja, das hätte ich wissen müssen. Sie müssen neu sein. Sie sind nicht der Sitter, den ich beim letzten Mal getroffen habe.” Sie drehte sich zu Marion um und zeigte Ella die kalte Schulter. “Ich schwöre, du überstehst sie alle, meine Honigschnute”, sagte sie zu dem Kind. “Ich kann leider nicht immer ein Auge auf sie werfen.”
“Ich könnte mir vorstellen, dass sie eine ganze Reihe von Babysittern überhaupt nicht kennen gelernt haben. Es ist wie lange her? Ein, zwei Jahre her, dass sie zuletzt hier waren?”
Fannie stand langsam auf und wandte ihr den Kopf zu. Die Fronten waren nun klar.
“Was geht Sie das an?”
“Alles, was Marion betrifft, geht mich etwas an.”
“Ist das so?”
Ella presste die Lippen fest aufeinander und blickte zu Marion, die bei ihrer Mutter stand und aufmerksam zuhörte. Tausende von Worten lagen ihr auf der Zunge und wollten hinaus, aber der Blick in Marions große Augen ließ sie verstummen. Sie sah Fannie fest an, rang sich ein kleines Lächeln ab und erwiderte: “Das kann man wohl sagen.”
Fannie grinste und schaute zu ihrer Tochter. “Mein Honigspatz, wo ist Daddy? Ich würde ihn gerne begrüßen.”
“Er ist in der Klinik.”
“Kommst du mit mir, ihn suchen?” fragte Fannie, und als Marion eifrig nickte, machten sich die beiden Hand in Hand auf den Weg zur Tür.
“Marion!” rief Ella hinter ihr her. Das Kind hielt kurz an und drehte sich um, um Ella anzublicken. Ihr Gesicht sah so unschuldig aus.
Ella zermarterte sich das Gehirn, um einen Grund zu finden, warum Marion nicht mit Fannie durch diese Tür gehen sollte. Aber es gab keinen, und sie benahm sich kindisch. Natürlich wollte Marion bei ihrer Mutter sein.
“Ach, schon gut.”
“Lass uns gehen, mein Schatz”, sagte Fannie und lächelte selbstgefällig. Das Letzte, was Ella von den beiden vernahm, war Fannies glockenhelles Lachen und: “Ob er wohl überrascht ist?”
Ella wusste nicht mehr, wie lange sie am Waschbecken gestanden und mechanisch Geschirr, Töpfe und alles, was ihr in die Finger geriet, abgewaschen hatte. Sie musste sich mit der Arbeit ablenken, um nicht aus der Tür zu stürzen und in die Klinik zu rennen, um herauszufinden, was gerade geschah. Es dauerte jedoch nicht lange, bis Harris ins Haus gelaufen kam. Er trat in die Küche, hielt sich am Türrahmen fest und blickte Ella fragend an.
“Bist du in Ordnung?” fragte er atemlos.
Ella nickte, hielt aber ihre Augen gesenkt. “Ja.
Weitere Kostenlose Bücher