Dem Himmel entgegen
kühler.”
Harris lief zum Fernseher, stellte ihn aus und legte seine Hand auf das Gerät. “Es ist glühend heiß. Ich habe dir doch gesagt, dass ich nicht will, dass du den ganzen Tag mit Marion fernsiehst.”
“Draußen ist es heißer als in der Hölle”, schoss sie zurück. “Hier drinnen auch. Wir gehen bald ein vor Hitze. Kannst du nicht eine Klimaanlage kaufen?”
“Ich habe dir gesagt, dass das im Moment nicht geht. Ich habe alle Ersparnisse für die neuen Volieren ausgegeben.”
“Verdammte Volieren. Verdammte Vögel. Alles geht für die Tiere drauf. Es ist doch immer dasselbe mit dir. Nichts hat sich verändert in all den Jahren, die ich dich jetzt kenne.” Sie schlug sich mit der Hand auf die Brust. “Was ist mit uns?”
“Es gibt zwei Klimaanlagen in diesem Haus. Geh doch einfach in einen dieser Räume! Die Hitzewelle wird bald vorüber sein.”
“Ich kann in den klimatisierten Räumen aber nicht fernsehen.”
“Dann guck doch einfach nicht so viel fern.”
“Es gibt an diesem gottverlassenen Ort aber nichts, was man sonst tun könnte”, schrie sie ihn an, sprang vom Sofa auf und baute sich vor ihm auf. Sie hüpfte aufgeregt vor ihm auf und nieder. “Ich bin seit sechs Wochen hier und werde, verdammt noch mal, verrückt!”
“Du wusstest doch, worauf du dich einlässt und wie es sein würde. Und du hast mich gebeten, dich hier bleiben zu lassen. Es ist nicht so, als hättest du hier nichts zu tun. Jede Menge Dinge sind zu erledigen, die nicht gemacht werden. Dinge, die du eigentlich tun solltest, auf die ich mich verlassen habe.”
“Ach ja? Welche denn? Die Wäsche? Oh, großartig. Ich kann es kaum erwarten. Und den Garten umgraben, um Salat zu ernten? Kochen? Mann, ich habe noch nie so etwas Spannendes erlebt.”
“Bist du fertig?” fragte er, bemüht, seine Wut unter Kontrolle zu halten.
“Nein, ich bin nicht fertig! Ich fange gerade erst an!”
Harris rieb sich erschöpft die Nasenwurzel. In letzter Zeit hatten sie fast nur noch gestritten. Und sie schliefen in getrennten Betten und aßen, ohne sich zu unterhalten.
“Ich gehe nicht davon aus, dass du Abendessen gekocht hast?”
Sie rieb sich die Unterarme, als würden sie jucken. “Es ist einfach zu verdammt heiß hier. Ich dachte, wir könnten eine Pizza kommen lassen.”
“Das haben wir doch gestern schon getan.”
“Dann tun wir es heute eben noch mal!” schrie sie ihn an. Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, ging zum Tisch und nahm eine Spange, um ihr Haar zurückzustecken. Sofort bemerkte Harris, dass ihre Hände zitterten.
“Ist alles in Ordnung mit dir?” fragte er und musterte aufmerksam ihr Gesicht. “Wird dir das alles zu viel, Fannie?”
Fannie hörte die Sorge in seiner Stimme und hielt inne, um ihn zu betrachten. Sie wirkte erschöpft, und sie hatte offensichtlich geweint. “Ich versuche es, Harris. Wirklich, ich versuche es. Es ist nur so schwierig.” Sie rieb sich die Arme und begann zu schwitzen. “Ich komme nicht hinterher. Jedes Mal, wenn ich mich umdrehe, braucht das Kind etwas anderes. Wenn ich doch nur eine Pause hätte. Ich brauche etwas Zeit für mich. Ich brauche etwas
Spaß.”
Harris seufzte tief und spürte, wie die Hitze und die Müdigkeit ihn wie Blei belasteten.
Den Wechsel in seiner Stimmung spürend schlang Fannie die Arme um Harris. “Ich möchte mich nicht mehr streiten”, flüsterte sie ganz nah an seinem Ohr. “Dafür bin ich nicht nach Haus zurückgekehrt. Ich vermisse dich, Harris. Du bist nicht ein Mal in mein Bett gekommen. Denkst du darüber nach, wie ich mich dabei fühle? Wenn wir zusammen wären, würde ich mich mehr zu Hause fühlen.” Sie drückte sich an ihn und bewegte verführerisch ihre Hüften.
“Komm schon, Süßer. Mach, dass ich mich hier angenommen und zu Hause fühle.”
Er presste seine Lippen auf die ihren – seine stürmische Umarmung glich mehr einer Erlösung denn Liebe. Fannie bog sich ihm lustvoll entgegen, klammerte sich an ihn, hungrig und fordernd.
Mit seiner Hand fuhr er ihren Rücken entlang, rauf und runter, fühlte ihre Sanftheit, ihren weichen Körper und eine Million Erinnerungen ergriffen Besitz von ihm. Als er über ihre Hüften glitt, tastete er eine harte Plastikbox, die aus ihrer Hosentasche in seine Hand fiel.
Für einen Augenblick sah er hinunter, um – was immer es auch war – auf den Tisch zu werfen. Doch plötzlich hielt er inne. Er löste sich von Fannie und blinzelte, um den Gegenstand in seiner Hand
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